Die Wichtigkeit des anbetenden Dienens geht davon aus, dass eben dieses der Zweck ist, für den Allâh die Geschöpfe erschaffen hat. Allâh sagt:
„Und Ich habe die Dschinn und die Menschen nur erschaffen, damit sie Mir anbetend dienen.“ (Sûra 51:56)
Damit dieser Zweck im Leben der Menschen verwirklicht werde, schickte Allâh die Gesandten. Der Erhabene sagt:
„Wir haben wahrhaftig zu jedem Volk einen Gesandten geschickt, mit der Botschaft: „Dient Allâh anbetend und haltet euch von den Götzen fern!“...“ (Sûra 16:36)
Er sagt ferner:
„Und Wir schickten keinen Gesandten vor dir, dem Wir nicht geoffenbart, dass es keine Gottheit gibt außer Mir; darum dient Mir anbetend!“ (Sûra 21:25)
Allâh zeichnete Seine Engel und Propheten mit dem anbetenden Dienen aus. Der Erhabene sagt:
„Ihm gehört, wer in den Himmeln und auf Erden ist. Und diejenigen, die bei Ihm sind, sind weder zu hochmütig, Ihm anbetend zu dienen, noch werden sie müde.“ (Sûra 21:19)
Er tadelt dahingegen diejenigen, die sich aus Hochmut weigern, Ihm anbetend zu dienen. Er sagt:
„Gewiss, diejenigen, die sich aus Hochmut weigern, Mir anbetend zu dienen, werden in die Hölle gedemütigt eingehen.“ (Sûra 40:60)
Er bezeichnet die Paradiesbewohner als anbetend Dienende. Der Hocherhabene sagt:
„Aus einer Quelle, aus der Allâhs anbetend Dienende trinken, die sie sprudelnd hervorströmen lassen.“ (Sûra 76:6)
Er bezeichnete auch Seinen Propheten Muhammad als anbetend Dienenden. Er sagt:
„Der Lobpreis ob der Erhabenheit über jeden Mangel ist Dessen, Der reisen ließ Seinen anbetend Dienenden bei Nacht.“(Sûra 17:1)
Er sagt über die Offenbarung:
„Da offenbarte Er Seinem anbetend Dienenden, was Er offenbarte.“ (Sûra 53:10)
Er sagt über den einladenden Aufruf:
Und als Allâhs anbetend Dienender aufstand, um zu Ihm Bittgebete zu sprechen, hätten sie ihn beinahe erdrückt.“ (Sûra 72:19)
Und Er sagt über die Herausforderung:
„Und wenn ihr im Zweifel über das seid, was Wir Unserem anbetend Dienenden geoffenbart haben, dann bringt doch eine Sûra gleicher Art bei...“ (Sûra 2:23)
Das anbetende Dienen umfasst mithin die ganze Religion. Dies ist die erhabenste und höchste Stellung, durch die ein anbetend Dienender sowohl im Diesseits als auch im Jenseits gerettet und geehrt wird.
Definition der Ibâda
Die Gelehrten definieren Ibâda zusammengefasst wie folgt: Alles, was Allâh liebt und womit Er zufrieden ist, seien es offenkundige oder innere Taten und Worte.
Als Beispiel für die offenkundigen Taten gilt das rituelle Gebet; als Beispiel für die offenkundigen Worte dient das Lobpreisen Allâhs; als Beispiel für die inneren Worte und Taten gelten der Glaube an Allâh, demütige Ehrfurcht gegenüber Allâh, Verlassen auf Allâh und Liebe sowie Abscheu um Allâhs willen.
Die Grundbedeutung des Wortes Ibâda ist Ergebenheit. Jedoch beschränkt sich das Wort Ibâda von der Scharî‘a her nicht nur auf Ergebenheit, vielmehr umfasst es auch die Bedeutung von Liebe. Es beinhaltet also das höchste Maß sowohl der Ergebenheit gegenüber Allâh als auch der Liebe zu Ihm. So muss die Liebe zu Allâh seitens eines anbetend Dienenden stärker sein als dessen Liebe zu allem Anderen, und in einer Weise, dass Er am erhabensten ist.
