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TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 52


Und Er sagt:


(Sag zu denjenigen, die glauben, sie sollen denjenigen vergeben,


die nicht Allahs Tage erhoffen, auf dass Er einem (jeden) Volk


das vergelte, was sie erworben haben.) (Qur`an 45:14)


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-


Muslimen gehört auch, sie in schönster Weise einzuladen, ihnen


Hoffnung zu geben und sie daran zu erinnern, dass Allah ihre Sünden


vergibt, sowie sie nicht an Seiner Barmherzigkeit und Vergebung


verzweifeln zu lassen. So sagt Allah, der Hocherhabene:


(Sag zu denen, die ungläubig sind: Wenn sie aufhören, wird


ihnen vergeben, was bereits vergangen ist. Wenn sie aber (dazu)


zurückkehren, – so hat sich schon die Gesetzmäßigkeit an den


Früheren vollzogen.) (Qur`an 8:38)


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den


Nicht-Muslimen gehört auch, dass er dazu angehalten hat, für alle


Menschen das Gute zu wollen und machte es zu einer Eigenschaft


des Glaubens, weil es eine Religion des Friedens und der Liebe


ist. So sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm


Wohlergehen schenken):


„O Abu Huraira, sei fromm, dann gehörst du zu den besten


Dienern! Sei genügsam, dann gehörst du den dankbarsten


Menschen! Wünsche den Menschen das, was du dir selbst


wünschst, dann bist du gläubig! Sei gut zu deinen Nächsten,


dann bist du ein Muslim! Und lache nicht viel, denn das viele


Lachen tötet das Herz!“


DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM IM BEREICH


DER RELIGIÖSEN ANBETUNGSHANDLUNGEN (‘IBADA)


Alle religiösen Anbetungshandlungen im Islam, die Pflichten und


die freiwilligen Taten, stützen sich auf das Prinzip der Toleranz und


Nachsicht und der Einfachheit. Damit hat Allah die Religion des


Islam ausgestattet, damit jeder Muslim, in jeder Lebenssituation, mit


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seiner Kraft und Fähigkeit entsprechend die religiösen Verrichtungen


genießen kann. Umgekehrt wird der Muslim dem Genuss, seinen Gott


anzurufen und damit dem Gefühl der Geborgenheit, des Vertrauens, der


Gemütsruhe, der Erleichterung, der Glückseligkeit und der seelischen


Freude nicht beraubt. So sagt Allah, der Hocherhabene:


((Es sind) diejenigen, die glauben und deren Herzen im Gedenken


Allahs Ruhe finden. Sicherlich, im Gedenken Allahs finden die


Herzen Ruhe!) (Qur`an 13:28)


So gibt es im Islam keine Auferlegung, die über der Fähigkeit des


Menschen liegt. Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm


Wohlergehen schenken) sagte:


„Ihr sollt das tun, was ihr zu leisten vermögt, denn Allah wird nie genug


davon haben, euch für eure Taten zu belohnen, bis ihr genug habt. “


So gehört es auch zur Toleranz und Nachsicht des Islam und zu seiner


Einfachheit, dass seine Befehle und die vorgeschriebenen religiösen


Anbetungshandlungen der Fitra und den menschlichen Fähigkeiten


entsprechend sind, ohne Auferlegung von Dingen, die nicht zu leisten


möglich sind oder die gegen die menschliche Fitra sind. Der Islam verbietet


es und sieht es nicht gern, wenn der Muslim sich übermäßig belastet, auch


wenn es um religiöse Anbetungshandlungen geht. So berichtet Anas (möge


Allah Wohlgefallen an ihm haben) dass der Prophet (möge Allah ihn in


Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) einen alten Mann sah, der


sich auf seine beiden Söhne stützte. Da fragte der Prophet:


„Was ist mit ihm? Sie sagten: „Er hat geschworen zu Fuß zu gehen.“


Da sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm


Wohlergehen schenken): „Allah ist diesem, der sich selbst quält,


unbedürftig.“ Dann befahl er ihm, auf ein Reittier zu steigen. (Buchari)


Auch gehört es zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der


religiösen Anbetungshandlungen, dass Allah, der Hocherhabene, dem


Muslim die Belohnung für die guten Taten, die er zu tun pflegte, als er


gesund und ansässig war, gutschreibt, wenn dieser wegen Krankheit,


einer Reise o.ä. daran verhindert ist. Der Islam zählt zur Toleranz und


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Nachsicht im Bereich der ‘Ibada auch die (Sondergenehmigungen),


die der Muslim in Anspruch nehmen soll, um dafür die Belohnung zu


bekommen, gemäß dem Ausspruch des Propheten (möge Allah ihn in


Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken), in dem er sagte:


„Allah liebt es, wenn Seine Sondergenehmigungen in Anspruch


genommen werden, so wie Er es liebt, dass Seine Befehlen


ausgeführt werden.“


So gehört es auch zur Toleranz und Nachsicht des Islam, dass einige


religiöse Anbetungshandlungen in bestimmten Fällen gemindert werden


oder gar entfallen.


DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM IM BEREICH


DER RITUELLEN REINIGUNG:


Die rituelle Reinigung ist im Islam eine wichtige Voraussetzung für


die Richtigkeit vieler religiöser Anbetungshandlungen. Wenn man


bedenkt, dass der Muslim Wasser für die rituelle Gebetswaschung zur


Verrichtung der fünf Pflichtgebete am Tag und in der Nacht braucht,


sowie für weitere freiwillige Gebete (Nafila), die Waschung von der


Verunreinigung und dass die Waschung für viele religiöse Ereignisse


unerlässlich ist, wie etwa für das (wöchentliche) Freitagsgebet und die


beiden Festgebete, so würde die Strenge in der Waschung dazu führen,


dass man in Bedrängnis gerät und somit keine Lust mehr auf das Gebet


hat, geschweige denn auf die Waschung.


Daher sollen im Folgenden einige Beispiele für die Toleranz und Nachsicht


des Islam im Bereich der rituellen Reinigung aufgeführt werden:


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der rituellen


Reinigung gehört es, dass das Wasser grundsätzlich rein ist, solange


seine Farbe, sein Geruch oder sein Geschmack sich nicht geändert


haben, damit der Muslim nicht in Bedrängnis gerät. So sagte der Prophet


(möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):


„Das Wasser wird durch nichts unrein, es sei denn es verändert


seinen Geruch, Geschmack oder seine Farbe.“


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Es gehört auch zur Toleranz und zur Nachsicht des Islam im Bereich


der rituellen Reinigung, dass er sogar den Speichel von reinen


Tieren als rein betrachtet und auch wenn das Trinkwasser damit in


Berührung gekommen ist, man es noch zum Trinken und Reinigen


benutzen kann. So berichtet Kabscha bint Ka’b ibn Malik, die unter


(i.S.v. Dienerin) abu Qatada war, dass abu Qatada nach Hause kam,


und sie brachte ihm Wasser, damit er die Gebetswaschung vornimmt.


