TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 26
(Wenn Allah dir Unheil widerfahren lässt, so kann es keiner
hinweg nehmen außer Ihm. Und wenn Er für dich etwas Gutes
will, so kann keiner Seine Huld zurückweisen. Er trifft damit,
wen Er will von Seinen Dienern. Er ist der Allvergebende und
Barmherzige.) (Qur`an 10:107)
Damit hat der Islam jeglichen Weg zur Abhängigkeit und Ehrerbietung
von Menschen verbaut und nur von Gott allein sind alle abhängig. Er
machte deutlich, dass der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten
und ihm Wohlergehen schenken), dem die hohe Würde und die
großartige Stellung zuteil geworden ist, denselben Gegebenheiten
ausgesetzt ist, wie jeder andere Mensch auch. So sagt Allah, der
Hocherhabene:
(Sag: Ich vermag mir selbst weder Nutzen noch Schaden (zu
bringen), außer was Allah will. Wenn ich das Verborgene wüsste,
würde ich mir wahrlich viel Gutes verschaffen, und Böses würde
mir nicht widerfahren. Ich bin nur ein Warner und ein Frohbote
für Leute, die glauben.) (Qur`an 7:188)
Ebenfalls gehört es zur Toleranz und Nachsicht des Islam im
Bereich der Aqida, dass der Muslim glaubt, dass Allah befiehlt, alle
Menschen gleich zu behandeln, unabhängig von ihrer Religion, ihrer
Hautfarbe, ihrem Geschlecht oder ihrer Schicht. So sagt Allah, der
Hocherhabene:
(Allah gebietet Gerechtigkeit, gütig zu sein und den Verwandten
zu geben; Er verbietet das Schändliche, das Verwerfliche und die
Gewalttätigkeit. Er ermahnt euch, auf dass ihr bedenken möget.)
(Qur`an 16:90)
Somit ist es erforderlich und notwendig, zu jedem gerecht zu sein. So
sagt Allah, der Hocherhabene:
(Und wenn ihr euer Wort gebt, dann seid gerecht, auch wenn es
um einen Verwandten geht. Und haltet euren Bund gegenüber
Allah. Dies hat Er euch anbefohlen, auf dass ihr (es) bedenken
möget!) (Qur`an 6:152)
27 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA
Auch ist die Gerechtigkeit unerlässlich in jeder Situation, im Zustand
der Ruhe und des Zorns, mit dem Muslim und mit dem Nicht-Muslim.
So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Und der Hass, den ihr gegen (bestimmte) Leute hegt, soll euch
ja nicht dazu bringen, dass ihr nicht gerecht handelt. Handelt
gerecht. Das kommt der Gottesfurcht näher.) (Qur`an 5:8)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Aqida gehört
ebenfalls, dass der Muslim glaubt, dass Allah die Menschen gegenüber
anderen Seiner Geschöpfe geehrt hat, trotz ihrer unterschiedlichen
Konfessionen, Hautfarben, Geschlechter und Schichten. So sagt
Allah, der Hocherhabene:
(Und Wir haben ja die Kinder Adams geehrt; Wir haben sie auf
dem Festland und auf dem Meer getragen und sie von den guten
Dingen versorgt, und Wir haben sie vor vielen von denen, die
Wir erschaffen haben, eindeutig bevorzugt.) (Qur`an 17:70)
Und aus dieser Ehrung heraus erfolgt, dass sie Rechte und Pflichten
haben. Jabir ibn Abdullah (möge Allah Wohlgefallen an ihm haben)
berichtete:
„Als ein Trauermarsch an uns vorbeizog, stand der Prophet (möge
Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) auf.
Wir sagten: „O Prophet, es ist der Trauermarsch eines Juden!?“ Er
sagte: „Wenn ihr einen Trauermarsch seht, dann steht auf.“ (Buchari)
DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM IM BEREICH
DER GESETZGEBUNG (TASCHRI’A):
Die Gesetzgebung ist ein Pfad, den der Mensch verfolgt, um dadurch
seine Ziele und erhofften Ergebnisse zu erreichen. Damit der Mensch
seine Ziele verwirklichen kann, ist es notwendig, dass dieser Weg klar,
deutlich, bestimmt und einfach ist. Das ist der Weg des Islam hinsichtlich
der Gesetzgebung. Er ist klar und deutlich, großzügig, tolerant und
angeglichen an die Fähigkeiten des Menschen. Schauen wir uns einige
Aspekte dieser Toleranz und Nachsicht in diesem Bereich an:
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 28
Zu der Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Gesetzgebung
gehört es, dass seine Texte einfach und leicht verständlich sind. So
sagt Allah, der Hocherhabene:
(Und Wir haben den Qur’an ja leicht zum Bedenken gemacht.
Aber gibt es jemanden, der bedenkt?) (Qur`an 54:17)
Seine Texte sind klar und deutlich, ohne Zweifel. Es steht jedem zu,
nach den Dingen, die einem unklar erscheinen, zu fragen und sie
zu hinterfragen, ohne dabei in Bedrängnis zu geraten. Jedoch hat
der Qur’an die Beantwortung der Fragen nicht jedem überlassen,
sondern gab das Recht der Beantwortung den Gelehrten, die sich
auf die Scharia spezialisierten und diese Religion studierten sowie
ihre Texte eingehend gelesen und verstanden haben und außerdem
ihre Inhalte und den dahinter stehenden Sinn erkannt haben. So sagt
Allah, der Hocherhabene:
(So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (etwas) nicht
wisst.) (Qur`an 16:43)
Und so ist es auch gerecht. Denn wer beispielsweise krank ist, sucht
einen Arzt auf und nicht etwa einen Ingenieur oder einen Landwirt.
So gilt im Islam das Sprechen (falsche Informationen, falsche
Fakten, falsche fatwa) über die Angelegenheiten des Islam ohne
erworbenes Wissen zu den größten Sünden, weil derjenige, der ohne
zu wissen spricht, könnte eventuell Verbotenes für erlaubt erklären
und umgekehrt. Oder so jemand könnte Rechte aberkennen oder
falsch zuordnen und den Fragenden unter Umständen in Bedrängnis
oder in Enge bringen. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Sag: Mein Herr hat nur die Abscheulichkeiten verboten, was
von ihnen offen und was verborgen ist; und (auch) die Sünde
und die Gewalttätigkeit ohne Recht, und dass ihr Allah (etwas)
beigesellt, wofür Er keine Ermächtigung herab gesandt hat, und
dass ihr über Allah (etwas) sagt, was ihr nicht wisst.) (Qur`an 7:33)
29 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA
Es gibt also im Islam keine verworrenen und dunklen Angelegenheiten,
an die man zu glauben hat, ohne danach fragen zu dürfen, bis auf die
Dinge, die den Rahmen des menschlichen Verstands sprengen, wie
etwa die verborgenen Angelegenheiten, über die uns Allah deswegen
nicht aufgeklärt hat, weil wir Menschen keinen Nutzen davon haben
und auch nicht die Fähigkeit besitzen, diese zu erfassen. So etwa der
Vers, in dem es heißt:
(Sie fragen dich nach dem Geist. Sag: Der Geist ist vom Befehl
meines Herrn, euch aber ist vom Wissen gewiss nur wenig
gegeben.) (Qur`an 17:85)
Und der Vers:
(Sie fragen dich nach der Stunde, wann sie bloß feststehen
wird. Was hast du über sie zu erwähnen? Zu deinem Herrn ist
ihr Endziel. Du bist nur ein Überbringer von Warnungen für
jemanden, der sie fürchtet.) (Qur`an 79:42-45)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Gesetzgebung
gehört auch, dass seine Lehren und Gesetze göttliche, feststehende
Gesetze sind, die weder geändert noch ausgetauscht werden können.
