Artikel

Valerie Wright, Ex-Christin, USA


(teil 1 von 2)


Ich könnte sagen, dass meine Reise zum Islam begann, bevor ich mir dessen


bewusst war. Ich war mit einem progressiven Hörverlust geboren worden. Meine


Mutter bemerkte erst als ich vier Jahre alt war, dass ich Schwierigkeiten beim


Hören hatte. Sobald es entdeckt worden war, erhielt ich meine ersten Hörhilfen


und fing an, zu einer Schule zu gehen, an der hörende und taube Kinder integriert


waren.


Zuerst war ich in Klassen, in denen nur taube Kinder waren. Dann begann ich,


an ein paar Klassen mit hörenden Kindern teilzunehmen, und ich hatte Lehrer, die


mir dabei halfen, mich zu integrieren. Dort fühlte ich mich zuhause. Mir war


nicht bewusst, dass ich darauf vorbereitet wurde, diese Schule zu verlassen und zu


einer öffentlichen Schule zu gehen.


Sobald ich die Schule gewechselt hatte, hatte ich eine sehr schwere


Anpassungszeit. Meine ständigen Umzüge verschlimmerten die Sache auch


noch. In der Mittelschule schließlich erfuhr ich ein wenig Stabilität. Ich lebte in


einer sehr kleinen Stadt in Texas namens Wylie. Als ich etwa zwölf Jahre alt war,


bekam ich eine besondere Englischlehrerin: Sie war aus der Türkei. Nun, jeder,


der Wylie kennt, weiß, dass dies außerordentlich ungewöhnlich war.


Die Lehrerin war im Rahmen eines Austauschs in meine kleine Stadt


gekommen. Natürlich sprach sie mit meiner Klasse nie über Religion, aber zu


jener Zeit war es genug, sie einfach zu kennen. Sie machte mit uns ein


Brieffreund-Projekt mit Schülern aus der Türkei. Meine Brieffreundin hieß


Yasemin. Ich besitze immer noch eine Karte, die sie mir einmal geschickt hat mit


dem Bild von einer Moschee und Kirchen Seite an Seite. Die Bedeutung dessen


war mir zu jener Zeit noch nicht aufgefallen, doch es war eines der Zeichen, die


Gott für mich vorbereitet hat.


Während dieser Periode meines Lebens sehnte ich mich danach, Gott nahe zu


sein, Ihn zufrieden zu stellen und Seine Liebe zu erhalten. Ich engagierte mich


sehr in der Kirche meines Großvaters. Er und seine Angehörigen wurden als


Mitglieder der Pfingstgemeinde erzogen, sowohl sein Vater als auch sein Bruder


waren Prediger.


Jeden Nachmittag, wenn ich von der Schule gekommen bin, habe ich Klavier


gespielt. Ich spielte es für Gott und für mich selbst, um den Frieden zu


spüren. Mir war beigebracht worden, dass das Lob Gottes zum Himmel


aufsteigt wie der Geruch von süßen Weihrauch. Dies stellte ich mir vor, wärend


ich spielte. Manchmal sang ich ein wenig mit der Musik, obwohl die Musik


normalerweise meine Gefühle mehr zum Ausdruck brachten, als meine Worte es


je können.


Eines Tages, fühlte ich die Anwesenheit Gottes in meinem Zimmer. Es war


großartig und überwältigend. Die Luft fühlte sich extrem schwer vor Ehrfurcht


und der Majestät Seines Wesens an. Ich hörte plötzlich auf zu singen und meine


Finger gefroren über dem Klavier. Ich fing an zu zittern. Ich wusste nicht, was


ich tun sollte. Dann langsam wandte ich mich instinktiv (oder sollte ich sagen,


durch die Rechtleitung Gottes) vom Klavier ab und warf mich auf meinen Knien


und meinem Kopf nieder.


