Die Schlacht von Badr war vorbei und die Gläubigen schwelgten noch in ihrer Siegesfreude; jedem einzelnen waren noch die Szenen der Folter und Unterdrückung durch die Tyrannen der Quraisch in Makka vor Augen. Doch sobald sie die Gefallenen hier und dort erblickten, waren sie erleichtert. Der Dank ist Allâhs, des Majestätischen und Glorreichen, der zum Sieg verhalf und den Islâm verteidigte.
In diesem Augenblick ordnete der Prophet an, die Leichen der Führer der Götzendiener aufzusammeln, damit jeder wisse, welche Konsequenzen das Leugnen des Islâm hat und wie es den Islâm-Leugnern ergeht. Die Sahâba standen sogleich auf, um die Anordnung des Propheten durchzuführen. Unter ihnen war Abdullâh ibn Mas'ûd , der die Gesichter der Leichen untersuchte. Da traf er auf Abû Dschahl, der in seinen letzten Zügen lag. Er ging auf ihn zu und fragte: „Bist du Abû Dschahl?“ – „Ich bin ein Mann, den ihr getötet habt“ – oder: „den sein Volk tötete.“, Ibn Mas'ûd entgegnete: „Möge Allâh dich in Schande stürzen, du Feind Allahs!“, Abû Dschahl blickte zu Ibn Mas’ûd auf, der auf seiner Brust saß und sagte: „Du bist, mein kleiner Hirte, mit deinen Schafen auf eine gefährliche Klippe gestiegen!“, darauf schlug Ibn Mas’ûd ihm den Kopf ab und begab sich damit zum Propheten , um ihm den Tod seines Erzfeindes zu verkünden.
Die Muslime konnten alle Leichen der Götzendiener sammeln, es waren 24. Der Prophet ordnete an, diese Leichen wegzuschaffen und in einen versiegten Brunnen in der Umgebung zu werfen. Unter den Toten war auch der Vater Abû Hudhaifas . Der Prophet bemerkte an der Miene des Sohnes (Abû Hadhaifa), dass es ihm schwer fiel, weswegen er sagte: „O Abû Hudhaifa, bei Allâh, es scheint dich zu bedrücken, was mit deinem Vater geschah?“ Er antworte: „Bei Allah, o Gesandter Allâhs, ich habe keinen Zweifel an Allâh und auch nicht am Gesandten Allâhs, aber mein Vater war nachsichtig und vernünftig. Ich erhoffte mir, dass er erst stirbt, wenn ihn Allâh, der Erhabene, zum Islâm rechtleitet. Es betrübte mich, als ich sah, dass es vorbei ist und nun geschah, was eben geschah.“, darauf bat der Prophet Allâh um Wohl für ihn (für Abû Hudhaifa). Überliefert von Al-Hâkim.
Der Prophet blieb drei Tage auf dem Schlachtfeld, so wie er dies in allen übrigen Kämpfen tat. Am dritten Tag ließ er sein Reitkamel satteln. Er begab sich zu der Stelle, an der die Götzendiener begraben waren und rief sie mit ihren Namen und den Namen ihrer Väter: „O du so und so, der Sohn des so und so, O du so und so, der Sohn des so und so. Erfreut es euch nun, dass ihr Allâh und seinem Gesandten nicht gehorchtet? Wir haben das, was unser Herr uns versprochen hat, wahr gefunden. Habt ihr das, was euer Herr euch versprochen hat, wahr gefunden?" Die Sahâba wunderten sich, dass der Prophet mit den Toten sprach, obwohl deren Seelen schon ausgetreten waren. Der Prophet antwortete aber: „Ich schwöre bei Dem, in dessen Hand die Seele Muhammads ist, ihr hört was ich sage nicht besser als sie.“ Überliefert von Al-Buchârî.
