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7. DER GLAUBE AN DIE VORBESTIMMUNG


Das ist die feste Überzeugung, dass Aḷḷāh  die Schicksale der Geschöpfe mit


Seinem ewigen Wissen vorherbestimmte, sie auf der geschützten Tafel (al-Lauḥ


al-Maḥfūẓ) niederschreiben und nach Seinem Willen verlaufen ließ, sie durch


Seine Allmacht erschuf. Aḷḷāh  sagt:


„Gewiss, Wir haben alles nach einer Bestimmung) Maß erschaffen“ (54:49)


und


„Er, […] Der […] alles erschaffen und ihm dabei seine Bestimmung zugeteilt


hat.“ (25:2).


Zum Glauben an die Vorbestimmung gehören folgende Aspekte:


8.1 DER GLAUBE AN AḶḶĀHS EWIGES WISSEN, …


Das alles umfasst, global und in allen Details. Das betrifft alles, was mit Seinen


Taten verbunden ist, z. B. die Bestimmung der Lebensdauer und der Lebensunterhalte,


oder auch was mit den gehorsamen und ungehorsamen Taten Seiner Diener


zusammenhängt. Aḷḷāh  sagt:


„Er weiß über alles Bescheid.“ (2:29)


und:


„Das ist die Anordnung des Allmächtigen und Allwissenden.“ (6:96).


Aḷḷāh wusste schon immer, wer Ihm gehorchen und wer sich gegen Ihn aufbäumen


wird; ebenso wusste Aḷḷāh, wer lange leben wird und wessen Lebensdauer kurz


sein wird.


8.2 DER GLAUBE DARAN, DASS AḶḶĀH DIE


SCHICKSALE AUF DER GESCHÜTZTEN TAFEL


NIEDERSCHREIBEN LIESS


Aḷḷāh  sagt:


„Kein Unglück trifft ein auf der Erde oder bei euch selbst, ohne dass es in einem


Buch (verzeichnet) wäre, bevor Wir es erschaffen - gewiss, dies ist Aḷḷāh ein


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DER GLAUBE AUS DEM EDLEN QUR’ĀN UND DER AUTHENTISCHEN SUNNAH


leichtes“ (57:22),


und


„Diejenigen, die ungläubig sind, sagen: „Die Stunde kommt nicht über uns.“ Sag:


Doch bei meinem Herrn – sie kommt ganz gewiss über euch –, (bei Ihm,) dem


Kenner des Verborgenen! Es entgeht Ihm nicht das Gewicht eines Stäubchens,


weder in den Himmeln noch auf der Erde. Und es gibt nichts, was kleiner ist als


dies oder größer, das nicht in einem deutlichen Buch (verzeichnet) wäre“ (34:3).


ʽAmr Ibn al-ʽĀṣ, Aḷḷāhs Wohlgefallen sei auf beiden, berichtete:


„Ich habe den Propheten - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagen hören: ‚Aḷḷāh


schrieb die Schicksale der Geschöpfe fünfzigtausend Jahre, bevor er die Himmel


und die Erde erschuf‘. Er sagte: ‚Und Sein Thron ist über dem Wasser‘.“72


ʽUbādah Ibn aṣ-Ṣāmit, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete, dass der Prophet


- Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagte:


„Das erste, was Aḷḷāh  erschuf, war das Schreibrohr. Dann ordnete Er ihm


an: ‚Schreib.‘ Es antwortete: ‚Herr, was soll ich schreiben?‘ Aḷḷāh sprach:


‚Schreib die Schicksale von allem, bis zum Tag der Auferstehung.‘“73


Aḷḷāh hat das Allwissen und das Schreiben in einem Vers vereint, nämlich:


„Weißt du denn nicht, daß Allah weiß, was im Himmel und auf der Erde ist?


Gewiss, das steht in einem Buch; gewiss, das ist Allah ein leichtes.“ (22:70).


8.3 DER GLAUBE AN DEN SICH DURCHSETZENDEN


WILLEN AḶḶĀHS


Was Aḷḷāh will, geschieht; was Aḷḷāh, nicht will, geschieht nicht. Niemand kann


zurückhalten, was Er gibt; und niemand kann geben, was Er zurückhält. Niemand


kann verhindern, was Er bestimmt; und nichts passiert in Seiner Herrschaft, was


Er nicht will. Er leitet mit Seiner Gunst recht, wen Er will; und Er führt mit Seiner


Gerechtigkeit irre, wen Er will. Niemand kann Seine Entscheidung widerrufen.


Aḷḷāh  sagt:


„Und wenn Aḷḷāh gewollt hätte, hätten diejenigen nach ihnen nicht miteinander


72 Muslim (Nr. 2653).


73 Abū Dāwūḏ (Nr. 4700) und at-Tirmiḏiyy (Nr. 2155).


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gekämpft, nachdem die klaren Beweise zu ihnen gekommen waren. Aber sie waren


uneinig: Unter ihnen gab es manche, die glaubten und andere, die ungläubig


waren. Und wenn Aḷḷāh gewollt hätte, hätten sie nicht miteinander gekämpft.


Doch Aḷḷāh tut, was Er will.“ (2:253)


und:


„… für jemanden von euch, der sich recht verhalten will. Und ihr könnt nicht


wollen, außer dass Aḷḷāh will, (Er), der Herr der Weltenbewohner.“ (81:28-29).