Als dann eine Katze kam, stellte er ihr das Wasser hin und bemerkte,


dass ich ihm zusah. Er fragte mich: „Wunderst du dich?“ Ich sagte:


„Ja.“ Er sagte: „Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm


Wohlergehen schenken) sagte: „Sie sind nicht unrein. Sie gehören


zu denen, die unter euch weilen.“ (al-Mustadrak ‘ala as-Sahihain)


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam gehört auch, dass, wenn kein


Wasser vorhanden ist oder wenn man nicht in der Lage ist, Wasser


zu benutzen aufgrund von Krankheit, sonstiger Verhinderung,


Bedrängnis oder wenn man aufgrund extremer Kälte Angst hat,


krank zu werden oder wenn das Wasser nur zum Trinken reicht


oder andere ähnliche Gründe, so ist die Ersatzabreibung mit Erde


erlaubt, als Ersatz für das Wasser und Erleichterung von Allah,


dem Hocherhabenen, sowie zur Vereinfachung. So sagt Allah, der


Hocherhabene: (Und wenn ihr krank seid oder auf einer Reise


oder jemand von euch vom Abort kommt oder ihr Frauen


berührt habt und dann kein Wasser findet, so wendet euch dem


guten Erdboden zu und streicht euch damit über das Gesicht und


die Hände. Allah will euch keine Bedrängnis auferlegen, sondern


Er will euch reinigen und Seine Gunst an euch vollenden, auf


dass ihr dankbar sein möget.) (Qur`an 5:6)


Auch zählt zur Toleranz und Nachsicht des Islam, dass es unter


bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, über die Socken und über


die Kopfbedeckung zu streichen, ohne diese auszuziehen, damit der


Muslim nicht in Bedrängnis gerät und keine gesundheitsschädlichen


Folgen, etwa aufgrund von Kälte, davonträgt.


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So berichtet Ja’far ibn ‘Amr ibn Umayya adh-Dhumari von seinem


Vater, der sagte:


„Ich sah den Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und


ihm Wohlergehen schenken), als er die Gebetswaschung vollzog,


und er über seine Socken bzw. Fußbedeckung und über seine


Kopfbedeckung strich.“ (Sahih ibn Chuzaima)


Der Islam ist dagegen, wenn man es den Menschen erschwert und


nicht erleichtert. So sagte Jabir:


„Wir waren einmal auf einer Reise, da hat sich ein Mann durch


einen Stein den Kopf verletzt. Als er seine rituelle Reinheit


verlor, fragte er die Gefährten des Propheten: „Steht mir eine


Sondergenehmigung zu?“ Sie sagten: „Wir sehen keinen Anlass


zur Sondergenehmigung, weil du in der Lage bist, das Wasser


zu benutzen.“ So wusch er sich mit dem Wasser und starb (weil


Wasser in die Kopfwunde eingedrungen war). Als wir dann zum


Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen


schenken) gingen, wurde er darüber informiert. Da sagte er:


„Sie haben ihn umgebracht, möge Allah sie umbringen. Hätten


sie denn nicht fragen können, wenn sie es doch nicht (genau)


wussten? Wenn jemand etwas nicht weiß, so soll er fragen. Es


hätte gereicht, wenn er die Ersatzabreibung gemacht und einen


Verband um seine Wunde gebunden hätte. Anschließend hätte


er darüber (mit nasser Hand) streichen und den Rest seines


Körpers waschen können.“


Auch gehört es zur Toleranz und Nachsicht des Islam, dass der Boden


grundsätzlich rein ist, damit der Muslim seine religiösen Verrichtungen


überall verrichten kann - außer auf Friedhöfen oder im Badezimmer


bzw. auf der Toilette - solange keine klare und deutliche Unreinheit zu


sehen ist. So ist das Gebet nicht von einem bestimmten Ort abhängig,


wie etwa in einer Synagoge oder in einer Kirche, damit der Muslim


beim Gebet nicht in Bedrängnis gerät. So sagte der Prophet (möge


Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):


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„Mir wurden fünf Dinge gegeben, die keinem vor mir gegeben


wurden. Jeder Prophet wurde nur zu seinem Volk entsandt,


und ich wurde zu allen Menschen entsandt. Mir wurde die


(Kriegsbeute) erlaubt. Sie wurde niemandem vor mir erlaubt. Mir


wurde die Erde rein und als Gebetsstätte gemacht. Wenn jemand


die Gebetszeit erreicht, der bete da, wo er ist; und mir wurde


durch Schrecken auf einer Entfernung von einem Monatsmarsch


zum Sieg verholfen; und mir wurde die Fürsprache gegeben.“


Auch gehört es zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der


rituellen Reinigung, dass wenn sich eine Unreinheit bzw. Schmutz auf


dem Boden befindet, man dies ohne Weiteres beseitigen kann. Das


wird aus der Geschichte des Beduinen sichtbar, der in der Moschee


urinierte. Als die Leute ihn davon abhalten wollten, sagte der Prophet


(möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):


„Lasst ihn in Ruhe und gießt danach Wasser über seinen Urin,


denn ihr sollt erleichtern und nicht erschweren.“


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam gehört auch, dass die


Ausscheidungen von Tieren, dessen Fleisch man isst, rein ist,


solange es kein ausgeflossenes Blut ist, sodass die Kleidung und der


Ort davon nicht unrein werden, außer die Sitzplätze der Kamele. So


berichtet Jabir ibn Samura, dass ein Mann den Propheten (möge


Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) fragte:


„Soll ich die Gebetswaschung verrichten, wenn ich Schaffleisch


gegessen habe?“ Er antwortete: „Wenn du möchtest, kannst du


die Gebetswaschung vornehmen, und wenn du nicht möchtest,


brauchst du die Gebetswaschung nicht vorzunehmen.“ Er


fragte weiter: „Und wenn ich Kamelfleisch gegessen habe?“ Er


sagte: „Ja, vollziehe die Gebetswaschung, wenn du Kamelfleisch


gegessen hast!“ Er fragte: „Darf ich an den Plätzen der Schafe


beten?“ Er sagte: „Ja.“ Er fragte: „An den Sitzplätzen der


Kamele?“ Er sagte: „Nein.“


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DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM IM BEREICH


DES GEBETS:


Das Gebet wurde unter anderem auferlegt, weil es eine Verbindung


zwischen dem Menschen und seinem Herrn darstellt, die dem Muslim


ermöglicht, mit Allah alleine zu sein, um Ihn anzuflehen und anzurufen.


Wenn der Muslim in weltliche Belange vertieft ist und das Licht des


Glaubens (Iman) immer schwächer wird, ruft der Muezzin (Gebetsrufer)


zum Gebet, damit das Licht im Herzen wieder stark wird und die


Verbindung zwischen ihm und seinem Schöpfer zu jeder Zeit aufrecht


erhalten bleibt. Das Gebet findet fünfmal am Tag statt; der Muslim


verrichtet es in der Gemeinschaft, außer wenn er entschuldigt ist. So


lernen sich die Muslime kennen und der Kontakt, die Liebe und die


Harmonie werden gestärkt. Zudem fragen sie einander nach dem


Wohlbefinden. Dadurch wird auch jeglicher Konflikt beseitigt. Denn die


Muslime stehen im Gebet Seite an Seite. Große und Kleine, Reiche und


Arme, allesamt gleich vor Allah, in ihren Gebeten, richten sich nach


Makkah (Gebetsrichtung) und verrichten dieselben Bewegungen. Das


Gebet ist nach dem Glaubensbekenntnis die unverzichtbarste Säule


des Islam. So berichtet Anas ibn Malik (möge Allah Wohlgefallen an


ihm haben), dass der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm


Wohlergehen schenken) gesagt hat:


