In den ersten Jahren seiner Mission predigte der Prophet seiner Familie und seinen engen Freunden. Die erste Frau, die konvertiert ist, war seine Frau Khadija, das erste Kind war sein Kousin Ali, den er unter seine Obhut genommen hatte, und der erste Bürge war sein ehemaliger Sklave Zaid. Sein alter Freund Abu Bakr war der erste männliche Erwachsene, der den Islam angenommen hat. Viele Jahre später sagte der Prophet von ihm: ‘Ich habe nie jemanden zum Islam gerufen, der nicht am Anfang gezögert hätte, mit Ausnahme von Abu Bakr.’
Später kam zu ihm der Befehl, öffentlich zu predigen und sich gegen den Götzendienst auszusprechen. Zuerst waren die Älteren von den Quraisch in der Lage gewesen, diese seltsame kleine Gruppe zu ignorieren, behandelten Muhammad wie einen traurigen Fall von Selbsttäuschung, aber jetzt begannen sie darüber klar zu werden, dass sein Predigen, das viele Anhänger unter den Armen und Besitzlosen anzog (und von daher als gefährlich einzustufen), und eine Bedrohung sowohl für die Religion als auch für den Reichtum Mekkas darstellte. Ein offener Konflikt allerdings hätte ihren Interessen widersprochen. Ihre Macht hing von ihrer Einigkeit ab, und mit dem Beispiel von Yathrib – das durch eine Stammesfehde auseinander gerissen war - als grausame Warnung vor dem, was passieren könnte, wenn ihre Zeit gekommen wäre. Außerdem war der Stamm Haschim. Was auch immer er von seinem abtrünnigen Mitglied privat denken möge, durch den Brauch daran gebunden, ihn zu verteidigen, wenn er angegriffen wird. Sie beschränkten sich zu jener Zeit darauf, sich über sie lustig zu machen, vielleicht die effektivste Waffe in der Verteidigung eines gewöhnlichen Menschen gegen den Bruch der Wahrheit, denn es beinhaltet nicht den Grad, der der Gewalt innewohnt. Sein früherer Beschützer Abu Talib bat ihn, seine Aufruf aufzugeben, damit er seine Sicherheit und die Sicherheit seines Clans nicht in Gefahr bringe. ´O mein Onkel,´ sagte er, ´selbst wenn sie mir die Sonne in meine Rechte und den Mond in meine Linke gäben, werde ich mein Vorhaben nicht aufgeben, solange Gott mich erfolgreich sein lässt oder bis ich sterbe.´ Abu Talib antwortete seufzend: ´O Sohn meines Bruders, ich werde dich nicht im Stich lassen.´
Die Spannung in der Stadt erhöhte sich stufenweise, Monat für Monat, je mehr sich Muhammads spiritueller Einfluss verbreitete, die Hegemonie der Älteren der Quraisch untergrub und Trennungen in ihre Familien brachte. Dieser Einfluss wurde umso gefährlicher für die etablierte Ordnung, als die aufeinanderfolgenden Offenbarungen vermehrt Warnungen gegen die Gefühllosigkeit der mekkanischen Plutokratie, ihre Habsucht immer ´mehr und mehr´ zu wollen und ihre Gier enthielten. Die Opposition wurde nun von einem gewissen Abu Jahl zusammen mit Abu Lahab und dem Schwager des Letzteren angeführt, einem jüngeren Mann, der klüger und talentierter war als jeder von ihnen, Abu Sufyan. Eines Tages kehrte Muhammads Onkel Hamza von der Jagd zurück, der sich bis dahin neutral verhalten hatte. Als sie ihm von den Beleidigungen mit denen sein Neffe überhäuft wurde, berichteten, wurde er so wütend, dass er Abu Jahl aufsuchte, ihm mit seinem Bogen auf den Kopf schlug und an Ort und Stelle seine Konvertierung zum Islam bekanntgab.