Rechtsgültigkeitsbedingungen für Ibâda
Für die Gültigkeit der Ibâda gibt es zwei Bedingungen:
1. Man darf nur Allâh anbetend dienen. Das ist die sogenannte Aufrichtigkeit, zu der Allâh uns verpflichtet hat. Sie bedeutet, dass ein anbetend Dienender mit Ibâda nur das Wohlwollen Allâhs zum Ziel hat. Der Hocherhabene sagt:
„Und nichts anderes wurde ihnen angeordnet als nur Allâh zu dienen und Ihm gegenüber aufrichtig in der Religion zu sein, als Anhänger des rechten Glaubens, und das rituelle Gebet zu verrichten und die Zakat zu entrichten; das ist die Religion des rechten Verhaltens.“ (Sûra 98:5)
Allâhs Gesandter sagte in einem von Muslim überlieferten Hadîth: „Allâh der Erhabene sagt: „Ich bin erhaben darüber, einen Teilhaber zu haben. Wer also ein Werk durchführt, mit dem er Mir einen Anderen beigesellt, auf den und dessen Teilhaber verzichte Ich.““
Umar ibn Al-Chattâb pflegte Folgendes zu sagen: „O Allâh, lass meine Werke insgesamt rechtschaffen, rein für Dich allein sein, und lass ich damit nur Dein Wohlwollen beabsichtigen!“
2. Man darf Allâh nur so anbetend dienen, wie Er dies vorschreibt und vorsieht, und nicht indem man seinen Emotionen folgt oder in einer Weise die die Religion abändert. Der Erhabene sagt:
„Oder haben sie Teilhaber, die ihnen als Religion festgelegt haben, was Allâh nicht erlaubt hat?“ (Sûra 42:21)
Er sagt ferner:
„... Wer nun stets die Begegnung mit seinem Herrn erhofft, der wirke ein rechtschaffenes Werk und geselle beim anbetenden Dienen gegenüber seinem Herrn niemanden bei!“(Sûra 18:110)
Allâhs Gesandter sagte: „Wer in unserer Angelegenheit etwas Neues einführt, dessen Neuerung ist zurückzuweisen.“ (überliefert von Al-Buchârî und Muslim).
Al-Fudail Ibn ´Iyâd sagte hinsichtlich der Worte des Erhabenen: „...damit Er euch prüfe, wer von euch die besten Taten verrichtet.“ (Sûra 11:7): „Damit ist die aufrichtigste und rechtsgültigste Tat gemeint.“ Da fragte man ihn: „O Abû ´Alî! Was meinst du mit der aufrichtigsten und der rechtsgültigsten Tat?“ Er erwiderte: „Wenn die Tat aufrichtig, aber nicht rechtsgültig ist, wird sie von Allâh nicht angenommen. Ist sie rechtsgültig und nicht aufrichtig, wird sie auch nicht angenommen, bis sie aufrichtig und rechtsgültig ist.“ Das heißt, man muss dabei aufrichtig gegenüber Allâh sein und der Sunna folgen.
Unterschiede der Menschen hinsichtlich der Art, wie sie die Ibâda gegenüber ihrem Herrn umsetzen
Die Menschen lassen sich hinsichtlich deren Ergebenheit gegenüber ihrem Herrn in zwei Gruppen einteilen:
Die erste ist die unfreiwillige Ergebenheit. Alle, seien sie Gläubige, Nicht-Muslime, Rechtschaffene oder Frevler, sind dieser Art unterworfen, alle sind von Allâh beherrscht und stehen unter Seiner Herrschaft. Was Allâh will, wird geschehen, auch wenn sie das nicht wollen. Was sie aber wollen, wird nicht geschehen, wenn Er das nicht will. Der Erhabene sagt:
„Begehren sie denn eine andere als Allâhs Religion? Und Ihm gibt sich hin, wer in den Himmeln und auf Erden, gehorchend und widerstrebend. Und zu Ihm werden sie zurückgebracht.“ (Sûra 3:83)
Die zweite Art ist dieErgebenheit in dem von Allâh Auferlegten:
Diese ist eine religiöse Ergebenheit, sie besteht im Gehorsam gegenüber Allâh und Seinem Gesandten, und sie ist es, die Allâh liebt und mit ihr ist Er zufrieden. Mit dieser Eigenschaft beschreibt Er Seine auserwählten anbetend Dienenden. Diese Art der Ergebenheit ist hinsichtlich der Vorherbestimmung freiwilliger Natur. Wer also will, kann glauben, und wer nicht will, kann sich vom Glauben abwenden. Doch werden alle letzten Endes zu Allâh dem Erhabenen zurückkehren, damit Er sie für ihre Taten zur Rechenschaft zieht.