„Das erste, worüber der Mensch zur Rechenschaft gezogen wird, ist


das Gebet, wenn es gültig ist, sind alle restlichen Taten auch gültig,


und wenn es nichtig ist, so sind alle restlichen Taten nichtig.“


An der Tatsache, dass das Gebet sich fünfmal am Tag und in der


Nacht wiederholt, ist die Toleranz und Nachsicht und Einfachheit darin


deutlich, damit der Muslim es mit Zufriedenheit und ohne Bedrängnis


oder Erschwernis zu fühlen verrichtet. Es folgen einige Beispiele für die


Toleranz, die Nachsicht und die Einfachheit im Pflichtgebet:


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich des Gebets gehört,


dass der Muslim es seiner Fähigkeit entsprechend verrichtet. So


gehört etwa das Stehen zu den Pflichten bzw. Voraussetzungen des


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Gebets. Ist man aber nicht in der Lage zu stehen, verrichtet man es


sitzend. Ist man nicht in der Lage zu sitzen, verrichtet man es liegend


und wenn man auch dazu nicht in der Lage ist, verrichtet man es


durch Andeutungen bzw. Gestik. Der Prophet (möge Allah ihn in


Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte:


„Der Kranke verrichtet das Gebet stehend, wenn er kann. Wenn


er dies nicht kann, dann betet er sitzend, auf seiner rechten Seite


in Richtung Makkah. Wenn er dies auch nicht kann, betet er


liegend, mit den Beinen Richtung Makkah.“


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam gehört auch, dass es


verschiedene Verrichtungsformen des Gebets gibt, je nach Situation


und Sicherheit bzw. in Angstsituationen. So sagt Allah, der


Hocherhabene:


(Haltet die Gebete ein, und (besonders) das mittlere Gebet, und


steht demütig ergeben vor Allah. Wenn ihr in Furcht seid, dann


(verrichtet das Gebet) zu Fuß oder im Reiten.) (Qur`an 2:238-239)


Auch gehört zur Toleranz und Nachsicht des Islam, die die


Verkürzung der Gebete auf Reisen gestattet (das Verkürzen der


Gebete mit vier Rak’a zu zwei Rak’a und das Zusammenlegen von


zwei Gebeten, sowie das Voranstellen oder Nachstellen eines Gebets,


etwa das ´Asrgebet mit dem Dhuhrgebet zur Zeit des Dhuhrgebets


zu beten und damit das ´Asrgebet voranstellen oder das Dhuhrgebet


mit dem ´Asrgebet zur Zeit des ´Asrgebets beten und damit das


Dhuhrgebet nachstellen), je nachdem, was sich als leichter bzw.


praktischer erweist. So berichtet Ya’la ibn Umayya: „Ich sagte zu


‘Umar ibn al-Khattab:


(So ist es keine Sünde für euch, das Gebet abzukürzen, wenn


ihr befürchtet, diejenigen, die ungläubig sind, könnten euch


überfallen) (Qur`an 4:101) die Leute sind doch in Sicherheit.“ Da


sagte Umar: „Ich wunderte mich ebenfalls, so wie du dich gewundert


hast, und ich fragte den Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten


und ihm Wohlergehen schenken) und er sagte:


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„Es ist eine Sadaqa (Almosen), die euch Allah zukommen ließ, so


nehmt sie an.“


Auch gehört zur Toleranz und Nachsicht im Islam in diesem Bereich,


dass es dem Kranken und dem Beschäftigten, auch wenn er nicht auf


der Reise ist, sowie bei starker Kälte und Regen erlaubt ist, zwei


Gebete zusammenzulegen. So berichtet ibn ‘Abbas, dass der Prophet


(möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken)


das Dhuhr und das ´Asrgebet zusammengelegt hat, ohne in einer


Angstsituation oder auf Reisen zu sein. Da sagte abu az-Zubair:


„Ich fragte Sa’id, wieso der Prophet das getan habe? Er sagte: „Ich


fragte ibn ‘Abbas, wieso er das getan hat?“ Er sagte: „Er wollte


niemanden aus seiner Umma in Bedrängnis bringen.“ (Muslim)


Ebenfalls zählt zur Toleranz und Nachsicht im Islam, dass die


Zeiten der Gebete sich auf Zeiträume erstrecken, sodass es keine


Bedrängnis oder Einengung für den Muslim darstellt. So berichtet


Jabir ibn Abdullah, dass Jibril, als die Mittagssonne sich zu neigen


begann, zum Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm


Wohlergehen schenken) kam und sagte:


„O Muhammad, steh auf und verrichte das Dhuhrgebet.“ Dann


kam Jibril nach einer Weile als der Schatten genau so lang wie


der tatsächliche Körper war und sagte: „Steh auf und verrichte


das ´Asrgebet.“ Dann kam er wieder, als die Sonne unterging


und sagte: „Steh auf und verrichte das Maghribgebet.“ Dann


blieb er weg, bis die Abendröte verschwand und sagte: „Steh


auf und verrichte das ´Ischagebet.“ Sodann kam er zu ihm bei


der Morgendämmerung vor Sonnenaufgang und sagte: „Steh


auf und verrichte das Subhgebet.“ Am nächsten Tag kam er, als


der Schatten genauso lang war wie der tatsächliche Körper und


sagte: „Steh auf und verrichte das Dhuhrgebet.“ Dann kam er,


als der Schatten doppelt so lang war wie der Körper und sagte:


„Steh auf und verrichte das ´Asrgebet.“ Dann erschien er, als


die Sonne unterging zur selben Zeit wie am Tag davor und


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sagte: „Steh auf und verrichte das Maghribgebet.“ Dann kam


er, als das erste Drittel der Nacht verstrich und sagte: „Steh auf


und verrichte das ´Ischagebet.“ Schließlich kam er kurz vor


dem Sonnenaufgang und sagte: „Steh auf und verrichte das


Subhgebet.“ Sodann sagte er: „Zwischen beiden ist Zeit für das


jeweilige Gebet.“ (an-Nasa‘i)


Desweiteren zählt zur Nachsicht und Toleranz des Islam, dass der


Muslim, wenn er aus Vergesslichkeit mehr oder weniger gebetet hat,


das Gebet nicht zu wiederholen braucht, sondern er macht Sujud assahw


(Vergesslichkeitsniederwerfung), damit es einfacher und leichter


ist und ein Trotzen gegen den Teufel. So berichtet abu Sa’id al-Khudri


(möge Allah Wohlgefallen an ihm haben), dass der Prophet (möge


Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte:


„Wenn jemand im Zweifel ist über sein Gebet und nicht weiß,


ob er drei oder vier Rak’a verrichtet hat, so soll er den Zweifel


beiseite legen und von dem ausgehen, worüber er sich sicher ist,


und vor dem Friedensgruß zwei Sujud as-sahw verrichten. Wenn


er fünf Rak’a gebetet hat, dann sind sie (die zwei Sujud as-sahw)


eine Fürsprache für ihn, und wenn er vier Rak’a verrichtet hat,


dann sind sie ein Trotzen gegen den Teufel.“


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam im Bereich des Gebets gehört es


auch, dass wenn der Muslim nicht weiß, wo Makkah liegt und keine


Möglichkeit hat, die Richtung herauszufinden, sich bemühen soll, etwa


anhand der Sonne und ihrem Stand, die Richtung nach Makkah herausfinden


(ansonsten betet er einfach). So sagt Allah, der Hocherhabene:


(Allah gehört der Osten und der Westen; wohin ihr euch auch


immer wendet, dort ist Allahs Angesicht. Allah ist Allumfassend


und Allwissend.) (Qur`an 2:115)


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam im Bereich des Gebets


gehört es auch, dass es dem Vorbeter beim Gemeinschaftsgebet


verboten ist, das Gebet in die Länge zu ziehen. So berichtet abu


Huraira, dass der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm


TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 62


Wohlergehen schenken) gesagt hat:


„Wenn jemand von euch das Gebet leitet, so soll er das Gebet


kurz halten, denn unter den Betenden ist der Schwache, der


Kranke und der Alte. Wenn man aber alleine betet, dann kann


man so lange beten wie man möchte.“ (Buchari)


DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM IM BEREICH


DER SOZIALEN PFLICHTABGABE (ZAKAT):


Zu den Gründen, weshalb die Zakat auferlegt wurde, gehört, dass sie


vorgeschrieben wurde, damit die Armut aus der islamischen Gesellschaft


beseitigt und den möglicherweise daraus resultierenden Gefahren, wie


etwa Diebstahl, Tötung oder Überfällen, vorgebeugt wird. Es soll durch


die Deckung der Bedürfnisse der Bedürftigen und der Armen auch das


Bewusstsein zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung zwischen den


Muslimen entwickelt werden, damit die Demütigung zu betteln von


ihnen genommen wird. Es folgen einige Seiten der Toleranz, Nachsicht


und Erleichterung bezüglich der Zakat:


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam in diesem Bereich gehört,


dass die Zakat nicht aus dem wertvollen und kostbaren Vermögen


genommen wird, sondern aus dem ‚normalen‘ Vermögen. So


berichtet ibn ‘Abbas (möge Allah Wohlgefallen an ihm haben), dass


der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen


schenken) zu Mu’ath ibn Jabal (möge Allah Wohlgefallen an ihm


haben), als er ihn zum Jemen entsandte, gesagt hat:


„Du wirst Leuten der Schrift (Ahl al-Kitab) begegnen, so soll


das erste sein, wozu du sie aufrufst, Allah einzig und allein


anzubeten. Wenn sie das anerkennen, teile ihnen sodann


mit, dass Allah das Gebet fünfmal am Tag und in der Nacht


auferlegt hat. Wenn sie das Gebet verrichten, teile ihnen


mit, dass Allah die Zakat auferlegt hat, die von den Reichen


genommen wird und den Armen zukommt. Wenn sie damit


einverstanden sind, dann nimm von ihnen und meide das


kostbare und wertvolle Vermögen.“ (Buchari)


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Auch gehört zur Toleranz und Nachsicht in diesem Bereich, dass der


Pflichtanteil des Vermögens, der als Zakat entrichtet werden soll, sehr


gering ist im Vergleich zu dem Vermögen, von dem sie genommen


wird. Auch ist nur aus dem Geld Zakat zu nehmen, das ein Jahr lang


ungenutzt angespart wurde. So sagte der Prophet (möge Allah ihn


in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken): „Es ist dir nichts


auferlegt, meint das Gold, bis du 20 Dinar hast. Wenn du 20 Dinar


hast und über ein ganzes Jahr vergangen ist, dann musst du einen


halben Dinar als Zakat entrichten. Wenn es mehr sind, dann wird


es dementsprechend berechnet. Und es ist keine Zakat für Geld


vorgeschrieben, das nicht ein ganzes Jahr verweilt hat.“ (Ahmad)


Auch gehört zur Toleranz und Nachsicht, dass bei Ackerbau und


Bepflanzungen, für die Bestimmung der Zakat die Art und Weise des


Anbaus berücksichtigt wird. So hat man ein Zehntel für den Ertrag


von Pflanzen, die ohne Zutun und nur mit Regenwasser bewässert


wurden, und ein Fünftel für den Ertrag von Pflanzen, die durch


eigenhändige oder maschinelle Bewässerung bewässert wurden,


abzugeben. So sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten


und ihm Wohlergehen schenken):


„Aus dem, was der Himmel und die Wasserquellen bewässert


haben, gilt ein Zehntel. Und was durch Zutun bewässert wurde,


ein Fünftel.“


Zur Toleranz und Nachsicht im Bereich der Zakat gehört es auch,


dass die Zakatpflicht entfällt, wenn man nicht in der Lage ist,


diese zu entrichten und Verbindlichkeiten und Verpflichtungen


nachzukommen hat, wie etwa Schulden u.ä. So sagte der Prophet


(möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):


„Die Sadaqa (Zakat) ist vom Wohlhabenden zu entrichten.“ (Ahmad)


Der Islam hat diesem Schuldner sogar das Recht gegeben, von der


Zakat zu nehmen, weil er ebenfalls bedürftig ist. So sagt Allah, der


Hocherhabene:


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(Die Almosen sind nur für die Armen, die Bedürftigen, diejenigen, die


damit beschäftigt sind, diejenigen, deren Herzen vertraut gemacht


werden sollen, (den Loskauf von) Sklaven, die Verschuldeten, auf


Allahs Weg und (für) den Sohn des Weges, als Verpflichtung von


Allah. Allah ist Allwissend und Allweise.) (Qur`an 9:60)


Auch gehört zur Toleranz und Nachsicht im Islam, im Bereich der


Zakat, dass der Gebende einen Gewinn von der Entrichtung der Zakat


hat und keinen Verlust. Das lässt auch den Muslim wohlwollend zum


Ausgeben der Zakat eilen. So sagt Allah, der Hocherhabene:


(Nimm von ihrem Besitz ein Almosen, mit dem du sie rein machst


und läuterst, und bete für sie, denn dein Gebet ist für sie eine


Beruhigung! Allah ist Allhörend und Allwissend.) (Qur`an 9:103)


DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM BEIM FASTEN:


Das Fasten wurde unter anderem vorgeschrieben, damit der Muslim


das Leiden seiner bedürftigen Geschwister von den Armen mitfühlt


und verspürt, damit er ihre Rechte erfüllt, sich nach ihnen erkundigt,


ihre Bedürfnisse deckt, gütig und fürsorglich mit ihnen ist und ihnen


Gutes tut. Das Fasten ist auch ein Kampf des Menschen, zwischen sich


und seinen Wünschen und Begierden, um so den Rang seiner Seele zu


erhöhen und um sich von schlechten Worten und den schlechten Taten


fernzuhalten. Im Folgenden werden einige Facetten der Toleranz und


der Nachsicht des Islam beim Fasten vorgestellt:


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam gehört, dass er das Fasten


nur einen Monat im Jahr vorgeschrieben hat, nämlich im Monat


Ramadan. So sagt Allah, der Hocherhabene:


(Der Monat Ramadan (ist es), in dem der Qur‘an als Rechtleitung


für die Menschen herab gesandt worden ist und als klare Beweise der


Rechtleitung und der Unterscheidung. Wer also von euch während


dieses Monats anwesend ist, der soll ihn fasten.) (Qur`an 2:185)


Auch gehört zur Toleranz und Nachsicht, dass er das Fasten an bestimmten


Zeiten festgemacht hat, damit der Muslim nicht in Bedrängnis gerät, im


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Hinblick auf Beginn und Ende. So darf weder mehr, noch weniger gefastet


werden und begonnen wird vom Fajr bis zum Sonnenuntergang. So sagt


Allah, der Hocherhabene: (Erlaubt ist euch, in der Nacht des Fastens


mit euren Frauen Beischlaf auszuüben; sie sind euch ein Kleid, und ihr


seid ihnen ein Kleid. Allah weiß, dass ihr euch selbst (immer wieder)


betrogt, und da hat Er eure Reue angenommen und euch verziehen.