Beginnende Verfolgung
Am Ende des dritten Jahres erhielt der Prophet den Befehl, sich "zu erheben und zu warnen", woraufhin er begann, öffentlich zu predigen und die abscheuliche Torheit des Götzendienstes angesichts der wunderbaren Zeichen von Tag und Nacht, Leben und Tod, Wachstum und Verfall, welche die Macht Gottes und Seine Einheit demonstrienen, zu betonen. Als er da begann, sich gegen ihre Gottheiten auszusprechen, wurden die Quraisch feindlich aktiv, verfolgten die ärmeren Anhänger, verhöhnten und beleidigten ihn. Die einzige Überlegung, die sie davon abhielt, ihn zu töten, war ihre Angst vor der Blutrache, die der Stamm, zu dem seine Familie gehörte, verüben wurde. Gestärkt von seiner Erleuchtung fuhr der Prophet fort, zu warnen, zu erörtern und zu drohen, während die Quraisch alles taten, was sie konnten, um sich über seine Lehren lustig zu machen und seine Anhänger zu entmutigen.
Die Flucht nach Abessinien
Die Konvertiten der ersten vier Jahre waren größtenteils vom einfachen Volk und nicht in der Lage, sich gegen die Unterdrückung zu verteidigen. Die Verfolgung, die sie erlitten, war so grausam, dass der Prophet allen empfahl, die dazu in der Lage waren, zumindest für eine gewisse Zeit nach Abessinien (das heutige Äthiopien) auszuwandern, wo sie durch den Christen Negus, ´einem aufrichtigen König´, freundlich empfangen wurden. Ungefähr achtzig Konvertiten flohen 614 nChr. in das christliche Land.
Dieses offensichtliche Bündnis mit einer fremden Macht beunruhigte die Mekkaner noch mehr, und sie schickten Abgesandte zu Negus, welche die Auslieferung der Muslime forderten. Vor dem Gericht wurde lange verhandelt und die Muslime gewannen, indem sie zuerst zeigten, dass die denselben Gott wie die Christen anbeteten und dann indem sie eine Passage aus dem Qur´an vortrugen, in der von der Jungfrau Maria die Rede ist, woraufhin Negus schluchzte und sagte: "Wahrlich, dies kommt von derselben Quelle wie das, was Jesus gebracht hat."
Aber aller Verfolgung und Auswanderung zum Trotz wuchs die kleine Gemeinschaft der Muslime standing an. Die Quraisch wurden ernsthaft beunruhigt. Dem Götzendienst an der Kaaba, dem Heiligen Ort zu dem ganz Arabien pilgerte, und dessen Hüter sie waren, galt ihr höchstes Interesse. Während der Zeit der Pilgerschaft stellten sie an den Straßen Posten auf, welche die Pilger der anderen Stämme vor dem "Verrückten" warnen sollten, der in ihrer Mitte predigte. Sie versuchten, den Propheten zu einem Kompromiß zu bewegen, indem sie ihm anboten, seine Religion zu akzeptieren, wenn er sie etwas abänderte, so dass ein Platz geschaffen wurde, damit sie weiterhin ihre Gottheiten als Vermittler Gottes anbeten könnten. Im Gegenzug boten sie ihm an, ihn zu ihrem König zu machen, wenn er ihren Götzendienst nicht weiter angreifen würde. Das beständige Ablehnen ihrer Angebote frustrierte sie zutiefst.
Die Konvertierung Umars
Wichtiger war allerdings die Konvertierung eines der vorzüglichsten jungen Männer der Stadt, Umar ibn al-Khattab. Außer sich vor Wut über den stetig wachsenden Erfolg der neuen Religion – die so ganz im Gegensatz zu dem stand, was er zu glauben gelernt hatte – schwor er, Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, zu töten, egal welche Konsequenzen das nach sich ziehen würde. Jemand sagte ihm aber, bevor er dies tue, solle er sich lieber um die Angelegenheiten in seiner eigenen Familie kümmern, denn seine eigene Schwester und ihr Ehemann waren Muslime geworden. Als er in ihr Haus stürzte, lasen sie gerade ein Kapitel, das ´Ta-Ha´ genannt wird, und als seine Schwester zugab, dass sie wirklich den Islam angenommen haben, schlug er sie verärgert. Ein wenig beschämt fragte er sie, was sie gerade gelesen hatten. Sie gaben ihm den Text, nachdem sie darauf bestanden hatten, das er die rituelle Waschung vornimmt. Und als er diese Verse des Qur´an las, ging eine plötzliche und totale Wandlung in ihm vor. Die süße Macht der Worte des Qur´an Veränderten ihn für immer! Er ging geradewegs zu Muhammad und nahm den Islam an.
