Muhammad predigte den Menschen, auf Allâh zu vertrauen. Sein gesamtes Leben war ein wunderbares Beispiel dieser Maxime. In der Einsamkeit Makkas, inmitten von Verfolgung und Gefahr, in Not und Drangsal und inmitten der Feinde in den Schlachten von Uhud und Hunain; ein vollkommener Glaube und Vertrauen auf Allâh bestimmte sein Leben. Wie groß auch eine Gefahr gewesen sein mag, der er gegenüber stand, er verlor niemals seine Hoffnung und erlaubte sich selbst nicht, übertrieben erschüttert zu sein. Abû Tâlib wusste um die Gefühle der Quraisch, als der Prophet mit seiner Einladung zum Islâm begann. Er wusste auch, wieweit die Quraisch gehen würden und so bat er den Propheten darum, seiner Einladung zum Islam ein Ende zu setzen.
Er jedoch antwortete ruhig: „Lieber Onkel! Störe dich bitte nicht an meiner Einsamkeit. Die Wahrheit wird nicht für lange Zeit ohne Unterstützung bleiben. Ganz Arabien und darüber hinaus (auch andere Länder) werden sie eines Tages unterstützen.“ (Ibn Hischâm)
Als die Haltung der Quraisch immer bedrohlicher wurde, flehte Abû Tâlib seinen Neffen erneut an, auf seine Mission zu verzichten. Der Prophet antwortete hingegen: „O mein Onkel! Wenn sie die Sonne in meine rechte Hand und den Mond in meine linke legen und mich zwingen würden, auf mein Tun zu verzichten, würde ich davon nicht ablassen, bis Allah Seine Sache deutlich gemacht hat oder ich bei meinem Versuch sterbe.“ (Ibn Hischâm)
Zu einem anderen Sympathisanten sagte er : „Allâh wird mich nicht hilflos lassen.“ Ein deprimierter und unterdrückter Gefährte wurde mit folgenden Worten getröstet: „Bei Allâh! Der Tag ist nahe, an dem dieser Glaube seinen Gipfel erreichen wird, und niemand wird einen anderen außer Allâh fürchten müssen.“ (Al-Buchârî)
Es war dasselbe Vertrauen auf Allâh, das den Propheten ermutigt hat, seine Gebete trotz des Widerstandes öffentlich in der heiligen Moschee Makkas) zu sprechen. Die Quraisch versammelten sich einmal dort und beschlossen, seinem Leben ein Ende zu setzen, wenn er das nächste Mal die heilige Moschee betritt. Seine junge Tochter Fâtima hörte zufällig ihre Gespräche und rannte weinend zu ihrem Vater und erzählte ihm von den Plänen der Quraisch. Er tröstete sie, vollzog seine rituelle Waschung und ging zur Ka'ba, um seine Gebete zu sprechen. Unter den Quraisch gab es nur Bestürzung, als sie ihn sahen. (Ahmad)
Als er schließlich sein Haus verließ, um nach Madîna zu gehen, bat er Ali darum, dass er in seinem Bett schlafen solle. Er sagte zu ihm: „Sei nicht traurig; keiner wird fähig sein, dir zu schaden.“ (At-Tabarî, Ibn Hischâm)
Obwohl die Feinde das Haus umzingelt hatten, ging er aus dem Haus, wobei er folgenden Qurânvers las: „Und Wir haben vor ihnen eine Sperrmauer errichtet und hinter ihnen eine Sperrmauer und sie so überdeckt, dass sie nicht sehen (können).“ (Sûra 36:9)
Abu Bakr fürchtete sich, als die Verfolger der Höhle nahe kamen, in der der Prophet Muhammad sich während der Flucht versteckte. Der Prophet sagte jedoch: „Sei nicht traurig. Allâh ist mit uns.“
Ein Wächter wurde vor das Haus des Propheten in Madîna gestellt, da er von Gefahren umgeben war. Er ließ ihn jedoch entfernen, als folgender Qurânvers offenbart wurde: „[…] Allâh wird dich vor den Menschen schützen […].“ (Sûra 5:67)