Von jetzt an verkehrt mit ihnen und trachtet nach dem, was Allah für


euch bestimmt hat, und esst und trinkt, bis sich für euch der weiße


vom schwarzen Faden der Morgendämmerung klar unterscheidet!


Hierauf vollzieht das Fasten bis zur Nacht.) (Qur`an 2:187)


Es gehört auch zur Toleranz und Nachsicht beim Fasten, dass es


nicht erlaubt ist, ohne Fastenbrechen das Fasten fortzusetzen, weil


darin große Erschwernis und Bedrängnis für den Muslim liegt. Man


hat sich an das Vorgeschriebene zu halten. So sagte der Prophet


(möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):


„Man darf nicht ohne sein Fasten zu brechen weiter fasten.“ (ibn Hibban)


Zur Toleranz und Nachsicht beim Fasten zählt auch, dass Er dafür


einen großartigen Lohn, ohne Grenzen, versprochen hat, angesichts


der Tatsache, dass es eine leichte Verrichtung ist. So sagte der Prophet


(möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):


„Allah, der Hocherhabene, sagt: „Jede Handlung des Sohnes von


Adam gehört ihm selbst, außer dem Fasten. Es ist Mein, und Ich


werde ihn dafür entlohnen. Das Fasten ist ein Schutz. Wenn einer


von euch fastet, soll er weder obszön, noch zu laut sprechen, und


wenn ihn jemand beleidigt oder herausfordert, dann soll er sagen:


‚Ich faste.’ Bei Dem, in Dessen Hand die Seele von Muhammad


ist, der Atem desjenigen, der fastet, ist bei Allah angenehmer als


der Duft von Moschus. Der Fastende hat zwei Freuden: Wenn


er sein Fasten bricht, erholt er sich, und wenn er seinem Herren


gegenübersteht, hat er Freude an seinem Fasten.“ (Buchari)


Es zählt ebenfalls zur Toleranz und Nachsicht in diesem Bereich, dass


es für den Kranken und den Reisenden erlaubt ist, zu essen und nicht


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zu fasten, wenn darin eine Schwere oder Härte empfunden wird, und


dies später nachzuholen. So sagt Allah, der Hocherhabene: (Wer also


von euch während dieses Monats anwesend ist, der soll ihn fasten,


wer jedoch krank ist oder sich auf einer Reise befindet, (der soll)


eine (gleiche) Anzahl von anderen Tagen (fasten). Allah will für euch


Erleichterung; Er will für euch nicht Erschwernis, – damit ihr die


Anzahl vollendet und Allah als den Größten preist, dafür, dass Er


euch rechtgeleitet hat, auf dass ihr dankbar sein möget.) (Qur`an 2:185)


Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen


schenken) hat es verboten, dass man sich überlastet, auch wenn es im


Bereich der religiösen Anbetungshandlungen sei. Jabir ibn Abdullah


(möge Allah Wohlgefallen an ihm haben) sagte: „Der Prophet (möge


Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) war auf


einer Reise, da sah er einen Mann, der in Ohnmacht gefallen ist und


um den sich viele Menschen versammelt haben. Da fragte er:


„Was ist mit ihm?“ Sie sagten: „Der Mann fastet.“ Da sagte der


Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und


ihm Wohlergehen schenken): „Es gehört nicht zur Frömmigkeit


und Güte, auf Reisen zu fasten.“ Bei Muslim heißt es: „Nehmt


die Sondergenehmigung, die euch Allah angeboten hat, an!“


Desweiteren zählt zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich


des Fastens, dass es der stillenden Frau und der Schwangeren, wenn


sie Angst um sich und das Baby hat, erlaubt ist zu essen und bei


Möglichkeit das Fasten nachzuholen. So ist es auch mit den Älteren,


denen es schwer fällt zu fasten oder diejenigen, die das Fasten


schwächt. Jedoch soll man stattdessen andere ernähren. So sagt


Allah, der Hocherhabene:


(Allah erlegt keiner Seele mehr auf, als sie zu leisten vermag.) (Qur`an 2:286)


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam gehört auch, dass das Fasten


desjenigen, der aus Versehen oder gezwungenermaßen gegessen


oder getrunken hat, gültig ist und damit sein Fasten nicht gebrochen


67 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA


hat. So sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm


Wohlergehen schenken):


„Wer vergessen hat, dass er fastet und dann gegessen oder


getrunken hat, der soll sein Fasten fortsetzen, denn Allah hat


ihm zu essen und zu trinken gegeben.“ (al-Jama‘a)


DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM IM BEREICH


DER PILGERFAHRT:


Zu den glorreichen Zielen der Pilgerfahrt gehört das Verinnerlichen


der Einheit (und Einzigkeit) Allahs und Ihm zu gedenken. So lautet das


Motto: „Hier bin ich, o Allâh, hier bin ich, um Deinem Ruf zu folgen.


Du hast keinen Gott neben Dir. Hier bin ich! Alles Lob und Huld sind


Dein und auch die Herrschaft. Es gibt keinen Gott neben Dir.“


Das bedeutet: „O Allah, wir sind an diesen Ort gekommen, weil wir


Deinem Ruf nachgekommen sind, auf Deine Zufriedenheit hoffen und


Deine Einzigkeit bekennen und weil nur Du das Recht hast, angebetet


zu werden.“ Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Adligen und


dem Niedrigen, dem Weißen und dem Schwarzen, dem Araber und dem


Nicht-Araber. Alle sind vor Allah gleich. Es gibt keinen Unterschied,


außer in der Gottesfurcht. So wird die Brüderlichkeit zwischen den


Muslimen gefestigt und ihre Emotionen und Hoffnungen vereint.


Folgende Seiten sind dabei als Toleranz, Nachsicht und Erleichterung


des Islam im Bereich der Pilgerfahrt anzusehen:


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam und seiner Einfachheit bei