Denn sie wurden nicht von Menschen festgesetzt, die Beeinträchtigungen,
Fehlern, Beeinflussung von den umliegenden Gegebenheiten, Kultur
und Tradition ausgesetzt sind, sondern von Dem, Der alles erschaffen
hat und besser weiß, was am esten und nützlichsten für die Lage eines
jeden Einzelnen ist. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Begehren sie etwa das Urteil der Unwissenheit? Wer kann
denn besser walten als Allah für Leute, die (in ihrem Glauben)
überzeugt sind?) (Qur`an 5:50)
Es steht keinem Menschen zu, unabhängig von seiner Stellung oder
seinen Privilegien gegenüber anderen, an den göttlichen Gesetzen
etwas zu ändern, sei es viel oder wenig, weil diese die Rechte aller
bewahren sowie den einfachen und großzügigen Weg gehen. So sagt
Allah, der Hocherhabene:
(Weder für einen gläubigen Mann noch für eine gläubige Frau
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 30
gibt es, wenn Allah und Sein Gesandter eine Angelegenheit
entschieden haben, die Möglichkeit, in ihrer Angelegenheit zu
wählen. Und wer sich Allah und Seinem Gesandten widersetzt,
der befindet sich ja in deutlichem Irrtum.) (Qur`an 33:36)
Der Islam hat allen auferlegt, sich den Gesetzen Gottes unterzuordnen,
sie einzuhalten, zu würdigen, zu ehren und sie umzusetzen. Alle sind
vor diesen Gesetzen gleich. Der Herrscher und der Beherrschte, der
Reiche und der Arme, der Adlige und der Schuft, der Weiße und der
Schwarze, so wie Allah, der Hocherhabene, es sagt:
(Die Rede der Gläubigen, wenn sie zu Allah und Seinem
Gesandten gerufen werden, damit er zwischen ihnen richte,
besteht nur darin, dass sie sagen: „Wir hören und gehorchen.“
Das sind diejenigen, denen es wohl ergeht.)(Qur`an 24:51)
Deswegen gibt es im Islam auch keine absolute, menschliche
Autorität. Denn die Autorität ist in dem Rahmen beschränkt, den
die Scharia festgelegt und bestimmt hat. Somit gibt es keine Willkür
und keine Gewaltherrschaft. So sagt der Prophet (möge Allah ihn in
Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):
„Jeder Muslim hat zu hören und zu gehorchen in den Dingen,
die ihm lieb sind und die ihm nicht lieb sind, es sei denn, es wird
ihm befohlen, Verbotenes zu tun, so hat er weder zu hören noch
zu gehorchen.“ (Buchari)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Gesetzgebung
gehört auch, dass es keine unabhängige, geistige Institution
gibt, wie der Klerus in anderen Religionen. So hat der Islam den
Vermittlerstatus vernichtet und kritisierte die Ungläubigen, dass sie
Vermittler bei der Anbetung Gottes hatten. So berichtet uns Allah,
der Hocherhabene:
(Sicherlich, Allah gehört die aufrichtige Religion. Diejenigen
aber, die sich anstatt Seiner Schutzherren nehmen (, sagen:)
„Wir dienen ihnen nur, damit sie uns Zutritt in Allahs Nähe
verschaffen“) (Qur`an 39:3)
31 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA
So spricht Allah die Wahrheit über diese Schutzherren, und dass sie
weder nutzen noch schaden, sondern genauso Geschöpfe sind wie sie
selbst. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Gewiss, diejenigen, die ihr anstatt Allahs anruft, sind (nur)
Diener gleich euch. So ruft sie (doch) an, und so sollen sie euch
doch erhören, wenn ihr wahrhaftig seid!) (Qur`an 7:194)
So hat der Islam die Vorstellung von der direkten und unmittelbaren
Verbindung zwischen dem Diener und seinem Gott fest verankert.
Diese Vorstellung basiert auf dem absoluten Glauben an Ihn und
darauf, sich in allen Belangen nur an Ihn zu wenden und Ihn allein um
Vergebung und um Hilfe zu bitten, direkt und ohne Mittelsmänner.
So soll derjenige, der eine Sünde begangen hat, seine Hände heben
und seinen Herrn alleine anflehen und Ihn alleine um Vergebung
bitten, an jedem Ort, zu jeder Zeit und in jeder Lage. So sagt Allah,
der Hocherhabene:
(Und wer etwas Böses tut oder sich selbst Unrecht zufügt und
hierauf Allah um Vergebung bittet, wird Allah Allvergebend und
Barmherzig finden.) (Qur`an 4:110)
Und Er sagt auch:
(Euer Herr sagt: „Ruft Mich an, so erhöre Ich euch.) (Qur`an 40:60)
So gibt es im Islam keine Religionsleute, die gebieten, verbieten
und vergeben und sich als Stellvertreter Gottes ansehen und damit
Gesetze erlassen und nach ihren Vorstellungen lenken und leiten,
und jene ins Paradies eintreten lassen, die sie mögen und es denen
verbieten, die sie nicht mögen. Denn die Gesetzgebung steht Allah
alleine zu. So sagt der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und
ihm Wohlergehen schenken) über den Vers:
(Sie haben ihre Gelehrten und ihre Mönche zu Herren genommen
außer Allah) (Qur`an 9:31):
„Sie haben die Gelehrten und Mönche zwar nicht angebetet,
aber sie befolgten ihre Gebote und Verbote. Sie taten, was diese
ihnen als Pflicht auferlegten und hielten sich fern von ihren
Verboten.“ (at-Tirmidhi)
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 32
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Gesetzgebung
gehört auch das Prinzip der Beratung (Schura), damit die
Angelegenheiten, die von gemeinschaftlichem und öffentlichem
Interesse für alle Gesellschaftsmitglieder sind, nicht von den Interessen
Einzelner dominiert werden. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Durch Erbarmen von Allah bist du mild zu ihnen gewesen; wärst du
aber schroff und hartherzig, so würden sie wahrlich rings um dich
auseinandergelaufen. So verzeihe ihnen, bitte für sie um Vergebung
und ziehe sie in den Angelegenheiten zu Rate.) (Qur`an 3:159)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam in diesem Bereich gehört
es auch, dass der Ijtihad in den Bereichen möglich ist, in denen
weder ein Vers offenbart, noch ein Ausspruch des Propheten (möge
Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) berichtet
wurde. Denn der Islam ist bereit zur Anpassung und gültig für jede
Zeit und jeden Ort. Der Islam bringt nämlich allgemeine Prinzipien,
Fundamente und vollkommene, umfassende und feststehende
Grundsätze sowie Regelungen bezüglich der Aqida und der
religiösen Anbetungshandlungen, die sich weder aufgrund der Zeit,
noch des Ortes ändern, wie etwa der Glaube (Iman), das Gebet und
seine Zahl sowie die Gebetszeit, die Almosen und ihr Anteil und was
sie enthalten, das Fasten und seine Zeiten, die Pilgerfahrt und ihre
Verrichtungsweise und die Hudud. Mit allen Dingen, die sich mit der
Zeit ergeben und neu in Erscheinung treten, wird gemäß dem Qur’an
verfahren. Wenn darin eine Regelung für diese Sache gefunden wird,
dann geht man danach und lässt alles andere liegen. Findet man nichts
darin, so geht man zur Sunna des Propheten (möge Allah ihn in Ehren
halten und ihm Wohlergehen schenken) über und sucht dort nach
Regelungen in seinen authentischen, zuverlässigen Aussprüchen.