Männer wie diese waren so wichtig für die angegriffene Gesellschaft, aber die meisten der neuen Muslime waren entweder Arme oder Sklaven. Die Armen wurden geschlagen, und die Sklaven wurden gequält, um sie zu zwingen, ihren Glauben zu widerrufen, und Muhammad konnte nur wenig dafür tun, um sie zu schützen.
Ein schwarzer Sklave mit dem Namen Bilal wurde unter der sengenden Sonne nackt auf dem Boden gefesselt, ausgepeitscht und dann wurde er mit einem großen Stein auf seiner Brust dem Verdursten überlassen. Er wurde von den Götzendienern aufgefordert, seine Religion zu widerrufen, umder Tortur zur entrinnen, aber seine einzige Antwort war: ‘Ahad! Ahad!’ (‘Gott ist Einer! Gott ist Einer!) In diesem Zustand, kurz vor dem Tod, fand ihn Abu Bakr und befreite ihn mit einer außerordentlich hohen Geldsumme. In Muhammads Haus erholte er sich und wurde einer der engsten und beliebtesten der Gefährten. Als lange Zeit später die Frage auftauchte, wie die Gläubigen zum Gebet gerufen werden sollten, wurde Bilal der erste Muezzin, (derjenige, der die Gläubigen mit lauter Stimme zum Gemeinschaftsgebet in die Moschee ruft) des Islam: ein großer, dünner schwarzer Mann mit einer kräftigen Stimme und, so wurde berichtet, mit dem Gesicht eines Raben unter einem Schopf grauen Haares; ein Mann, den die Sonne während seiner Tortur alles, außer seiner Liebe zu dem Einen und dem Gesandten des Einen, verbrannt hatte.
Die Zerstörung der Saheefah
In jeder Beziehung frustriert, erklärte die mekkanische Oligarchie unter der Führung von Abu Jahl in einem formellen Schriftstück einen Bann oder Boykott gegen den ganzen Haschim Klan; es durften keine Handelsgeschäfte mit ihnen unterhalten werden, bis sie Muhammad verbannten, und niemand durfte eine Frau von den Haschim heiraten oder seine Tochter zu einem Mann aus diesem Klan geben. Dann war der Prophet drei Jahre lang gezwungen, mit seiner ganzen Anhängerschaft außerhalb der Stadt Mekka in einer Schlucht zu verweilen.
Nach dieser langen Zeit wurden einige der freundlicheren Herzen unter den Quraisch weich angesichts des Boykotts ihrer alten Freunde und Nachbarn. Es gelang ihnen, das Schriftstück, das in der Kaaba aufgehängt war, zur nochmaligen Erwägung herauszuholen. Da stellten sie fest, dass es von weißen Ameisen völlig zerstört worden war, außer die Worte Bismika Allahumma ("In Deinem Namen, o Gott"). Als die Älteren dieses Wunder sahen, wurde der Bann aufgehoben, und der Prophet konnte sich in der Stadt wieder frei bewegen. Allerdings war die Gegnerschaft seinem Predigen gegenüber unnachgiebig geblieben. Er hatte unter den Mekkanern wenig Erfolg und ein Versuch, in der Stadt Taif zu predigen, schlug fehl. Seine Mission verlief nicht, wie er es erwartet hatte, als die jährliche Saison der Pilgerschaft anbrach, traf er eine kleine Gruppe von Männern, die ihm freudig zuhörten.
Männer aus Yathrib
Sie kamen aus Yathrib, einer Stadt, die über zweihundert Meilen entfernt war und seitdem als al-Medina, "die Stadt" par excellence bekannt ist, um die Pilgerschaft (Hajj) zu verrichten. Yathrib besaß eine bevorzugte Lage in einer angenehmen Oase, auch zu jener Zeit schon bekannt für ihre Datteln, aber in jeder anderen Hinsicht unglücklich. Die Oase war zum Schauplatz unaufhörlicher Stammesfehden geworden. Juden bekämpften Juden und Araber bekämpften Araber; Araber verbündeten sich mit Juden und kämpften gegen Araber, die wiederum mit einer anderen jüdischen Gemeinschaft verbündet waren. Während Mekka gedieh, lebte Yathrib in Elend. Sie benötigten dringend einen Führer, der in der Lage war, das Volk zu vereinen.