der Pilgerfahrt gehört es, dass es dem Muslim vorgeschrieben ist,


die Pilgerfahrt nur einmal im Leben zu unternehmen, denn diese


jedes Jahr verrichten zu müssen, würde eine große Bürde darstellen,


- das ist auch ein Beweis für die Barmherzigkeit der Botschaft des


Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen


schenken) – denn wäre es vorgeschrieben, die Pilgerfahrt jedes Jahr


zu unternehmen, dann wäre es für Makkah nicht möglich, diese riesige


Anzahl von Muslimen aufzunehmen. Abu Huraira (möge Allah


Wohlgefallen an ihm haben) berichtete: „Der Prophet (möge Allah ihn


TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 68


in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) hat eine Ansprache


gehalten, in der er sagte: „O Leute, Allah hat euch die Pilgerfahrt


auferlegt, so verrichtet sie!“ Da fragte ein Mann: „O Prophet,


sollen wir sie jedes Jahr verrichten?“ Der Prophet schwieg, bis


der Mann seine Frage dreimal wiederholt hatte. Da sagte der


Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen


schenken): „Hätte ich ja gesagt, dann wäre es eine Pflicht, und ihr


hättet es nicht ertragen“. Dann sagte er: „Lasset meine Befragung


sein, solange ich eure Handlung billige denn diejenigen, die vor


euch waren, gingen durch ihre (überflüssigen) Fragen und ihre


Meinungsverschiedenheiten mit ihren Propheten zugrunde. Wenn


ich euch etwas verbiete, dann meidet es und wenn ich euch etwas


befehle, dann führt davon aus, soweit ihr könnt.“


Ebenfalls zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich


der Pilgerfahrt gehört, dass die Verpflichtung, die Pilgerfahrt zu


verrichten, entfällt, obwohl sie eine der fünf Säulen des Islam ist,


wenn es finanziell oder körperlich nicht möglich ist. Wenn also


jemand krank ist und keine Aussicht auf eine Genesung besteht


und er wohlhabend ist, dann kann er jemanden beauftragen, dass


er für ihn die Pilgerfahrt macht. Und auch der Arme, der kein Geld


besitzt, das seinen Bedarf und den seiner Familie übersteigt, braucht


die Pilgerfahrt nicht zu verrichten. Denn Allah, der Hocherhabene,


sagt: (Und Allah steht es den Menschen gegenüber zu, dass sie


die Pilgerfahrt zum Hause unternehmen – (diejenigen,) die dazu


die Möglichkeit haben. Wer aber ungläubig ist, so ist Allah der


Weltenbewohner Unbedürftig.) (Qur`an 3:97)


Zur Toleranz und Nachsicht gehört auch, dass Er dem Muslim die


Freiheit gegeben hat, zwischen den drei Pilgerarten auszuwählen,


mit welchem er beginnen will, seiner Zeit und seiner finanziellen


Lage entsprechend. Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und


ihm Wohlergehen schenken) sagte:


„Wäre meine Angelegenheit (über die Art der Pilgerfahrt)


69 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA


mir überlassen, hätte ich mein Opfertier nicht mitgenommen


(sondern Hadsch Al-Tamattu` verrichtet). Jedoch habe ich


meinen Kopf bedeckt und mein Opfertier mit mir geführt. So


gibt es für mich (in dieser Situation) keine andere Loslösung aus


dem Weihezustand, ausser wenn ich mein Opfertier schlachte.“


Zur Toleranz und Nachsicht gehört auch, dass es für Verbotenes,


das während der Pilgerfahrt begangen wird, Sühne gibt, um so die


Mängel und Fehler zu beheben. So sagt Allah, der Hocherhabene:


(Vollzieht die Pilgerfahrt und die Besuchsfahrt für Allah.


Wenn ihr jedoch (daran) gehindert werdet, dann (bringt) an


Opfertieren (dar), was euch leichtfällt. Und schert euch nicht die


Köpfe, bevor die Opfertiere ihren Schlachtort erreicht haben!


Wer von euch krank ist oder ein Leiden an seinem Kopf hat,


der soll Ersatz leisten mit Fasten, Almosen oder Opferung eines


Schlachttieres. – Wenn ihr aber in Sicherheit seid, dann soll


derjenige, der die Besuchsfahrt mit der Pilgerfahrt durchführen


möchte, an Opfertieren (darbringen), was ihm leichtfällt. Wer


jedoch nicht(s) finden kann, der soll drei Tage während der


Pilgerfahrt fasten und sieben, wenn ihr zurückgekehrt seid; das


sind im Ganzen zehn. Dies (gilt nur) für den, dessen Angehörige


nicht in der geschützten Gebetsstätte wohnhaft sind. Und fürchtet


Allah und wisst, dass Allah streng im Bestrafen ist!) (Qur`an 2:196)


Zur Toleranz und Nachsicht im Bereich der Pilgerfahrt gehört, dass


es erlaubt ist, die Pilgerfahrt unter Vorbehalt zu verrichten mit der


Möglichkeit, sie abzubrechen, wenn den Muslim Ereignisse ereilen,


die er nicht voraussehen konnte. So berichtete ‘Aischa (möge Allah


Wohlgefallen an ihr haben), dass der Prophet (möge Allah ihn in Ehren


halten und ihm Wohlergehen schenken) zu Dhuba’a bint az-Zubair sagte:


„Wolltest du die Pilgerfahrt verrichten?“ Sie sagte: „Bei Allah,


ich fühle, dass ich krank werde.“ Da sagte der Prophet (möge


Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) zu


ihr: „Verrichte die Pilgerfahrt unter Vorbehalt. Sag: O Allah,


TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 70


meine Pilgerfahrt endet da, wo Du mich gehalten hast (da, wo


ich wegen Krankheit gehindert werde).“


Zur Toleranz und Nachsicht im Bereich der Pilgerfahrt gehört


ebenfalls, dass durch die Pilgerfahrt alle Sünden und Fehler vergeben


und gelöscht werden. So berichtet Abu Huraira (möge Allah


Wohlgefallen an ihm haben), dass der Prophet (möge Allah ihn in


Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte:


„Wer die Pilgerfahrt verrichtet, ohne Beischlaf auszuüben und


ohne Frevel zu begehen, kommt so zurück, wie am Tag seiner


Geburt.“ (Buchari)


DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM IM BEZUG


AUF DIE FRAU:


Die Frau genießt im Islam eine hohe Stellung und der Islam schützt


ihre Rechte und machte es zum Zeichen einer gesunden Persönlichkeit,


wenn man die Frau gut behandelt. So sagte der Prophet (möge Allah ihn


in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):


„Diejenigen Gläubigen mit dem vollkommensten Glauben sind


die, mit dem besten Charakter; und die besten unter euch, sind die


besten zu ihren Frauen.“ (Sahih ibn Hibban)


Auch stellte der Islam im Hinblick auf die Gunst und Wohltat das Recht


der Frau vor das Recht des Mannes. So sagte der Prophet: „Geht mit


den Frauen gut um!“


Folgendes gehört zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bezug auf


die Frau:


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bezug auf die Frau gehört,


dass Er ihr ein Recht auf die Morgengabe gegeben hat und diese den


Männern auferlegt. So sagt Allah, der Hocherhabene:


(Und gebt den Frauen ihre Morgengabe als Geschenk. Wenn


sie für euch aber freiwillig auf etwas davon verzichten, dann


verzehrt es als wohlbekömmlich und zuträglich.) (Qur`an 4:4)


71 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam gehört, dass sie ein Anrecht


auf die Hälfte ihrer Morgengabe hat, wenn sie geschieden wird,


bevor der Mann sie berührt hat. So sagt Allah, der Hocherhabene:


(Aber wenn ihr euch von ihnen scheidet, bevor ihr sie berührt


und euch ihnen gegenüber schon (zu einer Morgengabe)


verpflichtet habt, dann (händigt) die Hälfte dessen (aus), wozu


ihr euch verpflichtet habt, es sei denn, dass sie (es) erlassen oder


der, in dessen Hand der Ehebund ist. Und wenn ihr (es) erlasst,


kommt das der Gottesfurcht näher. Und versäumt es nicht, gut


zueinander zu sein. Was ihr tut, sieht Allah wohl.) (Qur`an 2:273)


Zur Toleranz und Nachsicht gehört, dass es verboten ist, die Frau,


nach der Scheidung, aus dem Haus auszuweisen, denn darin, dass sie


zuhause bleibt, könnte womöglich ein Grund zur Versöhnung sein und


dass sie wieder zueinander finden. So sagt Allah, der Hocherhabene:


(O Prophet, wenn ihr euch von Frauen scheidet, dann scheidet


euch von ihnen auf ihre Wartezeit hin, und berechnet die


Wartezeit. Und fürchtet Allah, euren Herrn. Weist sie nicht aus


ihren Häusern aus; sie sollen auch nicht selbst ausziehen, außer,


sie begehen etwas klar Abscheuliches. Dies sind Allahs Grenzen.