Findet man da was, so nimmt man dies, andernfalls geht man auf den
Ijtihad über. Da haben die gottesfürchtigen Gelehrten zu forschen
und zu überprüfen, um zu einem Ergebnis zu kommen, damit das
Interesse und das Wohl der Allgemeinheit verwirklicht wird und um
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den Belangen ihrer Epoche und ihrer gesellschaftlichen Situation
Rechnung zu tragen. Das erfolgt durch das Überprüfen dessen,
was der Qur’an und die Sunna wahrscheinlich zulassen. Diese
neuen Dinge werden anhand der schariakonformen, allgemeinen
Grundsätze, die aus dem Qur’an und der Sunna entnommen wurden,
überprüft. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass der Ijtihad nicht so
verstanden werden darf, dass man der eigenen Laune folgen und
nach eigenen Vorstellungen urteilen soll. Vielmehr geht es um das
Erreichen von Ergebnissen, die den Menschen Gutes und Nützliches
bringen, ohne dabei den religiösen Texten zu widersprechen. Das ist
so, damit der Islam jedem Zeitalter angepasst ist und den Belangen
jeder Gesellschaft in jeder Epoche angeglichen ist.
Zur Toleranz und Nachsicht im Bereich der Gesetzgebung gehört
auch die Schließung der Türen, die zum Extremismus und zur
Strenge führen. Der Islam verbietet die Übertreibung, gemäß den
Worten Allahs, des Hocherhabenen:
(Allah will für euch Erleichterung; Er will für euch nicht
Erschwernis.) (Qur`an 2:185)
Auch sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm
Wohlergehen schenken):
„Wehe euch vor der Übertreibung in der Religion, denn diejenigen
vor euch gingen wegen der Übertreibung in der Religion zu
Grunde.“ (an-Nasa‘i) Auch zählte der Prophet (möge Allah ihn in
Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) die Übertreibung in
der Religion, den Extremismus und die Hartnäckigkeit als Austritt aus
seiner Sunna. So berichtet Anas ibn Malik (möge Allah Wohlgefallen
an ihm haben), dass drei Personen zu den Gemächern der Ehefrauen
des Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen
schenken) gingen, um nach seinen religiösen Anbetungshandlungen
zu fragen. Als es ihnen mitgeteilt wurde, erschien es ihnen zu wenig,
und sie sagten: „Wir sind weit von dem Propheten (möge Allah ihn in
Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) fern, denn Allah hat ihm
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 34
all seine vorangegangenen und späteren Sünden vergeben.“ Da sagte
einer: „Ich aber werde jede Nacht beten.“ Und der andere sagte: „Ich
werde mein ganzes Leben lang jeden Tag fasten und nicht essen.“ Und
der dritte sagte: „Ich werde mich von den Frauen fernhalten und niemals
heiraten.“ Als der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm
Wohlergehen schenken) dazukam und hörte, was sie sprachen, sagte er:
„Seid ihr diejenigen, die das gesagt haben? Bei Allah ich bin der
Gottesfürchtigste von euch, aber ich faste und esse, ich bete und
schlafe, und ich heirate die Frauen. Wer sich von meiner Sunna
abwendet, gehört nicht zu mir.“ (Buchari)
Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen
schenken) pflegte von Zeit zu Zeit seine Gefährten daran zu erinnern,
um sie von der Art und Weise und der Methode des Extremismus und
der Übertreibung fernzuhalten. Abdullah ibn ‘Amr ibn al-‘As (möge
Allah Wohlgefallen an ihm haben) sagte: „Der Prophet (möge Allah
ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte zu mir:
„O Abdullah, mir wurde mitgeteilt, dass du am Tag fastest und
die Nacht betend verbringst. Stimmt das?“ Ich sagte: „Ja, das
stimmt.“ Da sagte er zu mir: „Tue das nicht. Sondern faste und
iss, verbringe die Nacht betend, aber schlafe auch, denn dein
Körper hat ein Recht dir gegenüber, dein Auge hat ein Recht
dir gegenüber, deine Ehefrau hat ein Recht auf dich und dein
Gast hat ein Recht dir gegenüber. Es genügt, wenn du von jedem
Monat drei Tage fastest. Denn du bekommst jede Hasana (gute
Tat) verzehnfacht, und das wäre das ganze Leben (als hättest
du das ganze Leben gefastet).“ Jedoch wollte ich noch mehr, so
wurde es mir verschärft. Ich sagte: „Oh Prophet, ich fühle mich
zu mehr fähig.“ Da sagte er: „Dann faste so wie der Prophet
Dawud (möge Allah ihm Wohlergehen schenken) und nicht
mehr.“ Ich fragte: „Wie hat der Prophet Dawud (möge Allah ihm
Wohlergehen schenken) gefastet?“ Er antwortete: „Die Hälfte
des Lebens (jeden zweiten Tag fastend).“
35 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA
Als Abdullah dann alt wurde, sagte er: „Hätte ich doch bloß die
Genehmigung (drei Tage im Monat zu fasten) angenommen.“ (Buchari)
Das heißt natürlich nicht, dass der Islam eine Religion ist, die sich
unkontrolliert dem Diesseits widmet und dem Sich-Hingeben der Lust
und dem Genuss. Der Islam ist vielmehr eine Religion der Mäßigung
und der Mitte, die zwischen der Religion und dem diesseitigen Leben
verbindet, sodass kein Teil dem anderen gegenüber die Oberhand
gewinnt. Denn der Islam schreibt ein Gleichgewicht zwischen der
Seele und dem Körper vor. So schreibt der Islam dem Muslim vor,
wenn er sich zu sehr in die weltlichen Belange vertieft, sich durch
die Verrichtung der von Allah auferlegten religiösen Taten an seine
seelischen Bedürfnisse zu erinnern. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(O die ihr glaubt, wenn zum Gebet gerufen wird am Freitag,
dann eilt zu Allahs Gedenken und lasst das Kaufgeschäft. Das ist
besser für euch, wenn ihr wisst.) (Qur`an 62:9)
Wenn sich der Muslim aber zu sehr in religiöse Verrichtungen
vertieft, dann soll er sich an die materiellen Bedürfnisse erinnern. So
sagt Allah, der Hocherhabene:
(Wenn das Gebet beendet ist, dann breitet euch im Land aus und
trachtet nach etwas von Allahs Huld.) (Qur`an 62:10)
Auch hat der Islam das Genießen der guten Dinge mit dem Verbot der
Verschwendung geregelt, d.h. die Verschwendung, die dem Körper
schadet. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Esst und trinkt, aber seid nicht maßlos! – Er (Allah) liebt nicht
die Maßlosen.) (Qur`an 7:31)
Auch verdeutlicht der Islam, dass es keinen Widerspruch zwischen
den religiösen und den diesseitigen Belangen gibt. So sagt Allah, der
Hocherhabene:
(Es ist keine Sünde für euch, dass ihr nach Huld von eurem
Herrn trachtet. Doch wenn ihr von Arafat her geströmt seid,
dann gedenkt Allahs bei der geschützten Kultstätte. Und gedenkt
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 36
Seiner, wie Er euch rechtgeleitet hat, obwohl ihr vordem wahrlich
zu den Irregehenden gehörtet.) (Qur`an 2:198)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Gesetzgebung
gehört, dass es dem Muslim erlaubt ist, wenn er um sein Leben
fürchtet, Verbotenes zu essen oder zu trinken, um seinen Bedarf zu
decken, wie etwa das Schweinefleisch, Totes, Blut, Alkohol oder
Verbotenes zu tun, gemäß dem Vers:
(Verboten hat Er euch nur (den Genuss von) Verendetem, Blut,
Schweinefleisch und dem, worüber ein anderer (Name) als
Allah(s) angerufen worden ist. Wer sich aber in einer Zwangslage
befindet, ohne zu begehren oder das Maß zu überschreiten, für
den ist es keine Sünde. Allah ist Allvergebend und Barmherzig.)