In Yathrib gab es jüdische Stämme mit gelehrten Rabbinern, die oft mit den Götzendienern von einem Propheten gesprochen hatten, der bald von den Juden kommen würde, mit dem sie, wenn er käme, die Araber zerstören würden, so wie die alten Völker der ´Aad und der Thamud wegen ihres Götzendienstes zerstört wurden.
Der Prophet Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, besuchte in diesem Stadium seines Aufrufs heimlich verschiedene Stämme außerhalb von Mekka, um ihnen die Botschaft des Islam zu vermitteln. Einst hörte er zufällig eine Gruppe von Männern bei Aqaba, einem Ort außerhalb von Mekka, und er fragte sie, ob er mit ihnen sitzen dürfe, woraufhin sie ihn erfreut einluden. Als die Männer vom Stamm der Khazraj aus Yathrib hörten, was Muhammad ihnen zu sagen hatte, erkannten sie in ihm den Propheten, von dem ihnen die Juden berichtet hatten, und alle diese sechs Männer nahmen den Islam an. Sie hofften auch, dass Muhammad mit seiner neuen Religion derjenige sein würde, der sie mit ihren Bruderstamm, den Auws, einem Stamm aus Yathrib, mit dem sie ihre Abstammung teilten, wieder vereinen würde, aber Jahre des Krieges und der Feindschaft hatten sie befremdet. Sie beschlossen, nach Yathrib zurückzukehren und die Religion Muhammads zu verbreiten. Die Folge davon war, dass in Yathrib bald kein Haus mehr existierte, das noch nicht von der Botschaft des Islam gehört hatte und in der nächsten Pilgersaison, im Jahr 621, kam eine Delegation aus Yathrib mit der Absicht, den Propheten zu treffen.
Erstes Abkommen von Aqaba
Diese Delegation bestand aus zwölf Männern, fünf von denen, die auch im Vorjahr da gewesen waren, und zwei Mitglieder von den Auws. Sie trafen den Propheten wieder bei Aqaba und schworen in ihren eigenen Namen und in denen ihrer Ehefrauen, dass sie Gott kein anderes Geschöpf zur Seite stellen (also wurden sie Muslime), dass sie weder stehlen, noch Ehebruch begehen, noch in größter Armut ihre Kinder töten; und sie verpflichteten sich, diesem Mann in allen Dingen zu Gehorsam zu leisten. Dies ist als der erste Schwur von Aqaba bekannt. Als sie nach Yathrib zurückkehrten, schickte der Prophet seinen ersten Botschafter mit ihnen, Mus´ab ibn ´Umair, der die neuen Konvertiten in den Grundlagen des Glaubens unterrichten und die Religion unter denen, die den Islam noch nicht angenommen hatten, weiter verbreiten sollte.
Mus´ab predigte die Botschaft des Islam, bis fast jede Familie in Yathrib einen Muslim in ihrer Mitte hatte und vor dem Hajj des folgenden Jahres, 622, kehrte Mus´ab zum Propheten zurück und teilte ihm die guten Nachrichten von seiner Mission mit und erzählte ihm von dem Guten und von der Stärke Yathribs und seines Volkes.
Zweites Abkommen von Aqaba
622 kamen fünfundsiebzig Pilger aus Yathrib, die Muslime waren, darunter zwei Frauen. Spät in der Nacht, als alle schliefen, schlichen die Muslime von den Pilgern as Yathrib heimlich zu dem Ort, an dem sie sich zuvor mit dem Propheten verabredet hatten, in den Bergen bei Aqaba, um dem Propheten ihre Treue zu schwören und um ihn in ihre Stadt einzuladen. Bei Aqaba trafen sie den Propheten und sein Onkel war bei ihm, der noch immer ein Götzendiener war, aber seinen Neffen wegen der Familienbande verteidigte. Er sprach und warnte die Muslime vor den Gefahren ihres Vorhabens, und dagegen, ihrer Verpflichtung gegenüber Untreue zu zeigen, wenn sie diese eingegangen sind. Einer von den Pilgern, die auch in den vergangenen beiden Jahren anwesend gewesen war, stand ebenfalls auf und warnte vor der Gefahr ihrer Verpflichtung und ihrer Bereitschaft, sie aufrechtzuerhalten. In ihrer festen Entschlossenheit und Liebe zum Propheten schworen sie, ihn so zu verteidigen, wie sie sich selbst, ihre Frauen und ihre Kinder verteidigen würden. Da wurde auch die Hijrah, die Auswanderung nach Yathrib, beschlossen.