Wer aber Allahs Grenzen übertritt, der fügt sich ja selbst Unrecht


zu. Du weißt nicht, vielleicht führt Allah danach eine neue Lage


herbei.) (Qur`an 65:1)


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bezug auf die Frau gehört


auch, dass der Islam dem Mann auferlegt hat, für sie zu sorgen und


aufzukommen und ihr alle ihre Rechte zu geben hat nach der Scheidung


und sie auch dann gut zu behandeln und sie nicht in Bedrängnis und


Schwierigkeiten zu bringen, solange sie in ihrer Wartezeit ist. Denn


Allah, der Hocherhabene, sagt: (Lasst sie dort wohnen, wo ihr


(selbst) wohnt, von dem, was ihr euch leisten könnt. Und fügt


ihnen keinen Schaden zu, um sie in die Enge zu treiben. Und wenn


sie schwanger sind, dann gebt für sie (das Nötige) aus, bis sie mit


dem niederkommen, was sie (in ihren Leibern) tragen. Wenn


TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 72


sie für euch (das Kind) stillen, dann gebt ihnen ihren Lohn, und


beratet untereinander (darüber) in rechtlicher Weise. Wenn ihr


aber einander Schwierigkeiten bereitet, dann wird (das Kind) für


ihn eine andere stillen.) (Qur`an 65:6)


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört ebenfalls, dass er das


Sorgerecht der Frau zugesprochen hat, wenn sie dies möchte. So sagt


Allah, der Hocherhabene:


(Und die Mütter stillen ihre Kinder zwei volle Jahre. (Das gilt) für


jemanden, der das Stillen zu Ende führen will. Und demjenigen,


dem das Kind geboren wurde, obliegt es, für ihre Versorgung


und Kleidung in rechtlicher Weise aufzukommen. Keiner Seele


wird mehr auferlegt, als sie zu leisten vermag. Keine Mutter


soll wegen ihres Kindes zu Schaden kommen, noch einer, dem


das Kind geboren wurde, wegen seines Kindes. Und dem Erben


obliegt das gleiche. Wenn sie beide jedoch in gegenseitigem


Einvernehmen und gemeinsamer Beratung (das Kind vorzeitig)


entwöhnen wollen, so ist darin keine Sünde für sie (beide). Und


wenn ihr eure Kinder (von einer Amme) stillen lassen wollt, so ist


darin keine Sünde für euch, sofern ihr das, was ihr geben wollt,


in rechtlicher Weise aushändigt. Und fürchtet Allah und wisst,


dass Allah das, was ihr tut, wohl sieht!) (Qur`an 2:233)


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass er ihr das Recht


zu erben zugesprochen hat, nachdem es ihr vorher verwehrt war. So


sagt Allah, der Hocherhabene:


(Den Männern steht ein Anteil von dem zu, was die Eltern und


nächsten Verwandten hinterlassen, und den Frauen steht ein Anteil


von dem zu, was die Eltern und nächsten Verwandten hinterlassen,


sei es wenig oder viel – ein festgesetzter Anteil.) (Qur`an 4:7)


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass einige


Pflichten entfallen, wenn sich die Frau in ihrer Menstruation- oder


Entbindungsphase befindet. So hat sie das Gebet nicht zu verrichten


und auch nicht nachzuholen. Und fasten muss sie auch nicht, jedoch


73 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA


holt sie diese Tage, die sie nicht gefastet hat, nach, wenn sie wieder


in der Lage ist zu fasten. So berichtete Mu’atha: „Ich fragte ‘Aischa:


„Wieso holt die Frau, die ihre Periode hatte, die nicht gefasteten Tage


nach, aber nicht die nicht verrichteten Gebete?“ Sie fragte mich: „Bist


du eine haruria (Stadt aus die khawarij kamen)?“ Ich sagte: „Nein,


bin ich nicht, aber ich frage (mich).“ Sie sagte: „Wenn wir unsere


Menstruation bekommen, ist uns befohlen worden, die nicht gefasteten


Tage nachzuholen, aber nicht die nicht verrichteten Gebete.“ Auch


der Abschieds-Tawaf während der Pilgerfahrt entfällt, wenn die Frau


ihre Periode hat. Denn ibn ‘Abbas (möge Allah Wohlgefallen an ihm


haben) sagte: „Den Menschen wurde befohlen, dass der Abschieds-


Tawaf das letzte ist, was sie um die Ka’ba verrichten, jedoch entfällt


das für diejenigen Frauen, die ihre Periode haben.“


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam hinsichtlich der Frau gehört,


dass er ihr und ihrem Ehemann erlaubt hat, sich miteinander in allem


zu amüsieren, außer dem Eindringen, wenn die Frau ihre Periode hat.


So berichtete Anas, dass bei den Juden eine Frau, die ihre Periode


hat, nicht mit ihnen essen und sich nicht in ihrem Haus aufhalten


darf. Daher fragten die Gefährten den Propheten (möge Allah ihn in


Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) darüber. Da offenbarte


Allah, der Hocherhabene, den Vers:


(Sie fragen dich nach der Monatsblutung. Sag: Sie ist ein Leiden.


So haltet euch von den Frauen während der Monatsblutung


fern, und kommt ihnen nicht nahe, bis sie rein sind. Wenn sie


sich dann gereinigt haben, so kommt zu ihnen, wie Allah es euch


geboten hat. Allah liebt die Reumütigen, und Er liebt die, die sich


rein halten.) (Qur`an 2:222)


Da sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm


Wohlergehen schenken):


„Tut alles, außer dem Eindringen.“


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass für sie im Falle


eines Krieges die Pflicht zu kämpfen entfällt. ‘Aischa (möge Allah


TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 74


Wohlgefallen an ihr haben) fragte: „O Prophet, ist es der Frau


vorgeschrieben sich zu bemühen (Jihad)?“ Er sagte:


„Ja, sie sollen sich bemühen bei der ‘Umra und der Pilgerfahrt,


aber nicht kämpfen.“ (von Ahmad überliefert)


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass ihr nicht


vorgeschrieben ist zu arbeiten und zu versorgen. So sagt Allah, der


Hocherhabene:


(Der Wohlhabende soll entsprechend seinem Wohlstand (die


Aufwendungen) ausgeben. Und wem seine Versorgung bemessen (zugeteilt)


wurde, der soll (eben) von dem ausgeben, was Allah ihm gegeben hat. Allah


erlegt keiner Seele mehr auf als das, was Er ihr gegeben hat. Allah wird


nach Schwierigkeit Erleichterung schaffen.) (Qur`an 65:7)


Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen


schenken) sagte ebenfalls:


„Fürchtet Allah hinsichtlich der Frauen! Wahrlich, ihr habt sie


unter dem Schutz Allahs genommen und der Verkehr mit ihnen


wurde euch durch Allahs Worte rechtmäßig gestattet. Euer Recht


über sie besteht darin, dass sie niemandem erlauben sollen, auf


euren Betten zu sitzen, den ihr nicht mögt. Aber wenn sie dies


tun, könnt ihr sie bestrafen, aber nicht hart. Und ihre Rechte


über euch bestehen darin, dass ihr sie in einer angemessenen


Weise mit Essen und Kleidung versorgen sollt.“


DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM IM BEREICH


DER FINANZIELLEN BEZIEHUNGEN:


Geld ist der Nerv des Lebens und der finanziellen Beziehungen zwischen


den Menschen. In diesen Beziehungen herrschen viele rechtswidrige


Umgangsmethoden, Ungerechtigkeiten und die Beraubung der Rechte


anderer bei der Stärkung und Durchsetzung persönlicher Interessen,


ohne Rücksicht auf das, was anderen Parteien für Schäden widerfahren.