(Qur`an 2:173)
Sayyid Qutb, möge Allah Sich seiner erbarmen, sagt interpretierend
über diesen Vers: „Es ist die Aqida, die den Mensch als Menschen
anerkennt und nicht als Tier, Engel oder Teufel. Sie erkennt ihn so
an, wie er ist, samt seiner Schwäche und seiner Kraft, und sieht ihn
als Gesamtbild an, bestehend aus einem Körper mit samt seinen
Schwächen und einem Verstand, mit Urteilsvermögen, einer Seele
und mit Sehnsüchten und Begierden. Diese Aqida fordert von ihm
nur das, was er auch zu leisten vermag und berücksichtigt bei den
auferlegten Pflichten die zur Verfügung stehenden Kapazitäten des
Einzelnen, ohne Erschwernis und Härte.
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Gesetzgebung
gehört auch, dass die guten Taten vielfach belohnt werden, man für
die Sünden jedoch nur einfach zur Rechenschaft gezogen wird. So
sagt Allah, der Hocherhabene:
(Wer mit (etwas) Gutem kommt, erhält zehnmal so viel. Und wer
mit einer bösen Tat kommt, dem wird nur gleichviel vergolten,
und es wird ihnen kein Unrecht zugefügt.) (Qur`an 6:160)
37 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA
DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM IM BEREICH
DER DAWA (EINLADUNG ZUM ISLAM):
Da der Islam eine weltliche und universelle Religion ist, die an alle
Menschen, zu jeder Zeit und an jedem Ort, gerichtet ist, ist es wichtig,
dass die Dawa bestimmte Eigenschaften besitzt, wie Gutmütigkeit,
Toleranz und Nachsicht in der Art und Weise, der Darbietung,
Vorstellung und das Voranstellen des Guten für die anderen, damit diese
Eigenschaften den Menschen (anderen) verhelfen und sie bereit machen,
über den Islam zu diskutieren und diesen eventuell anzunehmen. Das ist
die Methode des Islam bei der Dawa. Er hält dazu an, dass man die
Andersgläubigen mit Weisheit und schöner Ansprache einlädt. So sagt
Allah, der Hocherhabene:
(Rufe zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung,
und streite mit ihnen in bester Weise.)(Qur`an 16:125)
Wir wollen hier einige dieser Facetten der Toleranz und Nachsicht im
Bereich der Dawa betrachten:
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Dawa, gehört
die Öffnung der Türen zur Konvertierung der Anhänger anderer
Religionen, er freut sich sogar darüber. So sagte der Prophet (möge
Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):
„Allah freut Sich über die Reue Seines Dieners, wenn dieser um
Vergebung bittet, mehr als jemand, dessen Reittier in der Wüste
mit seinem Essen und Trinken verschwunden ist. Verzweifelt legt
er sich daraufhin in den Schatten eines Baumes. Sein Reittier
und seinen Proviant hat er bereits aufgegeben. Plötzlich findet
er es vor sich stehen, hält es fest und sagt vor lauter Freude: „O
Allah, Du bist mein Diener und ich bin Dein Herr“ (er verspricht
sich vor lauter Freude).“ (Muslim)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Dawa
gehört, dass der Islam vorgeschrieben hat, dass man dem Weg der
Verkündung froher Botschaften und schöner Empfehlungen zu
folgen hat. So sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 38
ihm Wohlergehen schenken) zu Mu’ath und abu Musa al-Asch’ari,
als er sie zum Jemen entsandte:
„Verkündet die frohe Botschaft und schreckt nicht ab, und
vereinfacht und erschwert nicht, und seid euch einig und wendet
euch nicht voneinander ab.“
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Dawa
gehört auch, dass er seinen Anhängern das Diskutieren mit den
Andersgläubigen und -denkenden, nach den Prinzipien und
Grundsätzen, die sie respektieren und ihrer Lage und Situation
entsprechen, fern von Überheblichkeit und Degradierung, zur Pflicht
gemacht hat. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Und streitet mit den Leuten der Schrift nur in bester Weise,
außer denjenigen von ihnen, die Unrecht tun. Und sagt: „Wir
glauben an das, was (als Offenbarung) zu uns herab gesandt
worden ist und zu euch herab gesandt worden ist; unser Gott
und euer Gott ist Einer, und wir sind Ihm ergeben.) (Qur`an 29:46)
Somit gibt es weder Meinungszwang, noch Zwang zur Befolgung,
noch Gleichgültigkeit gegenüber Andersgläubigen, sondern es gilt den
Argumenten zuzuhören und darüber zu debattieren und die Benutzung
der Methode der Diskussion, Überzeugung und der logischen,
gesunden Beantwortung, die mit der Denkweise der Diskussionspartei
angebracht ist. Nehmen wir hierzu beispielsweise die Auferstehung.
Ibn ‘Abbas (möge Allah Wohlgefallen an ihm haben) sagte: „Al-‘As
ibn Wa’el, und er war Nicht-Muslim, ging zum Propheten (möge Allah
ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) mit einem Stück
Knochen und zerbröckelte es vor ihm und fragte: „O Muhammad,
lässt Allah das hier, nachdem es zu Staub wurde, auferstehen?“ Er
antwortete: „Ja, das tut Allah. Er nimmt deine Seele zu Sich, lässt
dich wieder auferstehen und lässt dich in der Hölle verweilen.“ Er, ibn
‘Abbas, sagte: „Dann wurde der Vers offenbart:
(Sieht denn der Mensch nicht, dass Wir ihn aus einem Samentropfen
erschaffen haben, und doch ist er sogleich ein deutlicher
39 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA
Widersacher? Er führt Uns ein Beispiel an und vergisst seine
(eigene) Erschaffung. Er sagt: „Wer macht die Knochen wieder
lebendig, wenn sie zerfallen sind?“ Sag: „Wieder lebendig macht sie
Derjenige, Der sie das erste Mal hat entstehen lassen. Und Er weiß
über jede Schöpfung Bescheid, (Er,) Der euch aus grünen Bäumen
Feuer gemacht hat, so dass ihr sogleich damit anzünden könnt.