8.4 DER GLAUBE DARAN, DASS AḶḶĀH ALLE


GESCHÖPFE ERSCHUF UND SIE IN DIE


EXISTENZ RIEF


Denn Aḷḷāh ist der Schöpfer und alles außer Ihm ist erschaffen. Alle Geschöpfe,


ihr Wesen, ihre Eigenschaften und Tätigkeiten sind erschaffen, denn Aḷḷāh ist es,


Der sie erschafft. Aḷḷāh  sagt: „Aḷḷāh ist der Schöpfer von allem, und Er ist


Sachwalter über alles.“ (39:62),


sowie:


„wo doch Aḷḷāh euch und das, was ihr tut, erschaffen hat?“ (37:96).


Die Handlungen sind also von Aḷḷāh erschaffen und werden von den Dienern vollzogen.


Aḷḷāh  sagt:


„Ihr74 kommt (nur) zu, was sie verdient hat, und angelastet wird ihr (nur), was


sie verdient hat“ (2:286).


8.5 DIE ÜBERZEUGUNG, DASS ZWISCHEN DEM


WILLEN UND DER LIEBE KEIN ZWINGENDER


ZUSAMMENHANG BESEHT


Aḷḷāh kann also etwas wollen, das Er nicht liebt, genauso wie Er etwas lieben kann,


das Er nicht will, und zwar aus Seinem unendlichen Wissen heraus und in weisester


Absicht. Er U sagt:


„Und wenn Wir gewollt hätten, hätten Wir jeder Seele ihre Rechtleitung gegeben.


74 D. h. jeder Seele (Anm. d. Ü.).


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Aber (nun) ist das Wort von Mir unvermeidlich fällig geworden: ‚Ganz gewiss


werde Ich die Hölle mit den Ginn und den Menschen allesamt füllen.‘“ (32:13),


und:


„Wenn ihr ungläubig seid, so ist Aḷḷāh eurer unbedürftig, obgleich Er mit dem


Unglauben für Seine Diener nicht zufrieden ist. Wenn ihr aber dankbar seid, ist


Er damit zufrieden für euch.“ (39:7).


8.6 DIE ÜBERZEUGUNG, DASS ES KEINEN WIDERSPRUCH


GIBT ZWISCHEN DEN ISLAMISCHEN GESETZEN UND


DER VORBESTIMMUNG.


Aḷḷāh  sagt nämlich:


„Euer Bemühen ist wahrlich verschieden. Was nun jemanden angeht, der gibt


und gottesfürchtig ist und das Beste für wahr hält, so werden Wir ihm den Weg


zum Leichteren leichtmachen. Was aber jemanden angeht, der geizt und sich


für unbedürftig hält und das Beste für Lüge erklärt, so werden Wir ihm den Weg


zum Schwereren leichtmachen“ (92:4-10).


Denn die islamischen Gesetze sind wie ein offenes Buch, während die Vorbestimmung


verschlossen und verborgen ist. Aḷḷāh hat die Schicksale der Diener vorherbestimmt


und sie vor ihnen verborgen. Er gab ihnen Gebote und Verbote, bereitete


sie vor und stattete sie so aus, dass sie Seine Gebote durchsetzen und Seine Verbote


einhalten können, und Er entschuldigt sie, wenn sie daran gehindert werden, Ihre


Pflichten Ihm gegenüber zu erfüllen. Es kann sich also niemand auf das vorbestimmte


Schicksal berufen, um sich zu rechtfertigen für das Begehen von Sünden


oder um sich von der Gehorsamkeit abzuwenden. Aḷḷāh  sagt:


„Diejenigen, die (Ihm) beigesellen, werden sagen: ‚Wenn Aḷḷāh gewollt hätte,


hätten wir (Ihm) nichts beigesellt, und (auch) nicht unsere Väter, und wir hätten


nichts verboten.‘ Ebenso haben diejenigen vor ihnen (ihre Gesandten) der Lüge


bezichtigt, bis sie Unsere Gewalt kosteten. Sag: Habt ihr (irgendein) Wissen,


das ihr uns vorbringen könnt? Ihr folgt ja nur Mutmaßungen, und ihr stellt


nur Schätzungen an. Sag: Aḷḷāh hat das überzeugende Beweismittel. Wenn Er


gewollt hätte, hätte Er euch fürwahr allesamt rechtgeleitet.“ (6:148-149).


Er hielt ihnen erstens ihre Lüge vor, dann ließ Er sie zweitens Seine Gewalt kosten.


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Wäre die Vorbestimmung eine gültige Rechtfertigung für sie gewesen, hätte Aḷḷāh


sie weder bestraft noch ihnen eine Lüge vorgeworfen. Drittens: Sie nutzten nicht


das (ihnen offenbarte) Buch, um aus diesem Wissen heraus zu sprechen – was ein


Argument für sie gewesen wäre. Doch sie stellten nur Mutmaßungen und Schätzungen


an. Und Aḷḷāh hat den eindeutigen Beweis.


8.7 WER HINSICHTLICH DER VORHERBESTIMMUNG


IRREGING UND WAS DIE ANTWORT AUF IHRE


ARGUMENTE IST


Hinsichtlich der Vorbestimmung sind zwei Gruppen irregegangen:


a) Die Indeterministen (Qadariyyah), die die Vorbestimmung ablehnen: Sie


überbetonten die Taten der Diener in derart, dass sie dadurch dem vorbestimmten


Schicksal widersprachen. Sie sind in zwei Unterstufen einzuteilen:


I. Die Radikalen: Diese waren die Ersten dieser Gruppe, die noch zu – späten


– Zeiten der Gefährten des Propheten - Aḷḷāhs Segen und Heil auf


ihm , Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihnen, auftauchten und behaupteten, dass


nichts vorbestimmt sei. Ihnen entgegneten Gefährten wie Ibn ʽAbbās und


Ibn ʽUmar, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihnen. Diese vom Weg abgekommene


Gruppe verleugnete sowohl das Allwissen (Aḷḷāhs) als auch Seine Vorbestimmung,


Seinen Willen und Sein Erschaffen.