Ein Mann wurde festgenommen, der einen Hinterhalt legte, um den Propheten zu attackieren. Jedoch befahl er mit folgenden Worten, ihn freizulassen: „Selbst wenn dieser Mann wünschte, mich zu töten, er könnte es nicht.“ (Ahmad)
Eine jüdische Frau aus Chaibar vergiftete die Speise des Propheten. Er spuckte sie aus, nachdem er einen Bissen zu sich genommen hatte. Ein Gefährte hingegen, der eine größere Menge zu sich nahm, starb am nächsten Tag. Die Jüdin wurde zum Propheten gebracht, der sie sodann befragte: „Warum hast du das getan?“ Sie antwortete trotzig: „Um dich zu töten.“ Es wurde ihr gesagt: „Allâh hätte dir nicht erlaubt, es zu tun.“ (Muslim)
Als in der Schlacht von Uhud die Nachhut der makkanischen Armee die muslimische Armee durcheinander brachte und sich die Situation zu ihren Gunsten wendete, stand der Prophet wie ein Fels, obwohl er an Verletzungen litt. Als Abû Sufyân die Muslime verhöhnte und schrie: „Sieg für Hubal“ (Hubal war einer ihrer Götzen), bat der Prophet Umar darum, dass er zurückrufen solle: „Allâh ist unser Beschützer und Freund. Ihr aber habt keinen Beschützer und keinen Freund. Allâh ist groß, gewaltig.“ (Ibn Hischâm)
In der Schlacht von Hunain, als der unerwartete Angriff der Armee den Muslimen den Boden unter den Füßen nahm und eine Niederlage zu drohen schien, wich der Prophet nicht zurück. Durch sein Vertrauen auf Allâh zeigte er solch einen Mut, dass die muslimische Armee sich hinter ihm sammelte, und einen außergewöhnlichen Sieg errang.
Allâh sagt: „Durch Erbarmen von Allâh bist du mild zu ihnen gewesen; wärst du aber schroff und hartherzig, so würden sie wahrlich rings um dich auseinandergelaufen.“ (Sûra 3:159)
Der Prophet sagte über sich selbst: „Allâh schickte mich als Gesandten, so dass ich die Vervollkommnung des Charakters, die Verbesserung des korrekten Verhaltens und die Erhabenheit des Benehmens lehren möge.“ (Mâlik und Ahmad)
Er war von Natur aus sanft und gutherzig, immer dazu geneigt, großzügig zu sein und die Fehler anderer zu übersehen. Höflichkeit und Manieren, Schlichtheit und Demut, Mitgefühl und Aufrichtigkeit waren einige Hauptmerkmale seines Charakters. In Sachen des Rechtes und der Gerechtigkeit konnte er entschlossen und streng sein, jedoch wurde seine Strenge häufig durch seine Großzügigkeit gemildert. Er hatte bezaubernde Manieren, mit denen er die Zuneigung seiner Anhänger gewann und ihre Hingabe sicherstellte. Obwohl so gut wie der König von Arabien und ein Gesandter Allâhs, hat er niemals mit seiner Überlegenheit geprahlt. Er verbarg diese nicht als eine Masche oder als List, sondern aus Furcht vor Allâh und mit aufrichtiger Demut, die in seinem Herzen verwurzelt waren. Er sagte gewöhnlich: „Ich bin ein Prophet Allâhs, aber ich weiß nicht, wie ich enden werde.“ (Al-Buchârî)
In einer seiner Predigten, die dafür bestimmt war, die Furcht vor Allâh und vor dem Tag des Jüngsten Gerichtes in die Herzen der Menschen einzuflößen, sagte er : „O Leute der Quraisch! Bereitet euch auf das Jenseits vor; ich kann euch nicht vor Allâh bewahren! O Abbâs, Sohn des Abdulmuttalib! Auch dich kann ich nicht bewahren. O Fatima, Tochter Muhammads! Selbst dich kann ich nicht retten.“ (Al-Buchârî und Muslim)
Er betete gewöhnlich: „O Allâh! Ich bin nur ein Mensch. Falls ich irgendjemanden auf irgendeine Art verletzt habe, dann vergib mir und bestrafe mich nicht.“ (Ahmad) Er begegnete den Menschen stets höflich und erwies den Älteren Respekt. Er sagte: „Einen alten Menschen zu ehren ist gleich der Verherrlichung Allâhs.“
