Yahya Schroder, Ex-Säkularist, Deutschland
Mein Name ist Yahya Schroder. Ich bin ein „europäischer" Muslim. Vor elf
Monaten bin ich Muslim geworden, als ich 17 war. Ich lebe in Potsdam in
Deutschland, und möchte euch an meinen Erfahrungen als Muslim in einem nichtmuslimischen
Staat teilhaben lassen.
Als zum Islam konvertierter denke ich, ist es sehr viel einfacher, dem Dien
(der Religion) zu folgen, denn als geborener Muslim, der hier aufgewachsen
ist. Fast alle jungen geborenen Muslime, die ich kenne, wollen deutsch
werden. Für sie ist der Islam nur eine Tradition und sie denken, sie müssten ihre
Traditionen (den Islam) aufgeben, um von den Deutschen akzeptiert zu werden,
ungeachtet der Tatsache, dass die Deutschen sie auch nicht akzeptieren würden,
wenn sie ihre Religion aufgeben würden.
Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen. Ich lebte mit meiner Mutter und
meinem Stiefvater in einem riesigen Haus mit einem großen Garten und einem
großen Pool. Und als Teenager führte ich "ein cooles Leben"; ich hatte einige
Freunde, mit denen ich herum hing, dumme Sachen machte und Alkohol trank,
wie jeder junge deutsche Teen.
Das Leben eines Muslims in Deutschland ist ziemlich anders, als man denken
würde, besonders für mich als deutschen Muslim, den wenn man einen Deutschen
fragt, was er über den Islam weiß; dann würde er dir etwas über Araber
erzählen. Für sie ist das wie eine mathematische Formel: Islam = Araber.
Sie wissen immer noch nichts von unserer großen Nation. Als ich zum Islam
konvertiert bin, musste ich meine Familie verlassen und ich zog zu der
Gemeinschaft nach Potsdam, in der Nähe von Berlin. Ich verließ dieses riesige
Haus und all mein materielles, wertvolles Kram.
Als ich bei meiner Mutter und meinem Stiefvater lebte, hatte ich alles: ein
riesiges Haus, mein eigenes Geld, Fernsehen, Play-Station. Ich brauchte mir nie
Sorgen um Geld zu machen, aber ich war nicht glücklich. Ich suchte nach etwas
anderem.
Als ich 16 wurde traf ich durch meinen biologischen Vater, der 2001 Muslim
geworden war, die muslimische Gemeinde in Potsdam. Ich pflegte meinen Vater
einmal im Monat zu besuchen, und wir nahmen an den Treffen der Gemeinde teil,
die Sonntags stattfanden.
Zu jener Zeit interessierte ich mich für den Islam, und mein Vater bemerkte
das und erklärte mir, dass er nicht über den Islam reden wolle, wenn wir
zusammen waren, weil er wollte, dass ich von Leuten mit größerem Wissen lernte,
damit die anderen Leute nicht sagen: "O er ist nur Muslim geworden, weil er erst
17 ist und alles tut, was sein Vater tut."
Ich war einverstanden und ich fing an, jeden Monat die Gemeinde zu besuchen
und lernte eine Menge über den Islam, doch zu jener Zeit geschah irgend etwas
und meine Denkweise veränderte sich. An einem Sonntag ging ich mit der
muslimischen Gemeinde schwimmen und ich brach mir zweimal meinen Rücken,
als ich in den Pool sprang und schlug mit meinen Kopf auf den Boden.
Mein Vater brachte mich zum Krankenhaus und der Arzt sagte mir:
"Du hast dir ganz schlimm deinen Rücken gebrochen und wenn du eine
falsche Bewegung gemacht hättest, wärst du behindert geworden."
Dies half mir nicht viel, doch es war nur ein paar Augenblicke bevor sie mich
in den Operationssaal brachten, sagte mir einer meiner Freunde von der
muslimischen Gemeinde etwas: „Yahya, du bist nun in den Händen Allahs
(Gottes). Es ist wie eine Achterbahn. Du bist jetzt ganz oben, genieße die Fahrt
und vertraue nur Gott." Das hat mir wirklich geholfen.
Die Operation dauerte fünf Stunden und nach drei Tagen wachte ich auf. Ich
konnte meinen rechten Arm nicht bewegen, aber ich fühlte mich wie der
glücklichste Mensch auf dieser Erde. Ich erzählte dem Arzt, dass ich mir keine
Sorgen um meinen rechten Arm mache, ich bin so glücklich, dass Gott mich das
überleben lassen hat.