Hat nicht Derjenige, Der die Himmel und die Erde erschaffen hat,
(auch) die Macht, Ihresgleichen zu erschaffen? Ja doch! Und Er ist
der Allerschaffer und Allwissende.) (Qur`an 36:77-81)
Es waren solche Diskussionen und solche logischen Antworten und
solche treffenden Argumente und deutliche Beweise, die bei den
Menschen keinen Zweifel aufkommen lassen, die über einen gesunden
Menschenverstand verfügen und nach der Wahrheit suchen, die dazu
geführt haben, dass erkannt wurde, dass diese Religion die wahre
und richtige Religion ist. So berichtet uns Allah, der Hocherhabene,
über die Diskussion zwischen Ibrahim (möge Allah ihn in Ehren
halten) und dem König von Babel Namrud ibn Kan’an: (Siehst du
nicht jenen, der mit Ibrahim über seinen Herrn stritt, weil Allah
ihm die Herrschaft gegeben hatte? (Damals) als Ibrahim sagte:
„Mein Herr ist Derjenige, Der lebendig macht und sterben lässt.“
Er sagte: „Ich mache lebendig und lasse sterben.“ Ibrahim sagte:
„Allah bringt ja die Sonne vom Osten her; so bringe du sie vom
Westen her!“ Da war derjenige, der ungläubig war, verblüfft.
Und Allah leitet nicht das ungerechte Volk recht.) (Qur`an 2:258)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Dawa gehört
auch, dass man sich davor hütet, Unterstellungen zu machen,
zu verletzen und sarkastisch zu werden, sowie Abstand von
Provokationen und Verärgerungen jeglicher Art hält. So sagt Allah,
der Hocherhabene:
(Und sag Meinen Dienern, sie sollen das, was am besten ist, sagen.
Gewiss, der Satan stachelt zwischen ihnen (zu Zwietracht) auf.
Der Satan ist ja dem Menschen ein deutlicher Feind.) (Qur`an 17:53)
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 40
Auch gehört zur Toleranz und Nachsicht des Islam, dass er der
Methode der schönen Empfehlung, der Zuwendung und des
Mitgefühls folgt, denn nur damit werden die Herzen angesprochen,
mit den schönen und guten Worten, die dem Herzen lieb sind. So sagt
Allah, der Hocherhabene:
(Sag: O Leute der Schrift, warum haltet ihr die, die glauben, von
Allahs Weg ab, indem ihr danach trachtet, ihn krumm zu machen,
wo ihr doch Zeugen seid? Doch Allah ist nicht unachtsam dessen,
was ihr tut.)(Qur`an 3:99)
Allah sagt auch:
(Sag: O mein Volk, handelt nach eurer Stellung! Ich werde
ebenfalls (so) handeln. Dann werdet ihr (noch) erfahren, wem die
letztendliche Wohnstätte gehören wird. Gewiss, den Ungerechten
wird es nicht wohl ergehen.)(Qur`an 6:135)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Dawa gehört
auch, dass er sanft in der Art und Weise des Vortragens ist und zärtlich
in den Worten, ohne dabei grob zu sein. So spricht Allah zu Moses
und Harun, Allahs Segen und Frieden auf ihnen, als Er sie zum Pharao
entsandt hat, um ihn (zum Islam) aufzurufen. Pharao behauptete, er
sei Gott und forderte die Menschen dazu auf, ihn anzubeten:
(Geht zu Firaun (Pharao), denn er lehnt sich auf. Und so redet
mit ihm in sanften Worten, auf dass er bedenken oder sich
fürchten möge.) (Qur`an 20:43-44)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Dawa gehört es,
den Andersgläubigen die Möglichkeit zu geben, ihrerseits Argumente
und Beweise hervorzubringen und darzulegen, um diese schließlich zu
besprechen und zu diskutieren. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Sag: Was meint ihr zu dem, was ihr anstatt Allahs anruft? Zeigt mir,
was sie von der Erde erschaffen haben. Oder haben sie etwa an den
Himmeln teil? Bringt mir doch ein Buch vor diesem herbei oder die
(geringste) Spur von Wissen, wenn ihr wahrhaftig seid.) (Qur`an 46:4)
41 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA
Es gehört auch zur Toleranz und Nachsicht der islamischen Religion,
dass sie alle, die ihr widersprechen, zu sinnvollen und konstruktiven
Gesprächen einlädt, die sie auf einen gemeinsamen Nenner bringen
und vor Trennung und Diskrepanz fernhalten, mit einem Akzent von
Gutmütigkeit und von dem Wunsch des Guten für sie geleitet. So
sagt Allah, der Hocherhabene:
(Sag: O Leute der Schrift, kommt her zu einem zwischen uns
und euch gleichen Wort: dass wir niemandem dienen außer
Allah und Ihm nichts beigesellen und sich nicht die einen von uns
die anderen zu Herren außer Allah nehmen. Doch wenn sie sich
abkehren, dann sagt: Bezeugt, dass wir (Allah) ergeben sind.)
(Qur`an 3:64)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Dawa gehört
auch, dass der Islam die Tore der Konvertierung zu sich weit öffnet
und jeder hineintreten kann, ohne Schwierigkeit, Einmischung,
Mühe oder Erschwernis; und ohne jegliche Rituale oder religiöse
Zeremonien, die an bestimmten Orten stattfinden oder vor bestimmten
Leuten vollzogen werden müssen. Dies, weil der Islam eine reine,
unmittelbare und direkte Verbindung zwischen dem Menschen
und seinem Gott ist, ohne Mittler oder dergleichen. Es sind nur ein
paar einfache Worte, die sehr schwer wiegen und eine großartige
Bedeutung in sich tragen. Derjenige, der sich dazu entschlossen
hat Muslim zu werden und den Islam annehmen möchte, kann sie
einfach sagen und diese sind das Glaubensbekenntnis (Ich bezeuge,
dass es nichts gibt, dem zu Recht gedient wird, außer Allah, und ich
bezeuge, dass Muhammad Sein Diener und Gesandter ist). Diese
Worte sind der Schlüssel zum Paradies; wer sie aus Überzeugung
sagt, distanziert sich damit von jeder anderen Religion und Ideologie
(außer den Islam) und ihm stehen die Rechte zu, die den Muslimen
zustehen und er hat die Pflichten, die Muslime auch haben.
