Nun hat der anbetend Dienende seine Gebetswaschung – wie oben beschrieben – verrichtet und ist bereit für das Gebet. Wenn die Gebetszeit eintritt, ist es gemäß der Traditionen des Propheten Muhammad ein bewährtes Verfahren, den Gebetsruf zu verrichten. Der Rufer steht der Qibla (Gebetsrichtung, also der Ka'ba in Makka) zugewandt, hebt beide Hände bis zu seinen Ohren und sagt mit lauter Stimme Folgendes:
1. Allâhu Akbar (Allâh ist größer) (viermal).
2. Aschhadu al-lâ ilâha illa-llâh (Ich bezeuge, dass es nichts Verehrungswürdiges außer Allâh gibt) (zweimal).
3. Aschhadu anna Muhammada-r-Rasûlu-llâh (Ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Allâhs ist (zweimal).
4. Hayya ala-s-Salâ (Auf zum Gebet!) (zweimal, wobei man den Kopf nach rechts wendet).
5. Hayya ala-l-Falâh (Auf zum Erfolg!) (zweimal, wobei man den Kopf nach links wendet).
6. Allâhu Akbar (zweimal).
7. Lâ ilâha illa-llâhGott (einmal).
Bei der Verrichtung des Rufs zum Morgengebet fügt der Rufer nach dem Wortlaut Nr. 5 einen Satz hinzu. Dieser erforderliche Satz lautet wie folgt:
As-Salâtu chairum-mina-n-Naum (Das Gebet ist besser als der Schlaf) (zweimal).
Dann fährt der Rufer mit Nr. 6 und Nr. 7 fort. Diese Ausnahme wird nur beim Morgengebet gemacht, da die Menschen zu dieser Zeit schlafen und eine Erinnerung an das Gebet benötigen.
Der Ruf unmittelbar vor Gebetsbeginn (Iqâma)
Wenn dieser Ruf namens Iqâma ertönt, machen sich die Anbetenden zum Gebet bereit. Die Sätze sind dabei dieselben wie beim oben erwähnten Adhân, jedoch mit zwei Unterschieden:
(a) Die Iqâma wird schneller und mit einer leiseren Stimme verrichtet;
(b) Nr.1 sowie Nr. 6 werden nur zweimal erwähnt, wohingegen alle anderen nur einmal erwähnt werden. Die Worte „Qad Qâmati-s-Salâ“ (Das Gebet beginnt umgehend) sollten jedoch zweimal direkt nach Nr.5 und vor Nr.6 erwähnt werden. Dann folgen Nr.6 und Nr.7 wie gewöhnlich bis zum Ende.
Die Verrichtung des Gebets
Nachdem der Anbetende die rituelle Waschung verrichtet hat, und der Adhân und die Iqâma ertönt sind, beginnt das Gebet wie folgt:
Das Morgengebet (Salâ Al-Fadschr)
Bei diesem Gebet werden zuerst zwei freiwillige (Sunna-) Gebetseinheiten (Rak'as) verrichtet. Diesen folgen die zwei Gebetseinheiten des Pflichtgebets (Fard). Die zusätzlichen Gebetseinheiten und die Pflichtgebetseinheiten werden in derselben Art und Weise verrichtet, außer dass man beim Fassen der Absicht zwischen den beiden Arten unterscheiden muss. Es folgt die Ausführungsbeschreibung:
Handlung 1: Man steht ehrfürchtig und ergeben, wendet sich der Qibla zu, hebt seine Hände bis zu den Ohren und fasst im Herzen seine Absicht: „Nawaitu usalliya Sunnata Salâti-l-Fadschr oder Farda Salâti-l-Fadschr (Meine Absicht ist das Sunna-Morgengebet oder das pflichtgemäße Morgengebet, entsprechend des jeweiligen Gebets)“.
Dies bedeutet: Ich fasse meine Absicht zur Verrichtung des freiwilligen zusätzlichen oder des verpflichtenden Morgengebets (entsprechend des jeweiligen Gebets).
Dann beginnt das Gebet durch das Aussprechen von „Takbîrat Al-Ihrâm“ (die Worte „Allâhu akbar“ als Eintritt in den Weihezustand des Gebets).