Zittern und Sehnsucht überschwemmten meine Seele. Um Worte ringend,


dachte ich einfach: „Gott, bitte salbe mich. Mach mich zu etwas Besonderem.


Lass mich Dir dienen.“ Ich blieb noch einige Minuten in der Niederwerfung, dann


stand ich mit einem tiefen Atemzug auf und kehrte zu meinen gewöhnlichen


Tätigkeiten zurück.


Ein anderes Mal in derselben Zeit meines Lebens war ich an meiner Schule,


wo Eltern und Schüler sich zu einer akademischen Auszeichnungsversammlung


zusammen gefunden haben. Mein Name wurde aufgerufen, und ich stand auf, um


meine Auszeichnung entgegenzunehmen. Danach erzählte mir meine Mutter, dass


etwas äußerst Seltsames geschehen war. Sie sagte: „Als du gegangen bist, um


deine Auszeichnung entgegenzunehmen, kam eine fremde Frau zu mir, eine, die


ich nicht kannte. Sie sagte: 'Ich fühle einfach, wenn ich ihre Tochter sehe, dass ich


ihnen sagen muss, dass Gott einen Plan mit ihr hat.'“ Ich fragte mich die längste


Zeit, was Sein Plan für mich sein könnte.


Ich fühlte mich deprimiert durch die vielen Einschränkungen damals in der


Pfingstgemeinde. Ich konnte ihren Sinn nicht erkennen. Ich war auch gestört


durch Dinge, die ich in der Bibel las und wenn ich darüber nachfragte, erhielt ich


keine befriedigenden Antworten. Tatschlich wurde meinen Fragen Missbilligung


entgegengebracht. Also fingen meine Mutter und ich an, zusammen zu einer


anderen Kirche zu gehen, und wieder, bei zwei unterschiedlichen Gelegenheiten,


kamen zwei verschiedene Fremde auf meine Mutter zu und sagten ihr, dass Gott


einen Plan mit mir hat.


Ich erinnere mich daran, dass ich um ein privates Treffen mit einem Priester


bat, um etwas zu besprechen. Eine der Fragen, die ich ihm stellte, war: „Komme


ich in den Himmel?“ „Nun, glaubst du an Jesus?“ fragte er „J-a-a…” antwortete


ich. „Dann kommst du in den Himmel“, sagte er. In mir war ich nicht zufrieden


mit seiner Antwort. Ich zweifelte. Der Sommer kam, und ich ging zum


Kirchencamp, wo sich zwei bedeutsame Ereignisse zutrugen.


Zuerst sagte uns der Priester, der zu uns sprach, alle anwesenden Jugendlichen


sollten vor einen Raum kommen, wenn sie wollten, dass er für sie betet. “Wenn


ihr euch fühlt, als ständen zwischen euch und Gott Schranken, und ihr wollt, dass


diese Schranken entfernt werden, damit ihr Gott näher kommt”, sagte er. Ich war


bei den vielen, die sich vor dem Raum in einer Reihe aufstellten. Wir standen auf,


und er begann, seine Hand bei jedem auf die Stirn zu legen und ein Bittgebet zu


sprechen. Dann geschah etwas Seltsames: Sie alle fielen flach auf den Boden,


ohne ihre Knie zu beugen, wie Dominosteine! Ich fing an, ein bisschen nervös zu


werden. „Was passiert da?“ fragte ich mich.


Der Priester kam zu mir. Er schlug seine Hand gegen meine Stirn und schob


mich ein wenig. Ich schaukelte ein bisschen auf meinen Füßen, blieb aber stehen,


wärend er weiter ging der Reihe nach und die anderen fielen weiter um. Am Ende


standen nur noch ein paar wenige von uns. Ich wunderte mich weiter, was denen


geschehen war, die umgefallen waren und warum ich anders war. Hatte ich etwas


verpasst?