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Dawa gehört
auch, dass wenn ein Nicht-Muslim den Islam annimmt, Allah ihm
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 42
alle seine vorangegangenen Sünden vergibt, die er vor dem Islam
begangen hat. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Sag zu denen, die ungläubig sind: Wenn sie aufhören, wird
ihnen vergeben, was bereits vergangen ist. Wenn sie aber (dazu)
zurückkehren, – so hat sich schon die Gesetzmäßigkeit an den
Früheren vollzogen.)(Qur`an 8:38)
Und der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm
Wohlergehen schenken) sagte:
„Der Islam löscht, was vorher war.“
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der Dawa
gehört auch, dass die Angehörigen anderer (Schrift-)Religionen,
wenn sie den Islam annehmen, doppelt belohnt werden, weil sie an
ihren Propheten geglaubt haben und nun auch an die Botschaft des
Propheten Muhammad (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm
Wohlergehen schenken) glauben. Allah, der Hocherhabene, sagt:
(Diejenigen, denen Wir vor ihm die Schrift gaben, glauben an
ihn. Und wenn er ihnen verlesen wird, sagen sie: „Wir glauben
an ihn. Gewiss, es ist die Wahrheit von unserem Herrn. Wir
waren ja schon vor ihm (Allah) ergeben.“ Diese erhalten ihren
Lohn zweimal dafür, dass sie standhaft waren. Und sie wehren
mit dem Guten das Böse ab und geben von dem aus, womit Wir
sie versorgt haben.) (Qur`an 28:52-54)
Auch gehört zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich
der Dawa, dass die Nicht-Muslime, die den Islam annehmen, für
ihre guten Taten, die sie vor dem Islam verrichtet haben, belohnt
werden. So sagt Hakim ibn Hizam (möge Allah Wohlgefallen an ihm
haben): „O Prophet, werde ich auch für die guten Taten vor meinem
Muslimsein, wie Spenden, Freilassen von Sklaven, Verwandte
besuchen, belohnt?“ Da sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren
halten und ihm Wohlergehen schenken):
„Als du den Islam angenommen hast, wurden dir deine guten
Taten vor dem Islam angerechnet.“ (Buchari)
43 DR.ABDUR RAHMÁN AL-SHEHA
DIE TOLERANZ UND NACHSICHT DES ISLAM IM BEREICH
DES UMGANGS MIT NICHT-MUSLIMEN:
Zu Beginn des Abschnitts über die Toleranz und Nachsicht des Islam im
Umgang mit Nicht-Muslimen möchte ich den Orientalisten Louis Jung
zitieren. Dies ist eine Einführung über einige Facetten der Toleranz und
Nachsicht den Nicht-Muslimen gegenüber. Er sagte: „Es gibt Dinge, die
der Westen noch von der islamischen Zivilisation lernen muss. Eines
davon ist die großzügige und tolerante Sichtweise der Araber. [Die
Araber und Europa, S.10, zitiert wird aus dem Buch: „Das sagen sie über
den Islam“, S.327]. Im Folgenden werden einige Facetten der Toleranz
und Nachsicht gegenüber den Nicht-Muslimen aufgezeigt.
Eine Seite der Toleranz und Nachsicht des Islam gegenüber Nicht-
Muslimen ist, dass er alle wirtschaftlichen Beziehungen mit ihnen
erlaubt hat, wie Kaufgeschäfte, Unternehmensführung, Mietverträge,
Tauschgeschäfte etc.. All das erfolgt gemäß den Scharia-Richtlinien,
die den Schutz vor jeglichen Schäden gewährleisten und die Rechte
wahren. Auch erfolgt das durch die beidseitige Einigung und das
Wissen über diese Verträge und Vertragsgegenstände sowie die
Voraussetzungen. So berichtet ‘Aischa (möge Allah Wohlgefallen
an ihr haben), dass der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten
und ihm Wohlergehen schenken) Essen von einem Juden kaufte
und diesem sein Schild als Pfand hinterließ. Der Islam verbietet
solche Beziehungen nicht, es sei denn, es ergibt sich Schaden oder
Ungerechtigkeit, wie etwa Zinsen oder Glücksspiel, denn diese sind
verboten, auch für die Muslime untereinander. So sagt Allah, der
Hocherhabene:
(O die ihr glaubt, verschlingt nicht den Zins um ein Vielfaches
vermehrt, sondern fürchtet Allah, auf dass es euch wohl ergehen
möge!) (Qur`an 3:130)
Allah sagt auch:
(O die ihr glaubt, berauschender Trank, Glücksspiel, Opfersteine
und Lospfeile sind nur ein Gräuel vom Werk des Satans. So
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 44
meidet ihn, auf dass es euch wohl ergehen möge! Der Satan
will (ja) zwischen euch nur Feindschaft und Hass säen durch
berauschenden Trank und Glücksspiel und euch vom Gedenken
Allahs und vom Gebet abhalten. Werdet ihr (damit) nun wohl
aufhören?) (Qur`an 5:90-91)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-
Muslimen gehört es auch, dass es erlaubt ist, in ihren Gebetsstätten zu
beten. So wird überliefert, dass abu Musa in einer Kirche in Damaskus
namens Nahya gebetet hat. Wobei es nicht wünschenswert ist, wenn
sich darin Skulpturen oder Bilder befinden, es sei denn es lässt sich
kein anderer Platz finden. Wie Omar (möge Allah Wohlgefallen an
ihm finden) zu einem Christen sagte: „Wir betreten eure Kirchen
wegen den Bilder bzw. Skulpturen nicht.“
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-
Muslimen gehört ebenfalls, dass die Nicht-Muslime in die Moschee
eintreten dürfen, wenn sie ein bestimmtes Interesse haben. Eine
Ausnahme stellt die heilige Moschee in Makkah dar. Denn der
Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen
schenken) empfing Delegationen in seiner Moschee in Medina und
hat ihnen das (Betreten) nicht verboten. Dies zeigt auch die bekannte
Geschichte von Thumama ibn Athal. Abu Huraira (möge Allah
Wohlgefallen an ihm finden) berichtete:
„Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm
Wohlergehen schenken) entsandte Leute Richtung Najd. Sie kamen
mit einem Mann vom Stamm Hanifa, der Thumama ibn Athal
hieß, ein Oberhaupt des Stammes von al-Yamama. Der Prophet
(möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken)
fragte: „Was hast du Thumama?“ Er sagte: „O Muhammad, ich
bringe dir folgende frohe Nachricht. Wenn du mich tötest, dann
tötest du einen Adligen. Und wenn du gnädig bist, dann bist du
einem Dankenden gnädig. Wenn du Geld willst, so frage danach