Die Ärzte sagten, ich müsse ein paar Monate im Krankenhaus bleiben. Ich
blieb nur zwei Wochen im Krankenhaus, weil ich hart trainierte. An einem Tag
kam ein Arzt und sagte:"Heute wollen wir versuchen, eine Schritt auf der Treppe
zu machen", die Übung, die ich alleine bereits zwei Tage bevor es mir der Arzt
vorschlug, gemacht hatte.
Jetzt kann ich meinen rechten Arm wieder bewegen und ich war nur zwei
Wochen dort Al-hamdu lillah (Gott sei Dank). Dieser Unfall hat eine Menge an
meiner Persönlichkeit verändert.
Ich bemerkte, wenn Gott etwas will, kann sich das Leben eines Menschen von
einer Sekunde zur nächsten auf den Kopf stellen. Da nahm ich das Leben ernster
und begann, über mein Leben und über den Islam nachzudenken, aber ich lebte
noch immer in diesem kleinen Dorf.
Mein Wunsch, Muslim zu werden, wurde so stark, dass ich meine Familie
verlassen musste. Ich verließ meinen Stiefvater, meine Mutter und den netten
luxuriösen Lebensstil, um nach Potsdam zu gehen. Ich zog in der Wohnung
meines Vaters ein, die ziemlich klein ist, und ich musste in der Küche bleiben,
aber das ich in Ordnung, denn ich hatte nichts außer ein paar Klamotten,
Schulbücher und einige CDs.
Es muss sich für euch anhören, als hätte ich alles verloren, aber ich bin sehr
glücklich, ich bin genauso glücklich, als wäre ich nach einem schrecklichen Unfall
im Krankenhaus wieder aufgewacht. Am nächsten Tag war der erste
Ramadhan. Der Tag danach war mein erster Schultag in meiner neuen Schule.
Am Tag nach meinem ersten Schultag sprach ich die Schahada (das
Glaubensbekenntnis, um Muslim zu werden), gelobt sei Gott. Also war alles neu
für mich, neue Wohnung, neue Schule und zum ersten Mal ohne meine
Familie. Wie in meiner Schule, als sie zuerst bemerkten, dass ich Muslim bin, da
haben sie angefangen, Witze über mich zu machen.
Ich denke, das ist normal, aufgrund dessen, was sie von den Medien
lernen. „Ein Terrorist", „Osama bin Laden kommt", „Muslime sind schmutzig",
manche dachten, ich bin einfach ein Verrückter. Und sie glaubten mir nicht mal,
dass ich Deutscher bin.
Doch jetzt, nach zehn Monaten, hat sich die Situation geändert. Ich habe eine
Menge Dawa (zum Islam einladen) für meine Klassenkameraden gemacht und nun
habe ich sogar einen Gebetsraum, obwohl ich der einzige Muslim an meiner
Schule bin.
Meine Klassenkameraden sind von den Witzen dazu über gegangen, ernsthafte
Fragen über den Islam zu stellen, und sie haben festgestellt, dass der Islam nicht
nur eine Religion wie die anderen Religionen ist. Sie haben bemerkt, dass der
Islam cool ist!
Sie sehen, dass wir Muslime Adab (gute Manieren) haben, wenn wir mit
einander umgehen. Sie haben festgestellt, dass wir unabhängig sind von diesem
ganzen Druck; wir bleiben ganz real, wir brauchen nicht in einer besonderen
Gruppe sein wie in der Schule.
An meiner Schule gibt es drei Hauptgruppen: die Hip-Hop-Typen; die Punks
und die Party-Typen. Jeder versucht, Mitglied in einer Gruppe zu sein, um von
anderen akzeptiert zu werden.
Außer mir! Ich kann mit jedem befreundet sein. Ich brauche keine
besonderen Sachen anzuziehen, um „cool" zu sein. Was passiert ist, ist dass sie
mich und meine muslimischen Freunde immer zu ihren Barbecue-Partys einladen.
Das Besondere hierbei ist, dass sie mich als Muslim akzeptieren und mehr
noch, sie besorgen Halal (erlaubtes) Essen speziell für mich und sie organisieren
zwei Grills, einen für sie und einen für uns Muslime! Die Menschen hier sind sehr
offen für den Islam.