Er war nie unhöflich, selbst gegenüber boshaften Menschen. Es wird erzählt, dass ein Mann zu seinem Haus kam und um Erlaubnis bat, eintreten zu dürfen. Der Prophet äußerte, dass er ein schlechter Mensch sei, gab ihm jedoch Erlaubnis zum Eintritt. Er kam herein und während seines Aufenthaltes wurde ihm höchste Höflichkeit geboten. Nachdem er gegangen war, sagte Âischa : „Du denkst nicht gut über diesen Mann, aber hast ihn so gut behandelt.“ Der Prophet antwortete: „Er ist ein schlechter Mensch aus der Sicht Allâhs, da er sich nicht höflich benimmt und die Menschen seine Gesellschaft wegen seiner schlechten Manieren meiden.“ (Al-Buchârî)
Er war immer der Erste der grüßte und nie nahm er seine Hand vom Händeschütteln zurück, bis der andere nicht zuerst seine Hand zurückzog. Wenn jemand ihm etwas ins Ohr sagen wollte, wandte er sich solange nicht ab, bis man damit fertig war, so wie dies in den Büchern von Abû Dâwûd und At-Tirmidhî () berichtet wird. Er mochte es nicht, dass die Menschen für ihn aufstanden, und er sagte: „Derjenige, der es liebt, dass man für ihn aufsteht, soll seinen Platz in der Hölle suchen.“ (Abû Dâwûd)
Er stand jedoch auf, wenn ein Würdenträger zu ihm kam. Er stand auch auf, als er seine Amme empfing, die ihn in seiner frühen Kindheit großgezogen hatte, und er breitete sein eigenes Tuch für sie aus. Seinem Pflegebruder wurde eine ähnliche Behandlung zuteil. Er vermied es, während einer Versammlung einen Platz für Prominente einzunehmen, und zwar so strikt, dass eintretende Menschen Schwierigkeiten hatten, ihn zu identifizieren. Sie mussten fragen, wer von ihnen der Prophet ist. Ziemlich häufig sprachen ihn ungehobelte Beduinen auf ihre eigene schroffe Art an. Jedoch war er niemals beleidigt oder nachtragend. (Abû Dâwûd)
Er besuchte gewöhnlich die Ärmsten der leidenden Menschen und ermahnte alle Muslime dazu, es ihm gleich zu tun. (Al-Buchârî)
Er saß mit den Bedürftigsten und sagte, dass Rechtschaffenheit allein bestimmt, ob jemand andere überlegen ist. Er lud regelmäßig Menschen ein, seien sie Sklaven, Diener oder die ärmsten Gläubigen, um an seinen spärlichen Mahlzeiten teilzunehmen. (At-Tirmidhî)
Wann immer er einen Kranken besuchte, grüßte er ihn zuerst und bat um Erlaubnis, ins Haus eintreten zu dürfen. Er ermahnte die Menschen dazu, dieser Verhaltensregel zu folgen und nicht verärgert zu sein, wenn jemand seine Erlaubnis verwehrt. Mit großer Wahrscheinlichkeit war der Betroffene beschäftigt und beabsichtigte mit seiner Abweisung keine Respektlosigkeit.
Es gab keine Form der Hausarbeit, die für ihn niedrig oder unwürdig war, denn Âischa sagte: „Er nahm immer an der Hausarbeit teil und flickte manchmal seine Kleider, reparierte seine Schuhe und kehrte den Boden. Er molk, fütterte und band seine Tiere an und machte Besorgungen für den Haushalt.“ (Al-Buchârî)
Er zögerte nicht, die körperliche Arbeit anderer zu übernehmen, insbesondere für Waisen und Witwen. (An-Nasâ‘î und Ad-Dârimî) Als einst kein männliches Mitglied mehr im Hause seines Gefährten Chabâb ibn Al-Arat (), der zur Schlacht gezogen war, verblieb, ging er täglich zu seinem Haus und molk das Vieh für dessen Bewohner. (Ibn Sa’d)