und du bekommst davon was du willst.“ Der Prophet verließ ihn
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und kam am nächsten Tag wieder. Er fragte ihn: „Was hast du
Thumama?“ Er antwortete: „Was ich auch gestern sagte, wenn
du gnädig bist, bist du einem Dankenden gnädig und wenn du
tötest, tötest du einen Adligen. Und wenn du Geld willst, bekommst
du so viel wie du magst.“ Wieder verließ ihn der Prophet (möge
Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) und
kam am nächsten Tag wieder und fragte wieder: „Was hast
du Thumama?“ Er antwortete wieder: „Was ich auch gestern
sagte, wenn du gnädig bist, bist du einem Dankenden gnädig
und wenn du tötest, tötest du einen Adligen. Und wenn du Geld
willst, bekommst du so viel wie du magst.“ Da sagte der Prophet
(möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):
„Lasst ihn frei!“ Thumama ging, nachdem er freigelassen wurde,
zu einem der Moschee nahegelegenen Garten, wusch sich, kam
zum Propheten zurück und sagte das Glaubensbekenntnis: „Aschhadu
al-la ilaha illa Allah wa asch-hadu anna Muhammad rasul
Allah.“ Er sagte weiter: „O Muhammad, bei Allah, kein Gesicht
war mir auf dieser Welt verhasster als dein Gesicht und jetzt ist es
das mir liebste Gesicht auf dieser Welt, und es gab keine Religion,
die mir verhasster war als deine Religion und jetzt ist sie mir die
liebste, und kein Land war mir mehr verhasst als dein Land und
jetzt ist es das mir am liebste. Deine Leute haben mich gefangen
genommen, als ich zur ‘Umra wollte. Was soll ich nun tun?“ Der
Prophet verkündete ihm eine frohe Botschaft und befahl ihm die
Umra zu verrichten. Als nun Thumama in Makkah ankam, fragte
ihn jemand: „Hast du die Religion deiner Väter verlassen und bist
Muhammad gefolgt?“ Er sagte: „Ich bin Muslim geworden und bei
Allah, ihr bekommt kein Weizenkorn, bis der Prophet es erlaubt.“
Ein weiterer Aspekt der Toleranz und Nachsicht des Islam im
Umgang mit den Nicht-Muslimen ist, dass es erlaubt ist, ihre Kranken
zu besuchen und sie zu trösten, sowie bei Allah für sie um Gesundheit
zu bitten. So berichtet Anas (möge Allah Wohlgefallen an ihm finden):
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 46
„Ein jüdischer Junge war ein Diener des Propheten (möge Allah
ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken). Als dieser
Junge krank wurde, besuchte ihn der Prophet (möge Allah ihn
in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) und setzte sich
neben seinem Kopf nieder, dann sagte er: „Nimm den Islam an!“
Da schaute der Junge zu seinem Vater. Dieser sagte: „Gehorche
abu al-Qasim (dem Propheten)!“ Er nahm den Islam an. Als
dann der Prophet rausging, sagte er: „Allah gebührt der Dank,
der ihn vor der Hölle errettet hat.“ (Buchari)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-
Muslime gehört auch, dass es erlaubt ist, ihnen beim Tod ihrer
Nahestehenden Beileid auszusprechen und sie zu trösten. So berichtet
Abu Huraira (möge Allah Wohlgefallen an ihm haben), dass der
Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen
schenken) sagte:
„Ich bat Allah um Erlaubnis, für meine Mutter um Vergebung
zu bitten, jedoch erlaubte Er es mir nicht. Und ich bat Ihn um
Erlaubnis, ihr Grab zu besuchen. Dies erlaubte Er mir.“ (Muslim)
Auch gehört es zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang
mit den Nicht-Muslimen, dass es erlaubt ist, für sie zu spenden, wenn
sie nicht kriegerisch bzw. feindselig sind, und sie zu beschenken.
Als für Abdullah ibn ‘Amr (möge Allah Wohlgefallen an ihm
finden) eine Ziege geschlachtet wurde, kam er und sagte: „Habt
ihr unseren jüdischen Nachbarn etwas davon geschenkt? Habt ihr
unseren jüdischen Nachbarn etwas davon geschenkt? Ich habe vom
Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen
schenken) gehört, dass er sagte:
„Jibril empfahl mir so eindringlich die Güte zum Nachbarn, bis
ich dachte, dass er ihn als Erben einsetzen würde.“ (At-Tirmidhi)
Es geht sogar soweit, dass es erlaubt ist, die Almosen, die den
bedürftigen Muslimen zustehen, denjenigen auszuzahlen, deren
Herzen vertraut gemacht werden sollen, wenn damit ein Nutzen für
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die Muslime, das Abwenden eines Übels, das Annehmen des Islam
oder die Verteidigung von diesem erzielt wird. So sagt Allah, der
Hocherhabene:
(Die Almosen sind nur für … diejenigen, deren Herzen vertraut
gemacht werden sollen) (Qur`an 9:60)
Auch als ‘Umar (möge Allah Wohlgefallen an ihm haben) einen
armen, schwachen Bettler von den Leuten der Schrift (Ahl al-Kitab)
sah, befahl er, ihm Geld von der Staatskasse (Bayt al-Mal) zu geben
und sagte:
„Schaut nach anderen seinesgleichen und gebt ihnen das, was ihren
Bedarf und den ihrer Familien deckt, denn Allah, der Hocherhabene sagt:
(Die Almosen sind nur für die Armen, die Bedürftigen …) (Qur`an 9:60)
Die Armen sind die Muslime und die Bedürftigen sind die Leute der
Schrift (Ahl al-Kitab).“
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-
Muslimen gehört auch, dass es erlaubt ist, dass der Muslim seine
nicht-muslimischen Verwandten besucht. Es wurde sogar befohlen,
sie gut zu behandeln und nicht den Kontakt zu ihnen abzubrechen. So
berichtet Asma bint abu Bakr (möge Allah Wohlgefallen an ihr haben):
„Meine Mutter, die ungläubig war, kam mich besuchen. Ich fragte
den Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen
schenken): „Meine Mutter kommt mich besuchen und sie ist eine
Götzendienerin, soll ich den Kontakt zu ihr dennoch pflegen?“ Er sagte:
„Ja, pflege den Kontakt zu deiner Mutter.“ (Buchari)
Auch gehört zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit
den Nicht-Muslimen, dass es erlaubt ist, von ihrem Geschirr zu speisen
und ihre Kleidung zu tragen, wenn sie nicht aus Verbotenem produziert
worden sind, wie etwa Gold oder nicht-muslimische Kleidung, laut
dem Ausspruch, den abu Tha’laba al-Khuschani überliefert hat.