Hierauf senkt man seinen Arm und legt direkt über dem Bauchnabel die rechte Hand auf die linke Hand. (Diese Position der Hände entspricht einer Rechtsschule. Andere Rechtsschulen bevorzugen andere Positionen. Dies sind jedoch kleine Meinungsverschiedenheiten, die keine Auswirkung auf die Gültigkeit des Gebets haben. Vielmehr werden all diese Unterschiede als Annehmlichkeiten und Möglichkeiten und nicht als Hindernisse und Einschränkungen betrachtet.) Dies ist die Wuqûf-Haltung (Stehhaltung).
Handlung 2: Hierauf sagt man mit leiser Stimme folgendes „Du'a Thanâ‘“ (Lobgebet): „Subhânaka-llahumma wa bi-hamdik wa tabâraka-smuk wa ta'âla Dschadduk wa la ilâha ghairuk. A'ûdhu bi-llâhi mina-sch-schaitâni-r-radschîm. Bi-smi-llâhi-r-Rahmâni-r-Rahîm.“
Dies bedeutet: „Preis sei Dir, o Allâh, und Lobpreis sei Dir. Gesegnet sei Dein Name und hocherhaben Deine Gewaltigkeit, und es gibt nichts Verehrungswürdiges außer Dir. Ich suche Zuflucht bei Allâh vor dem verfluchten Satan. Im Namen Allâhs des Allerbarmers des Allbarmherzigen!“ (Dieser Teil wird anempfohlen. Er ist nicht vollkommen unerlässlich für die Vervollständigung des Gebets.)
Handlung 3: Hierauf rezitiert man mit leiser oder vernehmbarer Stimme die Eröffnungs-Sure des Qurân (Al-Fâtiha), gefolgt von einer beliebigen Textstelle des ehrwürdigen Buches. (Die Eröffnungs-Sure sowie Beispiele für diese kurzen Sûras und Verse sind später in diesem Kapitel zu finden.)
Handlung 4: Dann sagt man: „Allâhu akbar“, beugt seinen Oberkörper im rechten Winkel nach vorn und legt seine Handflächen auf die Knie. Dies ist die Rukû-Haltung (Beugehaltung). Dabei sagt man mit leiser Stimme dreimal:
„Subhâna Rabbiya-l-Azîm.
Dies bedeutet: „Preis sei meinem Herrn, dem Allmächtigen!“
Hierauf wird mit folgenden Worten die Stehhaltung wieder eingenommen:
„Sami'a llâhu liman hamidah. Rabbanâ wa laka-l-Hamd.”
Dies bedeutet: „Allâh hört den, der Ihn lobpreist. Unser Herr, Lobpreis sei Dir!“ Während man dies sagt, hängen die Hände seitlich am Körper.
Handlung 5: Hierauf sagt der Anbetende: „Alâhu akbar“ und wirft sich nieder, wobei die Zehen beider Füße, beide Knie, beide Hände und die Stirn den Boden berühren. Dies ist die Sudschûd-Haltung (Niederwerfungshaltung), die von folgenden Worten begleitet wird (dreimal): „Subhâna Rabbiya-l-A'lâ.“
Dies bedeutet: „Preis sei meinem Herrn, dem Höchsten!“
Handlung 6: Hierauf folgt mit den Worten „Allâhu akbar“ die Dschulûs-Haltung (Sitzhaltung), eine kurze Ruhephase in Sitzposition: Die Außenseite des linken Fußes und die aufgerichteten Zehen des rechten Fußes berühren den Boden und die beiden Hände werden auf die Knie gelegt.
Hiernach wird eine zweite Niederwerfung (Sudschûd) in derselben Weise und mit denselben Äußerungen wie in der ersten verrichtet. Damit ist eine Gebetseinheit (Rak'a) vollendet.
Handlung 7: Nach der ersten Gebetseinheit erhebt sich der Anbetende, sagt „Allâhu akbar“, nimmt die Stehhaltung zur zweiten Gebetseinheit ein und rezitiert die Sûra Al-Fâtiha, gefolgt von einer Textstelle aus dem Qurân, genauso wie in der ersten Gebetseinheit.
Handlung 8: Sobald man die zweite Verbeugung und die beiden Niederwerfungen in derselben Weise wie in der ersten Gebetseinheit verrichtet hat, nimmt man eine Sitzhaltung wie im Dschulûs ein und rezitiert die beiden Teile des Taschahhud. (Dieser findet sich später in diesem Kapitel.)
Handlung 9: Abschließend wendet man sein Gesicht nach rechts und sagt folgende Worte: „As-Salâmu Alaikum wa rahmatu-llâh (Friede sei mit euch und die Barmherzigkeit Gottes!). Dann wendet man sein Gesicht nach links und spricht denselben Gruß (Taslîm).