Dies ist auch als der Schwur des Kampfes bekannt, denn er umfasste den Schutz der Person des Propheten, wenn nötig mit Waffen; und bald nach der Auswanderung nach Yathrib wurde der Qur´anvers offenbart, der den Kampf, um die Religion zu verteidigen, erlaubte. Diese Verse sing in der Religion des Islam grundlegend:.
“Die Erlaubnis (, sich zu verteidigen,) ist denen gegeben, die bekämpft werden, weil ihnen Unrecht geschah – und Gott hat wahrlich die Macht, ihnen zu helfen - , jenen, die schuldlos aus ihren Häusern vertrieben wurden, nur weil sie sagten: "Unser Herr ist Gott." Und wenn Gott nicht die einen Menschen durch die anderen zurückgehalten hätte, so wären gewiss Klausen, Kirchen, Synagogen und Moscheen, in denen der Name Gottes oft genannt wird, niedergerissen worden. Und Gott wird sicher dem beistehen, der Ihm beisteht. Gott ist wahrlich Allmächtig, Erhaben.” (Quran 22:39-40)
Für den Propheten Muhammad, für die Muslime und für die Welt war ein Wendepunkt gekommen. Es war das Schicksal des Propheten Muhammads, und ein Aspekt seiner prophetischen Funktion, dass er den Verfolgten und Unterdrückten die Alternativen, die sich ihnen eröffneten, zeigen sollte; einerseits Selbstbeherrschung; auf der anderen Seite das, was von den Christen und Juden als ´gerechter Krieg´ bezeichnet wird, aber von dem eine spätere Qur´anoffenbarung sagt: "dann wäre die Erde wahrhaftig von Unheil erfüllt." (Quran 2:251). Fast dreizehnn Jahre lang hatten er und seine Gefährten unter der Verfolgung, den Drohungen und Beleidigungen gelitten, ohne auch nur eine Hand zur Selbstverteidigung zu heben. Sie hatten bewiesen, dass dies menschlich möglich ist. Die Umstände veränderten sich aber und erforderten eine andere Antwort, wenn die Religion des Islam in der Welt überleben sollte. Friede hat seine Zeiten, aber auch der Krieg, und ein Muslim vergißt nie, dass jeder Mensch geboren wurde, um sich auf die eine oder andere Weise anzustrengen; wenn nicht körperlich, dann geistig. Diejenigen, die diese Tatsache versuchen, zu ignorieren, werden früher oder später versklavt.
Der Komplott um den Propheten zu ermorden
In kleinen Gruppen verließen die Muslime Mekka und machten sich auf in Richtung Yathrib. Die Hijrah (´Auswanderung´) hatte begonnen.
Für die Quraisch waren die Grenzen des Ertragbaren überschritten. Feinde in der eigenen Stadt waren schlimm genug, jetzt aber waren die Feinde auf dem Weg im Norden ein rivalisierendes Zentrum zu gründen. Der Tod Abu Talibs hatte Muhammads hauptsächlichen Beschützer beseitigt. Bislang durch die von den beduinischen Vorvätern geerbten Prinzipien und der Furcht vor unangenehmen Blutfehden verhindert, beschlossen die Führer letztendlich doch, dass Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, sterben muss. Abu Jahl schlug einen einfachen Plan vor. Junge Männer von verschiedenen Sippen sollten Muhammad einen tödlichen Stoß versetzen, damit sie alle an Muhammads Blut schuldig seien. Haschim konnte nicht von allen anderen Sippen Vergeltung fordern.
Die Hijrah (23. September 622 nChr.)
