Aisha, Ex-Christin, Australien
Mein Name ist Aisha, ich bin aus Melbourne, Australien, und dies hier ist
meine Geschichte.
Ich war schon immer eine Person gewesen, die die Dinge hinterfragt hat. Als
kleines Mädchen habe ich immer Fragen gestellt, so wie es Kinder tun, und als ich
zum Teenager wurde, habe ich mich für Philosophie und Wissenschaften
interessiert. Ich wollte wissen, wie die Dinge funktionieren und die Welt in der
wir leben, analysieren.
Im Alter von 15 fing ich damit an, die katholische Kirche und ihre Praktiken
zu hinterfragen. Ich begann, andere Glaubensansichten zu entdecken und
nachdem ich einen Bachelor of Science beendet hatte, reiste ich nach Nepal und
Indien, wo sich mir eine andere Seite der Menschlichkeit enthüllte, die ich in
Australien nie gesehen hatte: eine Menschlichkeit, die inmitten der Natur und fern
von der materialistischen Lebensweise ist, die wir in der modernen Welt haben.
Diese Erfahrung hat mich derart verändert, dass ich fühlte, wir sind alle ein
Volk und wir sind alle gleich. Ich fühlte diesen Sinn der Gleichheit unter der
Menschheit, vom Gespräch mit dem heiligen Mann in Indien bis zu den
Waisenkindern in Nepal, das Gefühl war dasselbe: wir sind alle gleich. Dies war
der Anfang, als ich den Islam fühlte, aber ich wusste nicht, was es war. Es war
nur ein Gefühl.
Als ich von meinen Reisen zurückkehrte, entschloss ich mich, mich für einen
Kurs in Sozialarbeit einzuschreiben. Nach meiner Graduierung begann ich, in
verschiedenen Gemeinden zu arbeiten.
Ich arbeitete mit Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen, mit
Menschen, die keine Stimme haben, um für sich selbst zu sprechen, Menschen mit
geistigen Erkrankungen, Menschen, die behindert sind und mit jungen Menschen
die zu kriminellen Tätigkeiten neigen.
Ich fühlte den Islam bei dieser Arbeit noch viel mehr, und ich fühlte ihn
stärker, je mehr ich den Menschen gab und ihnen half. Ich fühle den Islam am
meisten, wenn ich Menschen helfe oder wenn mir Menschen helfen.
Dann fing ich an, mit den arabischen Gemeinschaften in Melbourne zu
arbeiten und befreundete mich mit vielen Muslimen. Allerdings sprachen sie nie
über den Islam mit mir. Ich arbeitete vier Jahre mit der Gemeinschaft und
entschloss mich, in den Mittleren Osten zu reisen, um mehr zu lernen.
Ich verbrachte sechs Monate mit Reisen durch den Mittleren Osten und dort
habe ich angefangen, über den Islam zu lesen. Ich habe mit vielen Menschen auf
den Reisen über den Islam gesprochen, und es war so schwer, mich von meiner
Identität als Person der spirituellen Menschenrechte zu lösen und zu einem
Muslim zu werden. Dies war das schwierigste. Aber ich konnte nicht davon
wegkommen! Der Islam zog mich an und die Anziehungskraft des Islam war so
stark, das ich ihm nicht den Rücken kehren konnte.
Er fühlte sich so stark und so natürlich an, und er war das, wonach ich mein
ganzes Leben lang gesucht hatte. Die Sache, die mich zum Islam gezogen hatte,
war die Gleichheit der Menschen und dass es keine Hierarchie gab. Ich mochte
auch, dass es keine Bilder und keine Vermittler zwischen dir und Gott gibt. Es
geht nur um dich und Ihn.
Ich kehrte von meiner Reise durch den Mittleren Osten zurück und wusste
nicht, ob ich den Islam annehmen sollte oder nicht. Aber am 11.August 2009 habe
ich den Islam angenommen, und es war wunderschön. Ich sprach
die Schahada und lag in meinem Bett mit einem Lächeln auf meinem Gesicht.
Die Konvertierung hat mich befähigt, mich Gott näher zu fühlen. Ich sehe die
Welt jetzt klarer und alles ergibt einen Sinn. Ich fühle, ich kann jede Situation
verstehen ohne manipuliert zu werden oder verlockt zu werden.
Ich fühle mich wie eine starke Frau, die weiss, welche Rolle sie spielt. Ich
fühle mich klug und bin stolz darauf, Muslima zu sein. Ich wünsche mir, das
Hijab tragen zu können, wie ich es gerne tragen würde, aber ich habe zu große
Bedenken, es in meiner Gesellschaft zu tragen…vielleicht in Zukunft.
Es ist nicht immer leicht gewesen. Ich habe unter Kummer und Traurigkeit
gelitten, aufgrund der spirituellen Trennung von meiner Familie und meinen
Freunden, und ich habe soziale Isolation zu spüren bekommen, vor allem in
besonderen Zeiten wie im Ramadhan. Dies war sehr schwierig für mich. Mein
erster Ramadhan war sehr schwer, aber ich fühle, dass Gott mich geleitet hat.
Jeder in meiner Familie hat auf seine Art reagiert. Meine Mum machte sich
Sorgen, dass sie mich nicht richtig erzogen habe, und dass ich das Kopftuch tragen
würde, was sie ärgern würde. Sie hat sich auch darüber aufgeregt, dass ein Mann
vier Frauen haben kann.
Mein Vater war sehr wütend und fühlte sich gezwungen, sich selbst und seinen
Glauben zu verteidigen und fing an, über die Unterdrückung der Frauen und den
Terrorismus zu reden.
Meine Schwester sagte, solange ich glücklich sei, sei es für sie in Ordnung,
aber sie fürchtete, dass wir uns weiter auseinander leben könnten.
Augenblicklich geht es auf und ab. Jeder Tag ist anders. Es ist schwer
gewesen, denn ich fühle mich jetzt wie eine Minderheit. Auch wenn die
muslimischen Schwestern, die ich treffe, alle so warm und liebenswürdig sind,
fühle ich, dass ich auf eine andere Art aufgewachsen bin, und daher fühle ich mich
manchmal isoliert.
Aber in meinem Herzen weiss ich, dass Gott mit mir ist und immer wenn ich
mich fürchte, erinnere ich mich daran, dass Gott zum Islam geführt hat, und ich
sage Alhamdulillah (Dankbar lobpreise ich Allah).