II. Die Gemäßigten: Das sind die Muʽtazilah, die Aḷḷāh zwar zugestanden,


allwissend zu sein und dass Er alles niederschrieben ließ, jedoch Seinen


Willen und die Schöpfung bezüglich der Taten abstritten und behaupteten,


der Diener erschaffe seine Taten selbst.


b) Die Deterministen (Ǧabriyyah): Sie überbetonten die göttlichen Taten derart ,


dass sie dem Diener jeglichen Willen und eigene Fähigkeiten absprachen. Ihnen


zufolge geschehen all seine Taten zwangsläufig, wie das unwillkürliche Zucken


eines Kranken. Des Weiteren bestritten sie die Weisheit und Begründungen in


Bezug auf Aḷḷāhs Taten. Auch die Deterministen gibt es in zwei Stufen:


I. Die Radikalen: Das sind vor allem jene ketzerischen Sufis, die von sich


behaupten, die universale Wahrheit bezeugen zu können.75 Sie erlauben


75 Unter der „universellen Wahrheit“ (Ḥaqīqah kauniyyah) verstehen die Sufisten, „die Wahrheit


mit der Wahrheit zu sehen“. Anders ausgedrückt: Man verinnerlicht eine Angelegenheit so tief,


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DER GLAUBE AUS DEM EDLEN QUR’ĀN UND DER AUTHENTISCHEN SUNNAH


sich, alles zu tun was sie wollen, mit der Begründung, ihre Taten entsprächen


der Vorbestimmung. So dichtet einer von ihnen:


Ich bin willenlos gegenüber dem, was Du von mir verlangst / All meine


Taten sind also aus Gehorsamkeit.76


II. Die Gemäßigten: Das sind vor allem die Ašʽariyyah, welche behaupteten,


der Diener verdiene seine Taten; sie schreiben dem Diener somit eine


nicht vorhandene Fähigkeit zu.


Als Antwort auf beide Gruppen sind Argumente aus dem islamischen Wissen und


der Realität anzuführen:


1. Denjenigen, die die Vorbestimmung mit ihren obengenannten vier Aspekten


– das Allwissen, das Niederschreiben, der Willen und das Erschaffen – bestritten,


antworten die eindeutigen Quelltexte, welche die Vorbestimmung


bestätigen. Auch die Realität beweist dies, kommt es doch oft vor, dass man


etwas beabsichtigt, jedoch daran gehindert wird.


2. Auf die radikalen Deterministen antworten diejenigen Quelltexte, die den


Willen und die Tat des Dieners bestätigen. Und auch hier zeigt sich in der


Realität, dass jeder Mensch zwischen freiwilligen Handlungen und unbeeinflussbaren


Angelegenheiten unterscheiden kann.


Auch die Quelltexte, die Aḷḷāhs I Weisheit und die Begründbarkeit hinsichtlich


Seiner Taten bestätigen, sind zahlreich.


dass einem scheint, als sähe man sie mit den eigenen Augen (siehe Erläuterung der „Risālat al-


ʽUbūdiyyah von Ibn Taymiyyah“ durch ʽAbdurraḥīm as-Sulamiyy).


76 Siehe Ibn Taymiyyahs Buch «al-Furqān bayna ’Auliyā’ ar-Raḥmān und ’Auliyā’ aš-Šayṭān» (Die


deutliche Unterscheidung zwischen den Anhängern des Allerbarmers und den Anhängern des


Teufels), S. 237.


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8. DER QUR’ĀN


Der Qur’ān ist Aḷḷāhs Wort. Er U spricht:


„Und wenn jemand von den Götzendienern dich um Schutz bittet, dann gewähre


ihm Schutz, bis er das Wort Aḷḷāhs hört. Hierauf lasse ihn den Ort erreichen, wo


er in Sicherheit ist. Dies, weil sie Leute sind, die nicht Bescheid wissen.“ (9:6).


Und der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagte, als er sich zur Pilgerzeit


den verschiedenen Stämmen vorstellte:


„Gibt es keinen Mann, der mich zu seinem Volk bringt, denn die Qurayšiten hinderten


mich daran, das Wort meines Herrn weiterzuleiten.“77


Der Qur’ān ist wahrhaftig Aḷḷāhs Wort, und zwar sowohl im Wortlaut wie im Inhalt.


Er ähnelt nicht den Worten der Geschöpfe; er ist unerschaffen und wurde herabgesandt:


Aḷḷāh sprach ihn, dann gab Er ihn dem treuen Geist Ğibrīl ein, und dieser Engel


offenbarte ihn dem Propheten Muḥammad - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - in


Abschnitten. Der Prophet trug ihn daraufhin den Menschen vor. Aḷḷāh  sagt:


„Einen Qur’ān haben Wir (offenbart, den Wir in Abschnitte) unterteilt (haben),


damit du ihn den Menschen in Abständen vorträgst; und Wir haben ihn wahrlich


nach und nach offenbart.“ (17:106).