Der Prophet hatte jedoch mit ein paar wenigen Gefährten auf den göttlichen Befehl gewartet, dass er sich den anderen Muslimen in Yathrib anschließen soll. Er hatte nicht die Freiheit, auszuwandern, bevor es ihm befohlen wurde. Schließlich kam der Befehl. Er gab Ali seinen Umhang, bat ihn, sich damit in sein Bett zu legen, damit jeder, der hineinschaute, denken möge, Muhammad läge dort. Die Mörder sollten ihn töten, sobald er sein Haus verließ, sei es in der Nacht oder am frühen Morgen. Er wusste, dass sie Ali nicht verletzen würden. Die jungen Männer hatten sich bereits um sein Haus verteilt, als der Prophet Muhammad ungesehen hinausschlich. Er ging zu Abu Bakrs Haus, rief ihn und sie beide versteckten sich in einer Höhle eines Berges in der Wüste, bis die Gefahr vorbei war. Abu Bakrs Sohn und Tochter und sein Hirte brachten ihnen nach Einbruch der Dunkelheit Nahrung und die Nachrichten. Einmal kam ein Suchtrupp ihrem Versteck so nahe, dass sie ihre Worte hören konnten. Abu Bakr bekam Angst und sagte: "O Gesandter Gottes, wenn einer von ihnen zu ihren Füßen hinabblickte, würde er uns sehen!" Der Prophet antwortete: .
“Was denkst du von zwei Menschen, wenn Gott der Dritte ist? Sei nicht beunruhigt, denn Gott ist wirklich mit uns. ” (Sahieh Al-Bukhari)
Als der Suchtrupp weitergezogen war, ohne ihre Anwesenheit zu bemerken, ließ Abu Bakr bei Nacht die Reitkamele und den Führer zu der Höhle bringen und sie begannen den langen Ritt nach Yathrib.
Nachdem sie viele Tage durch unwegsames Gelände geritten waren, erreichten die Fliehenden die Umgebung von Yathrib, die Qubaa genannt wird, wo die Menschen seitdem sie vor Wochen gehört hatten, dass der Prophet Mekka verlassen hatte, jeden Morgen von den Hügeln aus Ausschau nach dem Propheten hielten, bis die Hitze sie dazu zwang, den Schatten aufzusuchen. Die Reisenden kamen in der Hitze des Tages dort an, nachdem die Wächter sich zurückgezogen hatten. Ein Jude, der wieder auf dem Posten war, sah ihn sich nähern und rief den Muslimen zu, dass der, den sie erwarteten, schließlich angekommen sei, und die Muslime brachen zu den Hügeln vor Qubaa auf, um ihn zu begrüßen.
Der Prophet blieb für einige Tage in Qubaa und baute dort die erste Moschee des Islam. In dieser Zeit kam auch Ali dort an, der Mekka drei Tage nach dem Propheten zu Fuß verlassen hatte. Der Prophet, seine Gefährten aus Mekka und die "Helfer" von Qubaa begleiteten ihn nach Medina, wo seine Ankunft besorgt erwartet wurde.
Die Bewohner Medinas haben in ihrer Geschichte nie einen strahlenderen Tag gesehen. Anas, ein enger Gefährte des Propheten, sagte: .
"Ich war an dem Tag anwesend, als er nach Medina kam, und ich habe nie einen besseren oder strahlenderen Tag gesehen, als den Tag an dem er zu uns nach Medina kam; und ich war an dem Tag anwesend, als er starb und ich habe nie einen schlimmeren oder dunkleren Tag gesehen, als den Tag an dem er starb.” (Ahmed)
Jedes Haus in Medina wünschte, dass der Prophet bei ihnen bleiben sollte, und manche versuchten, sein Kamel zu ihnen nach Hause zu führen. Der Prophet hielt sie aber davon ab und sagte:.
“Lasst sie, denn sie ist unter (göttlichem) Befehl.”
Es ging an vielen Häusern vorüber, bis sie an dem Land von Banu Najjaar anhielt und niederkniete. Der Prophet stieg nicht ab, bevor das Kamel sich nochmals erhoben hatte, ein wenig gegangen war, dann umkehrte und sich an demselben Platz wieder niederließ. Daraufhin stieg der Prophet herab. Er war mit seiner Wahl zufrieden, den Banu Najjaar waren seine Onkel mütterlicherseits, und er wünschte auch, sie zu beehren. Als verschiedene Mitglieder der Familie ihn in ihre Häuser baten, trat ein gewisser Abu Ayyub vor zu seinem Sattel und trug ihn in sein Haus. Der Prophet sagte:.