Er sagte: „O Prophet, wir leben in einem Stamm, der aus den
Leuten der Schrift (Ahl al-Kitab) besteht. Dürfen wir aus ihrem
TOLERANZ UND NACHSICHT IM ISLAM 48
Geschirr speisen?“ Er sagte: „Wenn ihr anderes Geschirr findet,
dann esst nicht aus ihrem, wenn ihr keines findet, dann wascht es
und esst daraus.“ (Buchari)
Es gehört auch zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang
mit Nicht-Muslimen, dass es erlaubt ist, von den Leuten der Schrift
(Ahl al-Kitab) zu heiraten und von ihrer Nahrung zu essen, wenn
diese halal ist, gemäß dem Vers:
(Heute sind euch die guten Dinge erlaubt. Und die Speise
derjenigen, denen die Schrift gegeben wurde, ist euch erlaubt,
und eure Speise ist ihnen erlaubt. Und die Ehrbaren von den
gläubigen Frauen und die ehrbaren Frauen von denjenigen,
denen vor euch die Schrift gegeben wurde, wenn ihr ihnen ihren
Lohn gebt, als ehrbare Ehemänner, nicht als solche, die Hurerei
treiben und sich Liebschaften halten.) (Qur`an 5:5)
Desweiteren gehört auch zur Toleranz und Nachsicht des Islam im
Umgang mit den Nicht-Muslimen, dass ihnen ihre Ehe, die sie vor dem
Islam geschlossen hatten, anerkannt wird. So verfuhr der Prophet (möge
Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) mit den
Nicht-Muslimen, die den Islam angenommen hatten. So geschah es mit
Ghailan ibn Salama ath-Thaqafi, der zehn Ehefrauen hatte, als er Muslim
wurde. Da sagte ihm der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und
ihm Wohlergehen schenken): „Wähle vier von ihnen aus!“ (At-Tirmidhi)
Auch gehört zur Toleranz und Nachsicht des Islam, dass es erlaubt
ist, das Fleisch der geschächteten Vierbeiner unter dem Vieh nur
von den Leuten der Schrift (Ahl al-Kitab) zu essen, wenn diese den
Namen Gottes beim Schächten erwähnt haben. So sagt Allah, der
Hocherhabene:
(Und esst nicht von dem, worüber der Name Allahs nicht
ausgesprochen worden ist. Das ist wahrlich Frevel.) (Qur`an 6:121)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-
Muslimen gehört auch, dass es erlaubt ist, ihnen Schutz und Sicherheit
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zu gewähren. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Und wenn jemand von den Götzendienern dich um Schutz bittet,
dann gewähre ihm Schutz, bis er das Wort Allahs hört. Hierauf
lasse ihn den Ort erreichen, wo er in Sicherheit ist.) (Qur`an 9:6)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-
Muslimen gehört auch Folgendes: Wenn ein Nicht-Muslim eine
Straftat gegen einen Muslim begangen hat, die in einem islamischen
Staat eine Sanktion zur Folge hat, wird derjenige, dessen Recht verletzt
wurde oder sein gesetzlicher Stellvertreter vor die Wahl gestellt, ob
sie Gnade walten lassen, einen (materiellen) Schadensersatz dafür
nehmen oder die Sanktion durchführen lassen. So sagt Allah, der
Hocherhabene:
(Und Wir haben ihnen darin vorgeschrieben: Leben um Leben,
Auge um Auge, Nase um Nase, Ohr um Ohr, Zahn um Zahn;
und (auch) für Verwundungen Wiedervergeltung. Wer es aber
als Almosen erlässt, für den ist es eine Sühne.) (Qur`an 5:45)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-
Muslimen gehört auch Folgendes: Es ist den Muslimen verboten,
andere Religionen zu beschimpfen, zu beleidigen oder sich
herablassend über sie zu äußern. So sagt Allah, der Hocherhabene:
(Und schmäht nicht diejenigen, die sie außer Allah anrufen,
damit sie nicht in Übertretung ohne Wissen Allah schmähen!)
(Qur`an 6:108)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-
Muslimen gehört auch, dass den Muslimen vorgeschrieben ist, ihre
Versprechungen und Abmachungen (bei Verträgen etwa) einzuhalten.
So sagt Allah, der Hocherhabene:
(O die ihr glaubt, haltet die Abmachungen!) (Qur`an 5:1)
Auch hat der Islam befohlen, zu den Nicht-Muslimen bei Verträgen
und Abkommen treu zu sein; und der Islam hat den Verrat verboten.
So sagt Allah, der Hocherhabene:
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(Und erfüllt die (eingegangene) Verpflichtung. Gewiss, nach der
(Erfüllung der) Verpflichtung wird gefragt werden.) (Qur`an 17:34)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-
Muslimen gehört auch, dass ihr Leben, ihr Vermögen und ihre Ehre
zu respektieren sind, sodass es verboten ist, ihnen Unrecht zu tun,
ihnen feindselig zu begegnen, etwas von ihren Rechten zu mindern
oder sie schlecht zu behandeln. So sagt Allah, der Allerbarmer: (Allah
verbietet euch nicht, gegenüber denjenigen, die nicht gegen
euch der Religion wegen gekämpft und euch nicht aus euren
Wohnstätten vertrieben haben, gütig zu sein und sie gerecht zu
behandeln. Gewiss, Allah liebt die Gerechten.) (Qur`an 60:8)
Auch sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm
Wohlergehen schenken):
„Derjenige, der einem Verbündeten Unrecht zufügt oder sein
Recht verletzt oder ihm mehr auferlegt, als dieser zu leisten
vermag oder von ihm etwas nimmt, ohne seine Einwilligung, so
bin ich derjenige, der am Tag der Auferstehung gegen ihn ist.“
(Sunan abu Dawud, Bd. 3, S. 170, Nr. 3052).
Auch sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm
Wohlergehen schenken):
„Wer einen Verbündeten tötet, riecht nicht (einmal) den Geruch
des Paradieses. Und der Geruch des Paradieses ist aus einem
Abstand von 40 Jahren zu riechen.“ (Buchari)
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den
Nicht-Muslimen gehört ebenfalls, dass den Ahl ath-Thimma
(Schutzbefohlenen) von den Nicht-Muslimen, soziale Sicherheit in
einem islamischen Land zusteht, gemäß der Handlung des zweiten
Kalifen, Umar ibn al-Khattab (möge Allah Wohlgefallen an ihm
haben), als er einen alten Mann von den Juden sah, wie er um Geld
bettelte. Als er nach ihm fragte, erfuhr er, dass er zu den Ahl al-
Jizya (Tributzahlern) gehörte. Da sagte ‘Umar zu ihm: „Wir wären
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dir gegenüber nicht gerecht, wenn wir von dir den Tribut während
deiner Jugend zwar genommen haben, dich jetzt im Alter aber im
Stich lassen würden.“ Er nahm ihn an der Hand, ging mit ihm zu sich
nach Hause und gab ihm, was er an Essen und Kleidung fand und
ließ dem Wärter des Bayt al-Mal mitteilen: „Schaut nach anderen
seinesgleichen und gebt ihnen, was ihren Bedarf und den ihrer
Familien deckt, denn Allah, der hocherhabene, sagt:
(Die Almosen sind nur für die Armen, die Bedürftigen …) (Qur`an 9:60)
Die Armen sind die Muslime und die Bedürftigen sind die Leute der
Schrift (Ahl al-Kitab).
Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Umgang mit den Nicht-
Muslimen gehört auch Folgendes: Er hat die Muslime dazu
angehalten, den Feinden unter den Nicht-Muslimen zu vergeben und
zu verzeihen, trotz der Möglichkeit, diese zu bestrafen, um so ihre
Herzen zu gewinnen, und um zu zeigen, dass der Islam eine Religion
voller Toleranz und Nachsicht, Liebe und Barmherzigkeit ist, und
nicht eine Religion, die darauf abzielt, die nächstbeste Gelegenheit
zu ergreifen, um zu unterdrücken und zu tyrannisieren. So sagt Allah,
der Hocherhabene, zu Seinem Propheten:
(Dafür, dass sie ihr Abkommen brachen, haben Wir sie verflucht
und ihre Herzen hart gemacht. Sie verdrehen den Sinn der Worte,
und sie haben einen Teil von dem vergessen, womit sie ermahnt
worden waren. Und du wirst immer wieder Verrat von ihnen
erfahren – bis auf wenige von ihnen. Aber verzeihe ihnen und übe
Nachsicht. Gewiss, Allah liebt die Gutes Tuenden.) (Qur`an 5:13)
Auch sagt Allah:
(Viele von den Leuten der Schrift möchten euch, nachdem ihr
den Glauben (angenommen) habt, wieder zu Ungläubigen
machen, aus Missgunst von sich selbst aus, nachdem ihnen die
Wahrheit klargeworden ist. Doch verzeiht und seid nachsichtig,
bis Allah mit Seiner Anordnung kommt! Allah hat zu allem die
Macht.) (Qur`an 2:109)