Dass ihn die Menschen rezitieren, ihn in Buchform (Muṣḥaf) niederschreiben oder


ihn auswendig lernen ändert nichts an der Tatsache, dass der Qur’ān wahrhaftig


Aḷḷāhs Wort ist. Die Worte werden demjenigen zugeschrieben, der sie als Erster


aussprach, nicht demjenigen, der sie weiterleitet. Denn das Rezitieren ist nicht


dasselbe wie das Rezitierte, das Schreiben nicht dasselbe wie das Geschriebene


und das Auswendiglernen nicht dasselbe wie das Auswendiggelernte usw. Die Tätigkeit


ist des Rezitators, Kopierers oder Lerners ist Wiedergabe, die Worte aber


sind die des Erschaffers. Aḷḷāh  sagt:


„Sag: Offenbart hat ihn der Heilige Geist von deinem Herrn mit der Wahrheit,


um diejenigen, die glauben, zu festigen, und als Rechtleitung und frohe Botschaft


77 Muslim (Nr. 181), berichtet von Ṣuhayb, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm. Siehe «Tafsīr aṭ-Ṭabariyy»


(Exegese von aṭ-Ṭabariyy), (12/155). (Überliefert in den fünf Ḥadīṯ-Überlieferungsbüchern:


Musnad ʼAḥmad, Sunan Nasāʼiyy, Ǧāmiʽ Tirmiḏiyy, Sunan ʼAbī Dāwūd, Sunan Ibn Māǧah.)


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DER GLAUBE AUS DEM EDLEN QUR’ĀN UND DER AUTHENTISCHEN SUNNAH


für die (Aḷḷāh) Ergebenen. Und Wir wissen sehr wohl, dass sie sagen: „Es lehrt


ihn nur ein menschliches Wesen.“ Die Sprache dessen, auf den sie hinweisen, ist


eine fremde, während dies hier deutliche arabische Sprache ist.“ (16:102-103).


Wer den Qur’ān für Menschenwerk hält, ist vom Glauben an Aḷḷāh abgefallen, und


Aḷḷāh droht ihm das Höllenfeuer an:


„Ich werde ihn der Saqar78 aussetzen.“ (74:26).


In dieser Hinsicht sind zwei Gruppierungen irregegangen:


1. Das sind einerseits die Ğahmiyyah und die Muʽtazilah: Sie bestritten die


Eigenschaften Aḷḷāhs und verleugneten Seine Worte. Sie behaupteten, Aḷḷāh


die Worte zuzuschreiben bedeute, dem Schöpfer das Geschöpf zuzuschreiben,


ähnlich wie „der Diener Aḷḷāhs“, „das Haus Aḷḷāhs“, „die Kamelstute


Aḷḷāhs“ usw. Ihrer Ansicht nach dürfen dem Eigenschaftsträger keine Eigenschaften


(bzw. Beschreibungen) auf diese Weise zugeschrieben werden.


Dieser Gruppe ist wie folgt zu entgegnen: Wird Aḷḷāh etwas zugeschrieben


und es handelt sich um etwas Konkretes, dann ist es die Zuschreibung eines


Geschöpfes zu seinem Schöpfer. Handelt es sich um eine Beschreibung, die


nicht in sich selbst existiert, wie das Leben, Hören, Sehen, Wissen und Sprechen,


ist es die Zuschreibung einer Eigenschaft oder einer Beschreibung


zum Träger dieser Eigenschaft bzw. Beschreibung.


Außerdem weichen die Behauptungen dieser Gruppe vom Qur’ān selbst,


von den Überlieferungen des Propheten (Sunnah) und von der Übereinkunft


der Gelehrten (Iğmāʽ) ab.


2. Andererseits sind da die sogenannten Ṣifātiyyah, von der Kilābiyyah, die


Ašʽariyyah und die Māturīdiyyah. Sie gehen davon aus, dass Aḷḷāhs „Worte“


ewige, in Ihm bestehende Bedeutungen sind. Die Buchstaben und Wörter


hingegen seien erschaffen worden, zum Ausdrücken bzw. Mitteilen der


ewigen Bedeutungen, die sich nicht erneuern und nicht (mehr) von Aḷḷāhs


Willen abhängen.


78 ein anderer Name für arab. ğahannam (Hölle). (Anm. d. Ü.).


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So beschränkten sie Aḷḷāhs Wort auf ihren Sinngehalt – ohne Buchstaben und


Wörter. Was Adam und Hawā’ (Eva) im Paradies und was Mūsā (Moses) beim


Baum hörten, war für diese Gruppe ein Geschöpf und nicht die wahrhaftigen


Worte Aḷḷāhs!


Als Antwort auf diese Gruppe ist zu sagen, dass der Begriff „Kalām (Wort, Rede)“


nicht dafür steht. Der „innere Monolog“, also der reine Sinngehalt, wird nicht als


„Wort“ bezeichnet. Auch hier kommt dazu, dass ihre Behauptungen sowohl vom


Qur’ān wie auch von den Überlieferungen des Propheten und von der Übereinstimmung


der Gelehrten abweichen.





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9. DAS SCHAUEN AḶḶĀHS


(DURCH DIE GLÄUBIGEN)


Es gehört zum Glauben an Aḷḷāh und an das Jenseits, dass die Gläubigen ihren


Herrn am Tag der Auferstehung sehen werden, und zwar mit ihren realen Augen,


ohne Ihn jedoch erfassen zu können. Das wird an zwei Stellen stattfinden:


1. In den verschiedenen Phasen während des Ablegens der Rechenschaft.


2. Nachdem die Gläubigen ins Paradies eingetreten sind.


Aḷḷāh sagt:


„(Die einen) Gesichter werden an jenem Tag strahlen, zu ihrem Herrn schauen.“


(75:22-23);


sowie:


„auf überdachten Liegen (gelehnt), und blicken (um sich).“ (83:23)


Aḷḷāh I sagt auch:


„Für diejenigen, die Gutes tun, gibt es das Beste (an Lohn) und noch mehr.“


(10:26).


