Als der Prophet und seine Gefährten die Abschiedswallfahrt beendet hatten, machten sie sich auf und kehrten nach Madîna zurück. Doch ließ sich der Prophet dort nicht nieder um zu entspannen, sondern um den Dschihâd und die Da'wa (den einladenden Aufruf) zu Allâh und zu Seinem Wege weiterzuführen. Das Erste, was der Prophet nach seiner Rückkehr unternahm, bestand darin, dass er ein Heer ausrüstete um gegen die Römer in die Schlacht zu ziehen. Über die Ereignisse dieser Schlacht berichten wir Folgendes:
Es war die Arroganz des Römischen Reiches, die es dazu brachte, jedem das Recht auf Leben zu verwehren, der an Allâh und an Seinen Gesandten glaubte. Es machte es jedem schwer, der den Islâm annehmen und sich von der Gefangenschaft der Ignoranz lösen wollte. Seine willkürliche und despotische Haltung bewegte es dazu, jeden Untertan ums Leben zu bringen, der sich zum Islâm bekennen wollte, wie es der Fall mit Farwa ibn Amr Al-Dschuzâmî war, der von den Römern eingesetzte Verwalter über Ma'ân.
Wegen der Arroganz, die das Römische Reich zeigte, machte sich der Prophet daran, ein großes Heer auszurüsten, um der Arroganz, der Überheblichkeit und dem Hochmut dieses Reiches ein Ende zu bereiten. Er begann damit im Monat Safar des elften Jahres der Hidschra. Als Führer ernannte er Usâma ibn Zaid ibn Hâritha , den er dazu aufforderte, in Richtung Balqâ bei As-Schâm (dem heutigen Syrien) zu marschieren, um dem Römischen Reich Furcht einzuflößen. Damit wollte er eigentlich die an der Grenze dieses Reiches ansässigen Araber sich wieder sicher fühlen lassen. Aber da Usâma noch ein junger Mann war, der die 18 Jahre noch nicht überschritten hatte, begannen die Heuchler über seine Qualifikation zur Leitung des Heeres zu diskutieren. Wie kann ein Junge in seinem Alter reife Männer führen, erhoben sie als Einwand. Kaum erfuhr der Prophet davon, trat er hinaus und sagte: "Wenn ihr seine Führungsposition anfechtet, so habt ihr auch schon zuvor die Führungsrolle seines Vaters angefochten. Bei Allâh, für die Führung war sein Vater doch geeignet. Und er war gewiss einer derjenigen, die mir am liebsten waren. Und dieser gehört nach ihm zu denjenigen, die mir am liebsten sind." Überliefert von Al-Buchârî.
Eine andere Überlieferung besagt, der Prophet ordnete an, das Heer Usâmas marschieren zu lassen, indem er sagte: "Vollzieht die Entsendung Usâmas!" Mit dieser Anordnung beendete der Prophet die Debatte und erteilte dem Heer den Marschbefehl.
Die Muslime begannen, sich um Usâma zu sammeln und schlossen sich seinem Heer an. Alle Muhâdschirûn und Ansâr zogen mit ihm aus und ließen sich an einem Ort namens Al-Dschurf nieder, der von Madîna ungefähr fünfeinhalb Kilometer entfernt liegt.
Wegen der beunruhigenden Nachrichten über die Krankheit des Propheten , mussten sie jedoch Halt machen und etwas warten, bis sie erfahren würden, was Allâh in der Angelegenheit des Propheten entscheidet. Als der Prophet schwer erkrankte, verließ Usâma das Lager, kehrte nach Madîna zurück und trat zum Propheten ein, der erschöpft im Bett lag. Die Krankheit hatte ihm sehr zugesetzt.
Usâma senkte seinen Kopf, und gab dem Propheten einen Kuss. Der Prophet sprach kein Wort, er hob lediglich seine Hände gen Himmel und alsdann legte er sie Usâma auf. Usâma berichtete später: "Da wusste ich, dass er für mich betete." Am folgenden Tag erholte sich der Prophet ein wenig von seiner Krankheit. Er wandte sich an Usâma und sagte ihm: "Brich auf, mit Allâhs Segen!" Usâma verabschiedete sich von ihm und kehrte in sein Lager zurück.
Allâh bestimmte, dass diese Entsendung die Letzte war, die der Propheten in seinem Leben durchführte. Gleichzeitig war sie die erste, die im Kalifat Abû Bakrs zur Geltung kam.