Einfluss der Ibâda auf die Schöpfung
Die Ibâda hat einen großartigen Einfluss auf die Rechtschaffenheit des Einzelnen, der Gesellschaft und des ganze Universums. Eigentlich besteht der Einfluss der Ibâda auf das Universum und die ganze Menschheit darin, dass sie der Grund für Ordnung und Rechtschaffenheit des Universums und der Weg zur Freude sowie Ehrung eines Menschen im Diesseits und Jenseits ist. Je mehr die Leute Allâh ehren, desto rechtschaffener wird das Universum und vice versa. Begehen die Menschen Sünden und schlechte Taten und verzichten sie auf Pflichten und Gehorsam, ist das ein Zeichen für Verödung und Verfall des Universums. Wer darüber nachdenkt, dass der Tag der Auferstehung erst eintritt, wenn nur noch die schlimmsten Geschöpfe auf Erden sind und im ganzen Universum niemand „Allâh, Allâh!“ sagt, der wird erkennen, dass diese Aussage stimmt.
Die Ibâda ist der Zügel, der die menschliche Seele davor bewahrt, Begierden zu folgen. Sie ist der Weg, der die Menschen daran hindert, gegenüber der Scharî’a Allâhs des Erhabenen ungehorsam zu sein. Der Erhabene sagt:
„Gewiss, das rituelle Gebet hält vom Schändlichen und Verwerflichen ab!“ (Sûra 29:45)
Also gilt Ibâda als eine Garantie dafür, dass sich die Menschheit nicht der Atmosphäre des Untergangs und den Wegen des fehlgehens zuwendet.
Ibâda ist ein Grund für wirtschaftlichen Wohlstand und die Herabsendung des Segens sowie der Gnadenerweise Allâhs auf die Länder und anbetend Dienenden. Der Erhabene sagt:
„Hätten aber die Bewohner der Städte geglaubt und wären sie demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh gewesen, hätten Wir ihnen bestimmt Segnungen vom Himmel und von der Erde eröffnet.“ (Sûra 7:96)
Dies betrifft die Einflüsse der Ibâda auf das ganze Universum und auf die gesamte Menschheit. Was aber ihren Einfluss auf das Individuum betrifft, so können wir dies in folgenden Punkten zusammenfassen:
Erstens: Ruhe und Zufriedenheit des Herzen. Der Erhabene sagt:
„Diejenigen, die den Glauben verinnerlichen und deren Herzen im Gedenken Allâhs Ruhe finden. Finden nicht im Gedenken Allâhs die Herzen Ruhe?“(Sûra 13:28)
Zweitens: Licht im Gesicht. Der Erhabene sagt:
„Ihr Merkmal befindet sich auf ihrem Gesicht durch die Niederwerfung...“
(Sûra 49:29)
Und Er sagt über die Nicht-Muslime:
„...als ob ihr Gesicht von Stücken finsterer Nacht überdeckt wäre. Dies sind die Insassen des Höllenfeuers; ewig werden sie darin bleiben.“
(Sûra 10:27)
Drittens: Wohlergehen und Segen. Als Beweis dafür gilt die Geschichte der Gartenbesitzer, deren Garten Allâh während des Lebens deren Vaters wegen dessen Gehorsams und Barmherzigkeit gegenüber den Armen segnete. Als ihr Vater verstoben war und sie das Land geerbt hatten, beschlossen sie, die Armen auszuschließen. Da sandte Allâh auf ihren Garten kohlrabenschwarzen brennenden Donnerschlag. Der Erhabene sagt:
„Wir haben sie geprüft, wie Wir die Besitzer des Gartens prüften, als sie schworen, sie würden ihn bei Tagesanbruch abernten, und nichts ausnahmen.“ (Sûra 68:17-18)
Geist der Ibâda
Es bleibt nicht verborgen, dass Ibâda Geist hat und eine Beziehung zwischen einem anbetend Dienenden und dessen Herrn dem Hocherhabenen darstellt. Beschränkt Ibâda sich nur auf Bewegungen, ohne ihrem Geist, nämlich der demütigen Ehrfurcht, Unterwerfung, Demut und Hingabe gegenüber Allâh, so führt der anbetend Dienende lediglich die oberflächliche Seite und nicht den eigentlichen Sinn der Ibâda aus. Das Umherirren und die Sorglosigkeit des Herzens gehören mithin zu den großen Krankheiten, die dazu führen, dass die Taten nicht angenommen werden.