Der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - erläuterte dieses „mehr“ und erklärte,


dass es das Schauen des edlen Angesichts Aḷḷāhs ist.79 Auch sagte der Prophet


- Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - einst, als er eines Nachts den Vollmond sah:


„Ihr werdet euren Herrn so sehen, wie ihr diesen (Voll-)Mond seht, ohne euch


gegenseitig zu bedrängen während ihr Ihn schaut“.80


In dieser Angelegenheit gingen zwei Gruppierungen irre:


1. Diejenigen, die Aḷḷāhs Eigenschaften verleugneten, vor allem die Ğahmiyyah


79 Siehe den von Muslim gelisteten Ḥadīṯ (Nr. 181), welcher von Ṣuhayb, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf


ihm, berichtet wurde. Siehe auch «Tafsīr aṭ-Ṭabariyy» (aṭ-Ṭabariyys Qur’ān Exegese) (12/155).


80 Al-Buḫāriyy (Nr. 554) und Muslim (Nr. 633); berichtet von Ğarīr, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm.


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DER GLAUBE AUS DEM EDLEN QUR’ĀN UND DER AUTHENTISCHEN SUNNAH


und die Muʽtazilah sowie andere Gruppen, die ihnen folgten, wie die Rāfiḍīten


(radikale Schiiten) und die Ibaditen (Ibāḍiyyah).81 Diese leugneten das Schauen


Aḷḷāhs und beriefen sich dabei auf das, was Aḷḷāh zu Mūsā (Moses) sagte:


„Du wirst Mich nicht sehen.“ (7:143)


sowie auf Aḷḷāhs Wort:


„Die Blicke erfassen Ihn nicht.“ (6:103).


Diese Behauptungen sind wie folgt zu widerlegen: Als Aḷḷāhs sagte „Du wirst


Mich nicht sehen“ bezog Er sich auf das Diesseits, in dem Mūsā verlangte,


Ihn zu sehen. Außerdem bedeutet „nicht“ („lan“ im Arabischen) nicht unbedingt


„nie“. Was den zweiten Qur’ān-Vers angeht, so bestreitet „erfassen


Ihn nicht“ lediglich, dass die Blicke Ihn in Gänze erfassen, nicht aber, dass


sie Ihn sehen. Man kann nämlich durchaus etwas sehen, ohne es zu erfassen,


so ist es bspw. bei der Sonne, dem Mond, Bergen u. Ä. Hinzu kommt, dass


mehrere Passagen aus dem Qur’ān und auch Überlieferungen des Propheten


das Erschauen (Aḷḷāhs) beweisen.


2. Die abergläubischen Sufis und Ketzer:


Die Anführer dieser Gruppe bestätigten das Schauen in übertriebener Weise,


indem sie behaupteten, es sei für ihre Anhänger bereits im Diesseits möglich.


Als Beweis legten sie falsche Ḥadīṯe vor. Doch der Prophet - Aḷḷāhs Segen


und Heil auf ihm - sagte:


„Wisset, dass ihr euren Herrn, erhaben und gepriesen sei Er, nicht sehen werdet,


bevor ihr sterbt“.82


81 Eine Glaubensrichtung, die während der umayyadischen Dynastie entstand und nach ʽAbdu-


’ḷḷāh Ibn Ibāḍ at-Tamīmiyy benannt wurde; heute bilden sie die Mehrheit in Oman und sind auch


in Libyen und Algerien zu finden. (Anm. d. Ü.).


82 Aḥmad (Nr. 22864) und an-Nisā’iyy in seinem Buch „As-Sunan al-Kubrā“, (Nr. 7716); hier nach


al-Āğuriyy in seinem Buch „aš-Šarīʽah“ (die islamische Gesetzgebung), (Nr. 881), berichtet von


ʽUbādah Ibn aṣ-Ṣāmit, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm. Aufgeführt auch von Ibn Māğah (Nr. 4077),


berichtet von Abū Umāmah, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm.


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10. DIE WIRKLICHKEIT DES GLAUBENS


1. Der Glaube besteht aus Bekenntnissen und Taten: Er lässt sich in den Bekenntnissen


des Herzens und der Zunge und in den Taten des Herzens, der


Zunge und des Körpers erkennen.


• Das Bekenntnis mit dem Herzen besteht aus der Überzeugung, der Bestätigung


und der inneren Annahme des Glaubens.


• Das Bekenntnis mit der Zunge ist das Aussprechen des Glaubensbekenntnisses


und die Bekanntgabe davon.


• Als Taten des Herzens werden Absicht und Wille, Liebe, Angst, Hoffnung


sowie das Vertrauen auf Aḷḷāh bezeichnet.


• Die Taten der Zunge umfassen alles, was sie ausspricht, seien es das verbale Gedenken


Aḷḷāhs (Ḏikr), Bittgebete (Duʽā’) oder die Rezitation des Qur’ān (Tilāwah).


• Die Taten des Körpers sind alles, was man mit dem Körper tut, wie z. B. die


physischen Gottesdienste.


Aḷḷāh sagt: Die (wahren) Gläubigen sind ja diejenigen, deren Herzen sich vor


Ehrfurcht regen, wenn Aḷḷāhs gedacht wird, und die, wenn ihnen Seine Zeichen


verlesen werden, es ihren Glauben mehrt, und die sich auf ihren Herrn verlassen,


die das Gebet verrichten und von dem, womit Wir sie versorgt haben, ausgeben.