Nachdem die Muslime von der Schlacht zurückkehrten, kam ein neues Problem auf sie zu, das sie nicht kannten: Wie sollte man die Beute aufteilen, die sie in dieser Schlacht erbeutet hatten? Sollte sie für jene bestimmt sein, die sie sammelten und aufbewahrten oder für jene, die die Reste der Götzendiener entfernten? Oder sind vielleicht jene, die den Propheten während und nach der Schlacht bewachten, diejenigen, die das größte Anrecht darauf hatten? Der Qurân beantwortete all diese Fragen: "Sie fragen dich nach der (zugedachten) Beute. Sag: Die (zugedachte) Beute gehört Allâh und dem Gesandten. So fürchtet Allâh und stiftet Frieden untereinander, und gehorcht Allâh und Seinem Gesandten, wenn ihr gläubig seid!" (Sûra 8:1) Und: "Und wisset: Was immer ihr erbeutet, so gehört Allâh ein Fünftel davon und dem Gesandten, und den Verwandten, den Waisen, den Armen und dem Sohn des Weges, wenn ihr an Allâh glaubt und an das, was Wir auf Unseren Diener am Tag der Unterscheidung (als Offenbarung) hinabgesandt haben, an dem Tag, da die beiden Heere aufeinandertrafen. Und Allâh hat zu allem die Macht." (Sûra 8:41); überliefert von Ahmad.
Der Prophet verteilte also die Beute gerecht unter seinen Gefährten und vergaß nicht jene, die aus einem bestimmten Grund nicht an der Schlacht teilnehmen konnten, wie Uthmân ibn Affân , der sich um seine kranke Frau Ruqayya kümmerte. Unter ihnen war auch Abû Lubâba , der vom Propheten zurückgestellt wurde, um sich um die Angelegenheiten in Madîna zu kümmern. Zu den Zurückgebliebenen gehörte auch Al-Hârith ibn Hâtib , der vom Propheten zum Stamm Banû Amr ibn Auf geschickt wurde, um dort eine bestimmte Sache für den Propheten zu erledigen.
Es galt aber noch ein Problem zu klären, und zwar wie man mit den Kriegsgefangenen zu verfahren habe? Der Prophet zog in dieser Angelegenheit seine Gefährten zu Rate. Abû Bakr war der Meinung, dass man sie am Leben lässt und gegen ein Lösegeld den Götzendienern zurückgibt, damit die Muslime mit diesem Geld gestärkt werden und auf dass jene dadurch bedenken mögen und vielleicht zum Islâm übertreten. Umar ibn Al-Chattâb und Sa'd ibn Mu'âdh waren jedoch der Meinung, dass man sie tötet, weil sie die Anführer des Kufrs waren und weil man die Mekkaner durch ihre Tötung sehr schwächen würde. Doch Abdullâh ibn Rawâha sagte dazu: „O Gesandter Allâhs, suche ein Tal mit viel Brennholz und entfache in ihm ein Feuer.“
Der Prophet neigte zu der Meinung Abû Bakrs und befahl somit, dass man jene Gefangene gegen Lösegeld freilasse. Allâh tadelte aber den Propheten ob dieser Entscheidung und sandte folgenden Vers herab: "Es steht keinem Propheten zu, Gefangene zu haben, bis er (den Feind überall) im Land schwer niedergekämpft hat. Ihr wollt Glücksgüter des Diesseitigen, aber Allâh will das Jenseits. Allâh ist Allmächtig und Allweise. Wenn nicht von Allâh eine früher ergangene Bestimmung wäre, würde euch für das, was ihr genommen habt, wahrlich gewaltige Strafe widerfahren. Esst nun von dem, was ihr erbeutet habt, als etwas Erlaubtes und Gutes, und fürchtet Allâh! Gewiss, Allâh ist Allvergebend und Barmherzig." (Sûra 8:67-69)
Zu jener Zeit hatten nämlich die Gläubigen nicht die Überhand und die Muslime würden durch das Freilassen der Gefangenen geschwächt werden, wohingegen der Feind wieder gestärkt würde und somit ein Nachteil für die Muslime entstünde.
Den Propheten traf dieser Tadel Allâhs sehr. In den Büchern der Sîra lesen wir, dass Umar ibn Al-Chattâb am Propheten und an Abu Bakr vorbeikam und sie weinend vorfand. Er sagte: „O Gesandter Allâhs, teile mir mit warum du und dein Gefährte weinen! Wenn ich Tränen finde, so werde ich weinen, und falls ich nicht weinen kann, so werde ich so tun, weil ihr beide auch weint.“ Er antwortete: „Ich weine wegen dem, was deine Gefährten erwarten, weil sie das Lösegeld nahmen, mir wurde ihre Strafe gezeigt, näher als dieser Baum!“ (Ein Baum, der in der Nähe des Propheten war.) Überliefert von Muslim.