Deshalb war es notwendig, dass auch hier in diesem Bereich Toleranz


und Nachsicht herrscht. Daher können wir folgende Facetten für die


75 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA


Toleranz und Nachsicht des Islam erwähnen:


Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich des Handels (Kauf


und Verkauf) gehört, dass der Islam dazu anhält, dass es einfach,


großzügig und nachsichtig ist. So sagte der Prophet (möge Allah ihn


in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):


„Allah erbarme Sich einem, der nachsichtig und einfach ist,


wenn er verkauft, nachsichtig und einfach ist, wenn er kauft.“


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört in diesem Bereich auch,


dass er auch dazu angehalten hat, dem, der sich in Schwierigkeit


befindet, Aufschub zu gewähren, damit dieser seine Schulden tilgen


kann, oder ihm seine Schuld erlassen wird, was bei Allah besser ist.


So sagt Allah, der Hocherhabene:


(Und wenn er (der Schuldner) in Schwierigkeiten ist, dann sei


(ihm) Aufschub (gewährt,) bis eine Erleichterung (eintritt). Und


dass ihr (es) als Almosen erlasst, ist besser für euch, wenn ihr (es)


nur wisst.) (Qur`an 2:280)


Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen


schenken) sagte darüber auch:


„Wer einem Schuldner, der sich in Schwierigkeit befindet,


Aufschub gewährt, bekommt für jeden Tag den Lohn einer


Sadaqa, und wer ihm Aufschub gewährt, obwohl die Rückzahlung


fällig ist, bekommt für jeden Tag den Lohn einer Sadaqa.“ (ibn Maja)


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass der Islam dazu


auffordert, die Schulden zu erlassen. Der Prophet (möge Allah ihn in


Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte:


„Ein Mann, der vor euch lebte, wurde zur Rechenschaft gezogen.


Es wurde keine gute Tat gefunden, außer dass er sich unter


die Menschen mischte und (den Leuten, denen er Geld verlieh)


Aufschub gewährte; er befahl seinen Angestellten, die Schuldner zu


entlasten.“ Er (der Prophet) sagte: Allah, der Hocherhabene, sagt:


„Es gebührt eher Uns. Entlasset ihn (erlasst seine Sünden).“ (Muslim)


TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 76


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört dasAnhalten zur Nachsicht


bezüglich des Zurückverlangens von geliehenem Vermögen.


So berichtete abu Huraira (möge Allah Wohlgefallen an ihm


haben), dass ein Mann zum Propheten (möge Allah ihn in Ehren


halten und ihm Wohlergehen schenken) kam, um von ihm etwas


zurückzufordern und war dabei grob. Da wollten sich die Gefährten


auf ihn stürzen, jedoch sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren


halten und ihm Wohlergehen schenken):


„Lasst ihn, denn der Gläubiger hat ein Recht zu fordern.“ Und


sagte dann: „Gebt ihm einen Anteil wie seinen Anteil.“ Sie sagten:


„O Prophet, wir finden nur einen besseren als seinen.“ Der


Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen


schenken) sagte: „Gebt es ihm, denn zu den Besten unter euch


gehören diejenigen, die am gütigsten beim Zurückgeben (des


geliehenen Gutes) sind.“


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass der Islam dazu


anhält und anspornt, die Ware bzw. das Geld umzutauschen, wenn


eine der Vertragsparteien seinen Kauf bzw. Verkauf bereut. Der


Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen


schenken) sagt:


„Wer demjenigen, der seinen Kauf bereut, die Ware umtauscht,


dem verzeiht Allah seinen Fehltritt am Tag der Auferstehung.“


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass er die Freiheit


beim Kauf gewährleistet. Denn der Prophet (möge Allah ihn in Ehren


halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte:


„Die beiden Kaufparteien haben die Freiheit (zu kaufen oder


nicht), solange sie sich nicht trennen bzw. bis sie sich trennen.


Wenn sie ehrlich waren, wird ihr Geschäft gesegnet und wenn sie


gelogen haben, wird der Segen entrissen.“ (Buchari)


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört das Erbrecht, dass


das Erbe auf die berechtigten Erbenden verteilt hat, unabhängig


77 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA


von Alter und Geschlecht, sodass es eine gerechte Aufteilung, der


Verwandtschaftsnähe entsprechend, gibt, die alle bestätigen können,


die über einen gesunden Menschenverstand verfügen. So steht es


niemandem zu, das Erbe nach Belieben und eigenen Vorstellungen


zu verteilen. Zu den Annehmlichkeiten und guten Seiten dieses


Systems gehört es, dass es das Vermögen, egal wie groß es ist, in


kleine Vermögen teilt, so dass die Anhäufung des Vermögens bei einer


bestimmten Gruppe bzw. bei bestimmten Menschen nahezu unmöglich


ist. Der Qur’an hat hierzu die Anteile der Kinder, Eltern, Ehepartner


und Geschwister deutlich gemacht. So sagt Allah, der Hocherhabene:


(Allah empfiehlt euch hinsichtlich eurer Kinder: Einem


männlichen Geschlechts kommt ebenso viel zu wie der Anteil


von zwei weiblichen Geschlechts. Wenn es aber (ausschließlich)


Frauen sind, mehr als zwei, dann stehen ihnen zwei Drittel dessen


zu, was er hinterlässt; wenn es (nur) eine ist, dann die Hälfte.


Und den Eltern steht jedem ein Sechstel von dem zu, was er


hinterlässt, wenn er Kinder hat. Wenn er jedoch keine Kinder hat


und seine Eltern ihn beerben, dann steht seiner Mutter ein Drittel


zu. Wenn er Brüder hat, dann steht seiner Mutter (in diesem


Fall) ein Sechstel zu. (Das alles) nach (Abzug) eines (etwaigen)


Vermächtnisses, das er festgesetzt hat, oder einer Schuld. Eure


Väter und eure Söhne – ihr wisst nicht, wer von ihnen euch an


Nutzen näher steht. (Das alles gilt für euch) als Verpflichtung von


Allah. Gewiss, Allah ist Allwissend und Allweise.) (Qur`an 4:11)


Es gibt noch weitere Bestimmungen, die an anderen Stellen im


Qur’an erwähnt werden, hier aber aus Platzgründen nicht erörtert


werden können. Daher sollte bei Interesse auf die einschlägige


Literatur zurückgegriffen werden.


Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass der Islam dazu anhält,


wohltätig zu den Anwesenden zu sein, die bei der Erbverteilung dabei


sind, aber selbst keine Erbenden sind, und ihnen zu geben und diese


nicht zu vergessen. So sagt Allah, der Hocherhabene: (Und wenn bei



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