Das sind die wahren Gläubigen. Für sie gibt es bei ihrem Herrn Rangstufen


und Vergebung und ehrenvolle Versorgung“ (8:2-4);


und:


„Die (wahren) Gläubigen sind ja diejenigen, die an Aḷḷāh und Seinen Gesandten


glauben und hierauf nicht zweifeln und sich mit ihrem Besitz und mit ihrer


eigenen Person auf Aḷḷāhs Weg abmühen. Das sind die Wahrhaftigen.“ (49:15).


Der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagte:


„Der Glaube besteht aus gut siebzig – oder: gut sechzig – Zweigen. Der oberste


ist das Bezeugen, dass es keinen Gott außer Aḷḷāh gibt, und der unterste ist


die Beseitigung von Schädlichem auf dem Weg. Und die Schamhaftigkeit ist ein


Zweig des Glaubens.“83


83 Al-Buḫāriyy (Nr. 9) und von Muslim (Nr. 35); berichtet von Abū Hurayrah, Aḷḷāhs Wohlgefallen


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DER GLAUBE AUS DEM EDLEN QUR’ĀN UND DER AUTHENTISCHEN SUNNAH


Der wahrhaftige Glaube ist demnach zusammengesetzt aus Aussagen und Taten. Mit


anderen Worten: Er ist ein Bekenntnis, das zwingend Aussagen und Taten nach sich


zieht. Deren Fehlen weist auf das Fehlen der Verinnerlichung des Glaubens hin.


2. Wird der Begriff „Glaube“ separat erwähnt, ist er ein Synonym für „ʼIslām“;


beide meinen die Religion insgesamt. Werden sie zusammen genannt, steht


„Glaube“ (Īmān) für den inneren Glauben und „Islam“ für die äußeren Taten.


Daraus folgt, dass jeder Gläubige ein Muslim, während nicht jeder Muslim ein


Gläubiger ist. Aḷḷāh sagt:


„Die Wüstenaraber sagen: „Wir glauben.“ Sag: Ihr glaubt nicht (wirklich),


sondern sagt: „Wir sind Muslime geworden“, denn der Glaube ist noch


nicht in eure Herzen eingezogen. Wenn ihr aber Aḷḷāh und Seinem Gesandten


gehorcht, verringert Er euch nichts von euren Werken. Gewiss, Aḷḷāh ist


Allvergebend und Barmherzig.“ (49:14).


3. Der Glaube nimmt zu und ab: Er nimmt zu, je besser man Aḷḷāh kennt, je


mehr Gedanken man sich über Seine Wunder im Universum macht und über


Seine Zeichen in der islamischen Gesetzgebung nachdenkt, je gewissenhafter


man Gebote erfüllt und Sünden vermeidet. Auf der anderen Seite nimmt der


Glaube ab, je weniger man Aḷḷāh kennt, je mehr man Seine Wunder im Universum


übersieht, sich von Seinen religiösen Zeichen abwendet, Gebote außer


Acht lässt und Sünden begeht. Aḷḷāh sagt:


„und die, wenn ihnen Seine Zeichen verlesen werden, es ihren Glauben


mehrt“ (8:2);


sowie:


„Was nun diejenigen angeht, die glauben, so hat sie ihren Glauben vermehrt,


und sie freuen sich über die frohe Botschaft.“ (9:124)


und:


„Er ist es, der die innere Ruhe in die Herzen der Gläubigen herabgesandt


hat, damit sie in ihrem Glauben noch an Glauben zunehmen.“ (48:4).


4. Die Aspekte des Glaubens haben verschiedene Stufen: Einige seiner Bestandteile


sind höhergestellt als andere, wie der oben zitierte Ḥadīṯ beweist, in


auf ihm.


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dem der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagte:


„Der Glaube besteht aus gut siebzig – oder gut sechzig – Zweigen. Der oberste


ist das Bezeugen, dass es keinen Gott außer Aḷḷāh gibt, und der unterste ist


die Beseitigung von Schädlichem auf dem Weg. Und die Schamhaftigkeit ist


ein Zweig des Glaubens.“84


5. Die Gläubigen sind unterschiedlich stark in ihrem Glauben: Bei einigen


ist der Glaube vollkommener als bei anderen, wie Aḷḷāh sagt:


„Hierauf gaben Wir das Buch denjenigen von Unseren Dienern, die Wir auserwählten,


zum Erbe. Mancher von ihnen tut sich selbst Unrecht, mancher von


ihnen zeigt ein gemäßigtes Verhalten, und mancher von ihnen geht mit den


guten Dingen mit Aḷḷāhs Erlaubnis voran. Das ist die große Huld.“ (35:32).


Und der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagte:


„Der Vollkommenste unter den Gläubigen ist der mit den besten Manieren.“85


Wer das Glaubensbekenntnis ausspricht, im aufrichtigen Glauben an seine Bedeutung,


die daraus folgenden Pflichten auf sich nehmend, der hat die Grundlage


des Glaubens erreicht. Wer sodann die Gebote befolgt und die Verbote


einhält, hat in seinem Glauben erreicht, was vorgeschrieben ist. Wer aber


nebst der Befolgung der Gebote auch Erwünschtes vollbringt und nicht nur


die Verbote einhält, sondern sich auch von Verabscheutem fernhält, der hat


den vollständigen Glauben erreicht.


6. Einschränkungen machen im Glauben, indem man sagt: „Ich glaube, wenn


Aḷḷāh will“ (in šā’ Aḷḷāh). Wir unterscheiden drei Fälle:


a) Man zweifelt die Grundlage des Glaubens an: Dann ist diese Aussage verboten,


d. h. sie in diesem Sinne auszusprechen bedeutet, dass man ungläubig


geworden ist, denn der Glaube muss überzeugt sein.


b) Wer befürchtet, durch die uneingeschränkte Behauptung, den pflichtgemäßen


oder gar den vollständigen Glauben erreicht zu haben sich selbst zu


loben, ist zu dieser Einschränkung verpflichtet.