Als sich die Schmerzen und die Krankheit des Propheten verschlimmerten, machte das Heer Halt, um Nachrichten über sein Befinden abzuwarten. Alsdann erreichte sie die Nachricht vom Tod des Propheten .
Nachdem der Prophet verstorben und Abû Bakr Kalif geworden war, gab er Usâma , der immer noch im Grenzgebiet von Madîna in einem Ort namens Dhû Chaschab, lagerte, zu verstehen wieder gen Rom aufzubrechen.
Auf Grund der Apostasie, die sich unter manchen arabischen Stämmen ausbreitete, wurde Abû Bakr von vielen dazu angehalten, das Heer um Usâma nicht weitermarschieren zu lassen, mit der Begründung, dass er dessen Unterstützung für Wichtigeres brauchen würde. Doch Abû Bakr schenkte diesen gar keine Beachtung, genauso wenig wie jenen, die meinten, er solle Usâma durch einen anderen Führer ersetzen.
Vielmehr sagte er seine berühmten Worte, die die Standhaftigkeit seiner Haltung sowie die Festigkeit seines Willens zeigten, nämlich: "Bei dem, außer Dem es keine Gottheit gibt, auch wenn die Hunde die Ehefrauen des Propheten an ihren Füßen hinter sich her ziehen würden, würde ich nicht ein Heer zurückrufen, das der Prophet ausrichtete, oder einen Führer, den der Prophet einsetzte, absetzen." In einer anderen Überlieferung heißt es: "Auch wenn mich die Raubtiere zerreißen würden, würde ich die Entsendung Usâmas durchführen, wie der Prophet es anwies, selbst wenn niemand im Lande bliebe außer mir, ich würde sie durchführen." So ließ er also Usâma weitermarschieren, um die Aufgabe zu vollenden, mit der ihn der Prophet beauftragt hatte. Abû Bakr begab sich zu Fuß zum Heer, um es zu verabschieden. Als Usâma von seinem Reittier steigen wollte, damit Abû Bakr dieses besteigt, erhob Abû Bakr Einwand und sagte: "Bei Allâh, du wirst nicht von deinem Reittier steigen, und ich werde dieses nicht besteigen! Und wieso soll ich meine Füße nicht eine Stunde auf dem Wege Allâhs bestauben? Denn wahrlich, der Kämpfer auf dem Wege Allâhs bekommt für jeden Schritt, den er tut, 700 gute Taten gutgeschrieben und 700 Rangstellungen erhöht, und ihm werden 700 Sünden abgenommen." Er verabschiedete sich vom Heer und gab dem Heer mit auf den Weg, die Sache, zu der sie schritten, gut auszuführen. Dann sagte Abû Bakr zu Usâma : "Tue, was dir der Prophet befohlen hat! Und vernachlässige auf gar keinen Fall irgendetwas von den Anordnungen des Propheten !"
Usâma erfüllte seine Mission vorzüglich und erreichte das Ziel, das ihm der Prophet vorgegeben hatte. Immer wenn er an einem Volk oder Stamm vorbei kam, der vom Islâm abfallen wollte, sagte dieser sich: "Wenn diese Leute keine Macht und Stärke besäßen, würden nicht so viele wie diese ausziehen. Warten wir ab, bis sie auf die Römer treffen!" Und sie trafen auf die Römer, besiegten sie, töteten sie und kehrten alsdann wohlbehalten und mit Beute zurück.
Durch diese Haltung von Abû Bakr ließ Allâh zahlreiche Menschen auf ihrem Islâm beharren. Viele kehrten auch wieder zum Islâm zurück, nachdem sie davon abgefallen waren. Der Auszug des Heeres um Usâma zu diesem Zeitpunkt zeigte sich als einer der größten nützlichen Dinge für den Islâm und die Muslime. Bis zur Rückkehr des Heeres vergingen 40 Tage.
Dieser gesegnete Ausmarsch beinhaltet viele Lehr- und Leitsätze, die wir im Folgenden zu veranschaulichen versuchen:
1- Die enorme Entschlossenheit des Propheten und dessen stetiger Eifer für den Weg Allâhs, zumal es, nachdem er in Madîna nach der Haddsch angekommen war, nicht lange dauerte, bis er sich daran machte, ein Heer für eine neue Entsendung vorzubereiten, um die Da'wa der Wahrheit zu verbreiten und den Staat des Islâm zu verteidigen.