Danach gab Allâh, der Reine und Erhabene, die Erlaubnis, dass man das Lösegeld für die Gefangenen annimmt und somit kauften sich die Gefangenen mit ihrem eigenen Geld los. Einige bezahlten 4000 Dirham, andere aber auch mehr. Wer jedoch kein Vermögen besaß und sich trotzdem loskaufen wollte, der musste zehn Kindern der Muslime das Schreiben lehren.
Zainab , die Tochter des Propheten wollte ihren Mann Abû Al-Âs mit ihrer Halskette loskaufen, die noch bei Chadîdscha war. Als der Prophet sie sah, wurde sein Herz weich und er sagte zu seinen Gefährten: „Wenn ihr wollt, gebt ihr ihren Gefangenen frei und gebt ihr, was ihr gehört.“ Sie stimmten zu. Überliefert von Abû Dâwûd.
Die Anwesenden wollten für Al-Abbâs, den Onkel des Propheten Fürsprache einlegen, auf dass man von ihm kein Lösegeld nähme. Sie sagten: „Erlaube uns, für den Sohn unserer Schwester, Abbâs kein Lösegeld zu nehmen.“ Der Prophet antwortete ihnen: „Bei Allâh, von seinem Lösegeld wird kein Dirham geschmälert.“ Überliefert von Al-Buchârî
Der Prophet befahl, dass man die Gefangenen gut behandeln solle. Er sagte: „Ich trage euch auf, die Gefangenen gut zu behandeln.“ Die Gefährten folgten der Anordnung des Propheten . Ein Bruder Mus'ab ibn Umairs sagte: „Ich war als Gefangener bei den Ansâr; wenn sie zu Mittag oder Abend aßen, nahmen sie selber nur Datteln ein und gaben mir den Weizen, da der Prophet ihnen die gute Behandlung der Gefangenen auftrug.“ Überliefert von At-Tabarânî.
Durch diese gute Behandlung, die tiefe Eindrücke in den Herzen hinterließ, traten viele der Gefangenen zum Islâm über, wie As-Sâ`ib ibn Ubaid und Abû Uzair . Die Gefangenen kehrten nach Makka zurück und erzählten von der guten Behandlung und dem edlen Charakter des Propheten und seiner Gefährten.
Es gab jedoch auch Fälle, in denen der Prophet die Übertreter unter den Islamgegnern auf Grund ihrer Feindseligkeit gegenüber dem Islâm hinrichten ließ, wie Uqba ibn Abû Mu'ît, der von Alî ibn Abû Tâlib umgebracht wurde. Zu den Getöteten gehörte auch An-Nadr ibn Al-Hârith, der am meisten und heftigsten gegen den Islâm gesinnt war.
Die siegreiche islamische Armee kehrte also nach Madîna zurück und Zaid ibn Hâritha ritt auf dem Kamel des Propheten voraus, um den Leuten in Madîna die frohe Botschaft zu übermitteln. Daraufhin traten alle aus ihren Häusern heraus, um ihre Glaubensbrüder an den Toren Madînas zu empfangen. Unter ihnen war auch die Mutter Hârithas , die die Nachricht vom Tod ihres Sohnes erhalten hatte. Sie ging zum Propheten und sagte: „O Gesandter Allahs, du weißt welchen Rang Hâritha bei mir hatte. Wenn er im Paradies ist, so werde ich geduldig sein und meinen Lohn bei Allâh erhoffen, wenn es aber das andere ist, was soll ich dann tun?“ Er antwortete: „Wehe dir, ist es etwa nur ein einziger (Paradies)garten? Vielmehr sind es viele Gärten und er ist im Firdaus (der höchsten Stufe des Paradieses).“ Überliefert von Al-Buchârî.
Die Heuchler jedoch freuten sich nicht zusammen mit den Muslimen, da der Sieg der Muslime ihre Hoffnung zerstörte, erneut die Herrschaft über Madîna zu erlangen. So schlugen sie die Politik der Heuchelei ein und hielten geheime Treffen ab, deren Führung Abdullâh ibn Ubayy ibn Salûl inne hatte. Er sagte: "Diese Angelegenheit hat nun Fuß gefasst, so geht und leistet dem Propheten den Treueid des Islâm." Überliefert von Al-Buchârî.