84 Al-Buḫāriyy (Nr. 9) Muslim (Nr. 35); berichtet von Abū Hurayrah, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm.


85 Aḥmad (Nr. 7402), Abū Dāwūd (Nr. 4682) und at-Tirmiḏiyy (Nr. 1162), berichtet von Abū Hurayrah,


Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm.


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DER GLAUBE AUS DEM EDLEN QUR’ĀN UND DER AUTHENTISCHEN SUNNAH


c) Die Einschränkung in der Hoffnung auf den Segen durch das Erwähnen


Aḷḷāhs Willen zu machen ist erlaubt.


7. Ein Mensch darf nicht als Ungläubiger bezeichnet werden, weil er kleine


und große Sünden begeht: Wohl beeinträchtigen diese Sünden seinen Glauben,


doch die Grundlage bleibt erhalten. Wer also große Sünden (Kabīrah, Pl.


kabā’ir) begeht, ist ein Gläubiger, dessen Glaube Mängel aufweist. Er wird aufgrund


seines Glaubens Gläubiger bleiben, allerdings ist er durch seine großen


Sünden ein Sünder. Im Diesseits gilt er nicht vom Glauben abgefallen, und im


Jenseits wird er nicht für ewig im Höllenfeuer bleiben, vielmehr ist sein Schicksal


vom Willen Aḷḷāhs abhängig. Wenn Er will, wird Er ihn in Seiner Gunst und


Seiner Barmherzigkeit begnadigen und ins Paradies eintreten lassen. Wenn Aḷḷāh


will, wird Er ihm alle seine Sünden vergelten, aber seine endgültige Wohnstätte


wird das Paradies sein. Aḷḷāh kann ihn auch nur für einige seiner Sünden bestrafen,


und er kann aufgrund der Fürsprache von Fürbittern oder durch die Gnade


des Gnadenvollen das Höllenfeuer verlassen. Aḷḷāh sagt:


„Aḷḷāh vergibt gewiss nicht, dass man Ihm (etwas) beigesellt. Doch was außer


diesem ist, vergibt Er, wem Er will. Wer Aḷḷāh (etwas) beigesellt, der hat


fürwahr eine gewaltige Sünde ersonnen.“ (4:48).


Der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagte:


„Die Leute des Paradieses treten in dieses ein und die Leute des Höllenfeuers


treten in dieses ein. Dann sagt Aḷḷāh, erhaben sei Er: ‚Bringt den heraus, in


dessen Herzen so viel Glaube wie ein Senfkorn ist.‘ Dann kommen diese heraus,


nachdem sie kohleschwarz wurden. Sodann werden sie in den Fluss des


Lebens hineingeworfen.“86


Der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagte auch:


„Es verlässt das Höllenfeuer jeder, der gesagt hat: ‚Es gibt keinen Gott außer


Aḷḷāh (Lā ’ilāha ’illā Aḷḷāh)‘, während in seinem Herz so viel Güte war, wie


ein Gerstenkorn wiegt. Und es verlässt das Höllenfeuer jeder, der gesagt hat:


‚Es gibt keinen Gott außer Aḷḷāh‘, während in seinem Herz so viel Güte war,


wie ein Weizenkorn wiegt. Es verlässt das Höllenfeuer jeder, der gesagt hat:


86 Al-Buḫāriyy (Nr. 22), berichtet von Abū Saʽīd al-Ḫudriyy, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm.


101


‚Es gibt keinen Gott außer Aḷḷāh‘, während in seinem Herz so viel Güte war,


wie eine kleine Ameise wiegt.“.87


In einer anderen Version heißt es „so viel Glaube“88 anstelle von „so viel Güte“.


In dieser Beziehung gingen zwei Gruppen irre:


I. Die Waʽīdiyyah: Diese glaubten, dass das Angedrohte (Waʽīd) (gemeint ist das


Höllenfeuer) auf jeden Fall erfolgen wird, und sie verleugneten die Fürsprache


für ungehorsame Gläubige, die eine große Sünde begangen hatten. Die


Waʽīdiyyah sind in zwei Untergruppen einzuteilen:


1. Die Ḫāriǧīten (Ḫawāriğ) gingen davon aus, dass jeder durch das Begehen


einer großen Sünde vom Glauben abfällt und zu den Ungläubigen gezählt


wird. Er gilt im Diesseits als ungläubig und wird im Jenseits für ewig im


Höllenfeuer bleiben.


2. Die Muʽtazilah. Sie vertraten die Ansicht, dass wer eine große Sünde begeht


zwar vom Glauben abgefallen sei, jedoch nicht als ungläubig gelte. Er


sei sozusagen in einer Position dazwischen: weder gläubig noch ungläubig!


Im Jenseits aber würde er für ewig im Höllenfeuer bleiben!


Diese Behauptungen der Waʽīdiyyah sind folgendermaßen zu widerlegen:


1. Aḷḷāh bestätigte denjenigen, die eine große Sünde begangen haben, sowohl


den Glauben als auch die Bezeichnung als gläubige Brüder im Diesseits,


z. B. in Seiner Aussage:


„O die ihr glaubt, vorgeschrieben ist euch Wiedervergeltung für die Getöteten:


der Freie für den Freien, der Sklave für den Sklaven und das


Weib für das Weib. Doch wenn einem von seinem Bruder etwas erlassen


wird, so soll die Verfolgung (der Ansprüche) in rechtlicher Weise und


die Zahlungsleistung an ihn auf ordentliche Weise geschehen.“ (2:178).