Auf diese Weise wird jedes Gebet mit zwei Gebetseinheiten (Rak'as) verrichtet, ganz gleich, ob es verpflichtend oder zusätzlich freiwillig ist. Wenn man weiß, wie dieses Gebet ordnungsgemäß verrichtet wird, kommen einem alle anderen Gebete sehr einfach vor. Es ist darauf hinzuweisen, dass jede Bewegung und jedes Wort im islâmischen Gebet eine große damit verbundene Bedeutung und einen tiefen symbolischen Sinngehalt hat.
Dieses besteht aus vier Sunna, gefolgt von vier Fard-Gebetseinheiten und zwei weiteren Sunna-Gebetseinheiten. Die Verrichtung des Fard-Gebets gestaltet sich wie folgt:
(a) Die ersten beiden Gebetseinheiten werden in derselben Weise verrichtet, wie im Morgengebet. Die Fâtiha und eine Textstelle aus dem Qurân werden mit nicht vernehmbarer Stimme rezitiert. Die Vorbeuge- und Niederwerfungshaltungen werden in derselben Weise verrichtet.
(b) Wenn der Anbetende nach der zweiten Gebetseinheit den Taschahhud spricht, hört er nach Beendigung dessen ersten Teils auf und nimmt wieder die Stehhaltung ein.
(c) In der dritten Gebetseinheit rezitiert er dann nur die Fâtiha ohne eine zusätzliche Textstelle aus dem Qurân.
(d) Nach Beendigung der dritten Gebetseinheit stellt man sich zur vierten Gebetseinheit auf und rezitiert, wie in der dritten, nur die Fâtiha.
(e) Nach dem Vorbeugen und Niederwerfen nimmt man die „Dschulûs“-Haltung ein und rezitiert beide Teile des Taschahhud.
(f) Dann spricht man den Friedensgruß nach rechts und nach links.
(g) Die beiden Sunna-Gebetseinheiten werden wie das Morgengebet verrichtet, allerdings mit nicht vernehmbarer Stimme.
Das Nachmittagsgebet (Salâ Al-Asr)
Dieses besteht aus vier Sunna-Gebetseinheiten, gefolgt von vier weiteren Fard-Gebetseinheiten. Diese werden in derselben Weise wie das Mittagsgebet und ebenfalls mit nicht vernehmbarer Stimme verrichtet.
Das Abendgebet (Salâ Al-Maghrib)
Dieses besteht aus drei Fard-Gebetseinheiten, gefolgt von zwei Sunna-Gebetseinheiten. In den beiden ersten Gebetseinheiten darf man entweder mit nicht vernehmbarer oder mit vernehmbarer Stimme rezitieren; in der dritten Gebetseinheit sollte man mit nicht vernehmbarer Stimme rezitieren. Das Abendgebet wird in derselben Weise verrichtet wie das Mittags- oder das Nachmittagsgebet, außer dass hier die vierte Gebetseinheit weggelassen wird und das abschließende Sitzen nach dem Rezitieren der Fâtiha, dem Vorbeugen und dem Niederwerfen der dritten Gebetseinheit erfolgt, die mit dem Sprechen der Friedensgrüße endet. Die beiden Sunna-Gebetseinheiten werden in derselben Weise verrichtet wie beim Morgengebet.
Das Nachtgebet (Salâ Al-Ischâ)
Dieses besteht aus vier Fard-, zwei Sunna- und drei Witr-Gebetseinheiten (Letztere hinsichtlich der Gewichtigkeit stärker als Sunna und schwächer als Fard). Die beiden ersten der vier Fard-Gebetseinheiten können entweder mit nicht vernehmbarer oder mit vernehmbarer Stimme verrichtet werden. Ansonsten wird es in derselben Weise verrichtet wie das Mittags- oder das Nachmittagsgebet. Die beiden Sunna-Gebetseinheiten werden genauso verrichtet wie beim Morgengebet.