“Ein Mann geht mit seinem Sattel.” (Sahieh Al-Bukhari, Sahieh Muslim)
Die erste Aufgabe, die er in Medina erfüllte, war eine Moschee zu bauen. Der Prophet , Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, schickte nach zwei Jungen, denen der Dattelhain gehörte und bat sie, den Preis für das Stück Land zu nennen. Sie antworteten: "Nein, aber wir können ihn dir zum Geschenk machen, o Prophet (Gottes Segen und Frieden seien auf ihm) Gottes." Der Prophet (Gottes Segen und Frieden seien auf ihm) aber lehnte ihr Angebot ab, zahlte ihnen den Preis und erbaute dort eine Moschee, er selbst nahm an ihrer Errichtung teil. Beim Arbeiten wurde gehört, wie er sagte:.
“O Gott! Es gibt nichts Gutes, außer das Jenseits, also bitte vergib den Helfern und den Auswanderern.” (Sahieh Al-Blucher)
Die Moschee diente den Muslimen als Ort der Gottesanbetung. Das Gebet, das zuvor individuell im Geheimen verrichtet worden war, wurde nun zu einer öffentlichen Angelegenheit, eine die eine muslimische Gesellschaft zusammenbringt. Die Epoche in der die Muslime und der Islam untergeordnet und unterdrückt waren, war vorüber, jetzt wurde der Adhan, der Ruf zum Gebet, laut verkündet, hallend und durch die Mauern eines jeden Hauses dringend, rufend und die Muslime daran erinnernd, ihre Verpflichtung ihrem Schöpfer gegenüber zu erfüllen. Die Moschee war ein Symbol der islamischen Gesellschaft. Sie war ein Ort des Gottesdienstes, eine Schule, wo die Muslime über die Wahrheiten der Religion lernten, ein Versammlungsort, an dem die Differenzen verschiedener Streitparteien gelöst wurden und ein Verwaltungshaus, von dem aus alle Angelegenheiten, die die Gesellschaft betreffen, geregelt wurden, ein wahres Beispiel, wie der Islam alle Aspekte des Lebens in der Religion vereint. Alle diese Aufgaben wurden an einem Patz gelöst, der aus den Stämmen von Dattelpalmen erbaut und von ihren Blättern überdacht wurde.
Als die erste und wichtigste Aufgabe erfüllt war, machte er auf beiden Seiten der Moschee Häuser für seine Familie aus demselben Material. Die Moschee des Propheten und das Haus stehen auch noch heute in Medina an genau demselben Ort.
Die Hijrah war vollbracht. Es war der 23. September 622 und die islamische Zeitrechnung, der muslimische Kalender, beginnt an dem Tag, an dem dieses Ereignis stattfand. Und von diesem Tag an hatte Yathrib einen neuen Namen, einen ehrenvollen Namen: Medinat-un-Nabi, die Stadt des Propheten, kurz Medina.
Das war die Hijrah, die Auswanderung von Mekka nach Yathrib. Die dreizehn Jahre der Demütigung, der Verfolgung, des begrenzten Erfolgs und der unerfüllten Prophezeihung waren vorbei.
Die zehn Jahre des Erfolgs, die erfülltesten, die jemals die Mühen eines Mannes gekrönt haben, hatten begonnen. Die Hijrah zieht eine klare Trennungslinie in der Geschichte von der Botschaft des Propheten, wie durch den Qur´an bewiesen wird. Bis dahin war er nur ein Prediger gewesen. Von nun an war er der Führer eines Staates, zuerst eines sehr Kleinen, aber er wuchs innerhalb der zehn Jahre zum arabischen Reich an. Die Art der Führung, die er und sein Volk jetzt nach der Hijrah benötigten, war nicht mehr dieselbe, die sie zuvor benötigt hatten. Daher unterscheiden sich die Kapitel Medinas von denen Mekkas. Die letzteren gaben der Seele des Einzelnen und dem Propheten als Warner die Rechtleitung; die früheren geben einer heranwachsenden sozialen und politischen Gemeinschaft Anleitung und dem Propheten als Vorbild, Gesetzgeber und Erneuerer.