2- Der Prophet wählte für die Erfüllung dieser äußerst schweren und wichtigen Aufgabe seinen geliebtesten Gefährten aus. Er ließ sich nicht durch dessen Alter davon abhalten, da er die nötigen Voraussetzungen erfüllte. Denn Alter schützt vor Torheit nicht. Und die Jugendlichkeit steht den Gottesfürchtigen nicht nach. Zaid ibn Hâritha , der Vater des Führers dieses gesegneten Marsches Usâma , war ein Sklave. Ursprünglich war er ein Schutzbefohlener. Usâma war damals knapp 18 Jahre alt. Dennoch hinderten seine Jugendlichkeit und sein Sklavenursprung den Propheten nicht daran, ihn zum Führer der Gefährten , ob Ansâr oder Muhâdschirûn, zu ernennen. In einer so wichtigen Schlacht, die außerhalb der Arabischen Halbinsel stattfand und einem so gewaltigen Reich entgegentrat, wie dem der Römer. Auch wenn die Heuchler und diejenigen, deren Herzen von Bosheit befallen waren, die Haltung des Propheten verwunderlich und auffallend fanden, so baut doch die islamische Scharî'a weder auf menschlichen Kriterien noch auf Maßstäben der Ignoranz. Der Islâm kam nämlich, um genau diesen Kriterien der Ignoranz ein Ende zusetzten, auf Grund derer sich die Menschen unter- und voneinander unterscheiden und auszeichnen.
Der Prophet sah in Usâma einen Vorzug, der diesen berechtigte, das Heer in diesem Zug zu leiten. Wenn dem so ist, müssen die Muslime Ergebenheit zeigen und Folge leisten, auch wenn ihnen ein Sklave aus Abessinien als Führer gegeben wird.
Deshalb war das Erste, womit Abû Bakr begann, nachdem er Kalif geworden war, der Aufforderung des Propheten diesbezüglich nachzukommen und das Heer unter Usâma weitermarschieren zu lassen. Abû Bakr folgte dem Heer zu Fuß, während Usâma auf seinem Reittier saß, obwohl er der Kalif war. Er begleitete das Heer, bis es die Grenze von Madîna erreichte, alsdann bat er Usâma darum, Umar den Aufenthalt bei ihm in Madîna zu erlauben, damit er ihm bei der Verwaltung seiner Angelegenheiten behilflich sein könne. Usâma erlaubte ihm dies.
Usâma kehrte siegreich aus dieser Schlacht zurück. Im Auszug dieses Heeres lag ein gewaltiger Nutzen für den Islâm und die Muslime.
3- Die Art und Weise des Propheten , Dinge so schnell wie möglich zu klären und Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. Er verzögerte die Klärung einer Angelegenheit nicht. Das zeigt sich durch das Verhalten des Propheten , als er erfuhr, dass die Leute über die Führerposition Usâmas redeten. Sofort bestieg er die Redekanzel und verdeutlichte den Leuten die Eignung Usâmas, und dass er dazu würdig ist.
4- Aus diesem gesegneten Marsch lässt sich auch auf die tiefe Liebe der Gefährten zum Propheten schließen, die sie in ihren Herzen trugen. Als sich die Krankheit des Propheten verschlechterte, hielt das Heer inne, und wartete ab, was geschehen würde.
5- Erwähnenswert sind hier noch die Weisheit Abû Bakra und die Standhaftigkeit seiner Haltung in Bezug auf den Auszug des Heeres, trotz aller Schwierigkeiten und allen Umständen, die parallel zum Aufmarsch zu den Grenzen von As-Schâm aufkamen. Doch schenkte Abû Bakr der Meinung der Anderen keine Beachtung, die ihn davon abbringen wollten, den Fortmarsch des Heeres zu befehlen. Selbst als Umar seine eigene Meinung dazu äußern wollte, stürzte sich Abû Bakr auf ihn, packte seinen Bart und sagte: "Wie kannst du so etwas sagen, o Ibn Al-Chattâb! Der Prophet setzte ihn ein und du befiehlst mir, ihn abzusetzen?"
Diese Entsendung war - wie bereits erwähnt - die letzte der gesegneten Sendungen, die der Prophet anordnete, bevor er verstarb, bevor er das Banner seinem rechtschaffenen Gefährten anvertraute und bevor er zur höchsten Stufe erhoben wurde, nachdem er das anvertraute Gut überreicht, die Botschaft überbracht, der Gemeinschaft die besten Ratschläge gegeben und sich für Allâhs Sache aufs Beste bemüht hatte.