Was die drei Witr-Gebetseinheiten betrifft, so werden diese genauso wie das Abendgebet verrichtet, allerdings mit zwei Ausnahmen: (a) In der dritten Gebetseinheit folgt der Fâtiha eine Textstelle aus dem Qurân; (b) während sich der Anbetende nach dem Vorbeugen und vor der Niederwerfung in der Stehhaltung befindet, sagt er folgende Worte:
„Allâhumma innâ nasta'înuk, wa nastahdîk, wa nastaghfiruk, wa natûbu ilaik, wa nu`minu bik, wa natawakkalu 'alaik, wa nuthnî 'alaika-l-khaira kullah. Naschkuruk, wa lâ nakfuruk, wa nachla'u wa natruku man yafdschuruk. Allâhumma iyyâka na'bud, wa laka nusallî wa laka nasdschud, wa ilaika nas'â wa nahfid. Nardschu rahmatak, wa nachschâ 'adhâbak; innâ 'adhâbaka bi-l-kuffâri mulhaq. Wa salli-llâhummâ 'ala Muhammadin wa 'ala âlihi wa sahbihi wa sallim.“
Dieses Bittgebet wird Qunût genannt und hat folgende Bedeutung:
„O Allâh, Dich allein flehen wir um Hilfe, Rechtleitung und Vergebung an, und Dir wenden wir uns reumütig zu. Wir glauben an Dich, verlassen uns auf Dich und lobpreisen Dich mit allem Guten. Wir danken Dir und verweigern Dir nicht den Glauben, und entfernen uns und lassen von jenen ab, die Dir ungehorsam sind.
O Allâh, Dir allein dienen wir, zu Dir beten wir und vor Dir werfen wir uns nieder. Und zu Dir eilen wir und Dir dienen wir. Wir erhoffen Deine Barmherzigkeit und fürchten Deine Strafe. Wahrhaftig! Deine Strafe wird die Glaubensverweigerer ereilen. O Allâh! Halte Muhammad sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren und schenke ihnen Wohlergehen!“
Wenn man diesen Qunût nicht auswendig weiß, genügt es, etwas Ähnliches zu rezitieren, bis man es beherrscht.
Hinsichtlich des Wortlauts und der Zeiten des Qunût bestehen unter den verschiedenen Rechtsschulen kleinere Interpretationsunterschiede. Einige schreiben es mit leichten Unterschieden im Morgengebet vor. Allerdings ist es zulässig, irgendeiner authentischen Rechtsschule zu folgen.
Alle Sunna-Gebete (freiwilligen Gebete) müssen einzeln verrichtet werden, sprich nicht in der Gemeinschaft. Ausgenommen davon sind Îd-Gebete (Festgebete), Tarâwîh-Gebete (nach dem Nachtgebet im Ramadân) und Witr-Gebete im Ramadân.
Die Sunna-Gebete sind für jemanden, der Fard-Gebete verpasst hat, nicht erforderlich. Stattdessen sollte er das Verpasste nachholen und die Pflichthandlungen verrichten. Die Verrichtung von Sunna-Gebeten ist zudem nicht erforderlich, wenn die Zeit der dazugehörigen Fard-Gebete abgelaufen ist. Wenn jemand also ein Gebet verpasst und dieses nachholen möchte, muss er nur das Fard-Gebet verrichten.
Falls ein Anbetender nicht das gesamte Gebet auf Arabisch sagen kann, sollte er einfach Subhâna-llâh, Al-Hamdu li-llâh und Allâhu akbar sagen. Dies bedeutet: Preis sei Gott, der Lobpreis gebührt Gott, Gott ist größer! Dies darf er tun, bis er lernt, die Gebete in arabischer Sprache zu rezitieren.
Erläuterungen: Nicht-Arabisch-Sprechende können prinzipiell Qurân-Übersetzungen in ihnen verständlichen Sprachen lesen, da von den Gläubigen verlangt wird, sich in ihren Gebeten zu konzentrieren und die rezitierten Wörter zu verstehen oder zumindest deren Bedeutung zu erschließen. Die Gebete müssen jedoch auf Arabisch rezitiert werden. Allâh offenbarte Seine Botschaft in arabischer Sprache, was bedeutet, dass Seine Botschaft (Worte) einzig in ihrer ursprünglichen Form gelesen werden darf, vor allem, wenn man bedenkt, dass es für arabische Worte nicht immer exakte Äquivalente in anderen Sprachen gibt.
Es ist optimal, das Fard-Gebet in der von einem Imam geleiteten Gemeinschaft (Dschamâ'a) zu verrichten. Das Gemeinschaftsgebet wird am besten in der Moschee verrichtet. Es darf jedoch auch an anderen Orten verrichtet werden. Denjenigen, die vor der Iqâma zum Fard-Gebet in der Moschee eintreffen, wird empfohlen, ein Sunna-Gebet zu verrichten, das aus zwei Gebetseinheiten besteht und „Tahiyyat Al-Masdschid“ genannt wird, was „Moschee-Begrüßung“ bedeutet.