Aḷḷāh nennt hier also den Mörder Bruder des Ermordeten; und auch wenn


Er sagt:


87 Al-Buḫāriyy (Nr. 44), berichtet von Anas, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm.


88 Diese Version hat al-Buḫāriyy nach der oben genannten erwähnt, allerdings mit einer unvollständigen


Überlieferungskette (muʽallaqan), die jedoch richtig (mağzūman bihi) ist.


102


DER GLAUBE AUS DEM EDLEN QUR’ĀN UND DER AUTHENTISCHEN SUNNAH


„Und wenn zwei Gruppen von den Gläubigen miteinander kämpfen, so


stiftet Frieden zwischen ihnen. Wenn die eine von ihnen gegen die andere


widerrechtlich vorgeht, dann kämpft gegen diejenige, die widerrechtlich


vorgeht, bis sie zu Aḷḷāhs Befehl zurückkehrt. Wenn sie zurückkehrt,


dann stiftet Frieden zwischen ihnen nach Gerechtigkeit und handelt


dabei gerecht. Aḷḷāh liebt ja die Gerechten. Die Gläubigen sind doch


Brüder. So stiftet Frieden zwischen euren beiden Brüdern und fürchtet


Aḷḷāh, auf dass ihr Erbarmen finden möget.“ (49:9-10),


bezeichnet Er die beiden kämpfenden Gruppen als gläubig und bestätigt,


dass sie Glaubensbrüder sind.


2. Aḷḷāh vergibt demjenigen, dem Er will, alles – außer Beigesellung. Er bringt


jeden, in dessen Herzen auch nur ein Samenkorn an Glauben ist, aus dem


Höllenfeuer. Mehrere Ḥadīṯe über die Fürsprache bestätigen dies.


II. Die Murği’ah: Sie trennen die Taten vom Glauben. Mit anderen Worten


beinhaltet bei ihre Definition des Glaubens und seine Wirklichkeit die Taten


nicht. Auch hier gibt es Untergruppen:


1. Die so genannten Ğahmiyyah:89 Nach ihnen besteht der Glaube ausschließlich


aus der Bestätigung mit dem Herzen bzw. aus dem Bekenntnis


mit dem Herzen. So bringe keine Sünde Schaden, solange man nur


gläubig sei, und ebenso bringe keine Gehorsamkeit Nutzen, solange


man ungläubig sei.


2. Die so genannten Karrāmiyyah:90 Für sie bestand der Glaube ausschließlich


aus den Taten der Zunge.


3. Die Murǧiʼah („Verschiebende“) unter den Fıqh-Gelehrten (Murği’at al-


Fuqahā’): Ihre Definition des Glaubens beinhaltete die Bestätigung mit


dem Herzen und die Äußerung mit der Zunge. Was die Taten angeht,


so gehören sie ihrer Ansicht nach nicht zum Glauben selbst und dessen


89 Philosophische deterministische Gruppe im zweiten Jahrhundert (islamischer Zeitrechnung), Anhänger


von al-Ğahm Ibn Ṣafwān at-Tirmiḏiyy (Anm. d. Ü.).


90 Philosophische Gruppe des theologischen Streitgesprächs (arab. ʽIlm al-Lalām) im dritten Jahrhundert


(islamischer Zeitrechnung), Anhänger von Muḥammad Ibn Karrām as-Siğistāniyy


(Anm. d. Ü.).


103


Wirklichkeit, sondern gelten vielmehr als Konsequenzen des Glaubens.


Den Murği’ah wird mit folgenden Punkten entgegnet:


1. Aḷḷāh Selbst bezeichnete die Taten als Glaube, sagt Er doch über diejenigen,


die in Richtung Jerusalems (Bayt al-Maqdis) beteten und starben, bevor die


Gebetsrichtung (nach Mekka) geändert wurde:


„Aber Aḷḷāh lässt nicht zu, dass euer Glaube verloren geht.“ (2:143),


Hier ist hier mit „Glaube“ das Gebet gemeint, also eine Tat.


2. Der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - verneinte den vollkommenen


Glauben derjenigen, die große Sünden begingen:


„Wenn jemand Ehebruch begeht, ist er nicht gläubig, während er sich dieses Vergehens


schuldig macht. Und wenn jemand einen Diebstahl begeht, ist er nicht


gläubig, während er stiehlt. Und wenn jemand Wein trinkt, ist er nicht gläubig,


während er das tut.“9192


Die Grundlage der falschen Behauptungen beider Gruppen, Murği’ah und


Waʽīdiyyah, besteht in ihrer Annahme, dass der Glaube eine Einheit bildet, die


entweder als ganze existiert oder als ganze fehlt. So haben die Murği’ah den


Glauben anerkannt, wenn man ihn lediglich mit dem Herzen oder mit der Zunge


oder mit beiden bestätigt hat, auch wenn man gar nichts unternimmt. So gelten


sie als nachlässig. Hingegen haben die Waʽīdiyyah den Glauben aufgrund der


kleinsten von den großen Sünden (Kabāʽir) abgestritten. So gelten sie als radikal.


Die Grundlage der beiden Gruppen ist also ein und dieselbe und ihre Konsequenzen


sind entgegengesetzt.


91 Übersetzung des Ḥadīṯ basierend auf: http://islamische-datenbank.de/sahih-muslim


(Anm. d. Ü.).


92 Al-Buḫāriyy (Nr. 2475) und Muslim (Nr. 75), berichtet von Abū Hurairah, Aḷḷāhs Wohlgefallen


auf ihm; hier im Wortlaut von Muslim.



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