Damit man dies überwinden kann, erwähnen die Gelehrten einige Angelegenheiten, die unserer Ibâda möglicherweise den Geist einhauchen. Dazu gehört Folgendes:
1. Man muss sein Herz erfrischen und es an die Anbetung Allâhs des Erhabenen erinnern und daran, dass seine Freude darin besteht, Ibâda auf die beste Weise durchzuführen und seine Verpflichtungen gegenüber seinem Herrn zu erfüllen.
2. Die Vorbereitung zur Ibâda. Diese entspricht der Art der Ibâda. So besteht die Vorbereitung zum rituellen Gebet darin, die rituelle Gebetswaschung auszuführen und früh zur Moschee zu gehen. Sa´îd ibn Al-Musayyib sagte: „Niemals kam die Zeit eines rituellen Gebets, ohne dass ich mich dafür vorbereitete.“ Rabî´a ibn Yazîd sagte: „Seit vierzig Jahren bin ich stets in der Moschee, wenn zum Mittagsgebet gerufen wird, es sei denn, ich bin krank oder befinde mich auf einer Reise.“
3. Man muss sich von dem fernhalten, was das Herz während des Verrichtens der Ibâda in Verwirrung bringt, wie Stimmen, Dekorationen und Ähnliches. In einem von Al-Buchârî und Muslim überlieferten Hadîth heißt es: Der Prophet Möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen trug ein verziertes Gewand aus seinem Haus heraus. Dann sagte er: „Diese Verzierungen lenkten mich einmal ab.“
4. Hinwendung zur Ibâda mit einem von Beschäftigungen und weltlichen Zerstreuungen freien Herzen. In einem von Al-Buchârî erwähnten Hadîth (in Form eines Hadîthes mit unvollständiger Überliefererkette) heißt es: Abû Ad-Dardâ sagte: „Zur Weisheit einer Person gehört, dass sie sich zuerst ihren Bedürfnissen zuwendet, damit sie sich ihrem rituellen Gebet mit freiem Herzen zuwendet.“ Das Herz kann sich so von den weltlichen Beziehungen befreien, sich der echten Ibâda zuwendet und sich somit der anbetend Dienende mit seinem Herzen, seinen Gedanken und seinem Gefühlsleben auf Allâh den Erhabenen richtet.
5. Man sollte von Zeit zu Zeit die Ibâda in unterschiedlichen Formen durchführen, die überliefert wurden, damit die Ibâda nicht zu automatisierten Bewegungen wird, die ein anbetend Dienender ausführt, ohne dabei einen Unterschied zwischen der heutigen und gestrigen Ibâda zu spüren. Wer also das Eröffnungsbittgebet einmal in einer Form ausspricht, der soll dieses im nächsten Gebet in anderer Form aussprechen, die auch vom Propheten überliefert wurde. Die Abwechslung in den Formen der Ibâda – im Rahmen der Sunna – trägt dazu bei Gewohnheit und Monotonie zu vermeiden, die die Ibâda manchmal trifft und deren Einfluss das Herz schwächt.
Stellungen der Leute hinsichtlich deren Anbetungshandlungen
Es gibt keine gute Tat, ohne dass der Satan dabei zwei Einflüsterungen hat, nämlich die zur Übertreibung und die zur Nachlässigkeit. Es ist zu erwähnen, dass die Religion Allâhs in der Mitte zwischen Übertreibung und Nachlässigkeit steht. Die Ibâda hat dieselbe Natur. Eine Gruppe vernachlässigt das anbetende Dienen und sorgt sich nicht um die Anweisungen und Riten der Scharî’a; diese Gruppe enthält die Sündigen. Die andere Gruppe übertreibt beim Durchführen der Ibâda, sodass sie das Vorgeschriebene überschreitet, unerlaubte Neuerungen erfindet und mit diesen Allâh zu verehren sucht. Eine dritte Gruppe folgt dem Rechten respektive der Methode der Mitte, sie ist ein Mittelmaß zwischen den Bedürfnissen des Körpers und Wünschen des Geistes.
Dies war ein zusammengefasster Blick auf die Wichtigkeit und auf die Stellung der Ibâda im Islam. Also soll man sich darum bemühen, sich durch Pflichten und freiwillige Handlungen zu bereichern, und diese aufrichtig, also ohne Verstellung und Streben nach Ansehen durchführen, frei von den unerlaubten Neuerungen und Neigungen, wie Allâh es will. Wer also darauf bedacht ist, dem steht es zu, dass seine Ibâda angenommen wird, und dass er die Zufriedenheit seines Herrn erlangt und ein Paradies betritt, dessen Breite wie die Himmel und die Erde ist und das für die in Ehrfurcht gegenüber Allâh Demütigen bereitet ist.