Eine andere Erfahrung geschah, als der Priester meiner Jugendklasse vor


Hunderten junger Menschen eine sehr emotionale Lektion gab. Dann blickte er


mich unerwartet direkt an und sagte: “Valerie, steh auf.“ Ich stand und er fuhr


fort: „Ich möchte, dass du weißt, dass Gott deine Ohren heilen möchte.“ Er


dachte, er sei vom „Heiligen Geist“ bewegt, er sagte dies unter seinem Einfluss.


Er legte seine Hände auf meine Ohren und betete. Nichts geschah. Ich war


sehr verlegen. Am folgenden Sonntag fragte ihn einer der Schüler aus meiner


Klasse, warum manche Gebete nicht erhört wurden, wenn im Namen Christi doch


alles möglich war. Der Priester sah mich nicht an, aber er warf einen Stift in


meine ungefähre Richtung. „Gott beantwortet Gebete“, erklärte er, “aber


manchmal haben die Menschen nicht genug Glauben, um sie zu erhalten.“ Meine


Mutter und ich waren natürlich sehr aufgebracht hierüber und wir verließen diese


Kirche.


Ich trieb eine Weile herum, ohne an irgendeiner Kirche regelmäßig


teilzunehmen. Ich fühlte mich verloren. Ich fühlte mich, als würde ich versagen


und alles würde irgendwie immer schlimmer werden. Ich wusste, dass ich niemals


vollkommen sein konnte, aber ich fühlte mich nicht richtig. Ein undefinierbares


Gefühl blieb immer in meinem Hinterkopf.


(teil 2 von 2)


Als ich 15 war, ging ich, um bei meinem Vater zu leben. Ich blieb


zweieinhalb Jahre bei ihm, und während jener Zeit beteiligte ich mich regelmäßig


in der Methodistenkirche. Manchmal ging ich auch mit zur Baptistenkirche, zu


der meine Stiefmutter ging. Bei jeder Kirche, die ich besuchte, habe ich immer


das Gefühl gehabt, dass etwas fehlt. Und auch wenn jeder freundlich zu mir


gewesen ist, habe ich immer gefühlt, dass ich nicht dazu gehöre, insbesondere


nicht zu denen meines Alters. Und doch fiel es mir nie ein, mich nach einer


anderen Religion umzusehen.


Als ich 17 war, hatte ich eines Nachts einen Traum. Ich stand neben einem


grünen Busch mit kleinen Blättern und kleinen gelben Blüten. Ein Engel raschelte


vor mir, aber ich konnte ihn nicht sehen, außer in Form eines klaren Umrisses


seiner Form oder Energie. Er sammelte einen Strauß gelber Blumen für


mich. Die Blumen glänzten. Der Engel nahm mich und trug mich zu einem


besonderen Ort. Weil ich den Engel nicht sehen konnte, sah ich alles um mich


herum, als würde ich fliegen.


Ich betrat einen Platz, an dem die Sonne schien, von leichtem Nebel


gefiltert. Zuerst sah ich hohes Grass schwenken und Bäume mit kastanienbraunen


Blättern. Als wir weiterzogen, wurde das Gras kürzer und da waren Bäume mit


sehr leuchtenden roten, pinken und weißen Blüten mit kleinen schwarzen


Mittelpunkten. Die Blüten waren reichlich, sie bedeckten die Stiele und die


Stämme, sogar den Boden. Die nächsten Bäume waren irgendeine Art von


immergrünen Bäumen.


Als ich mich drehte und umblickte, sah ich ein rechteckiges Stück bebauten


Landes in einiger Entfernung zu meiner Rechten. Es schienen einige sehr hohe


Kräuter dort zu wachsen. Ich sah ein anderes, kleineres Rechteck mit violetten


Iris. Daneben befand sich ein hölzernes Haus. Der Engel trug mich einmal um


das Haus herum, so dass ich sehen konnte, dass es die Form eines vollkommenen


Quadrates besaß. Der Engel setzte mich ab und wir traten ein.


Drinnen waren viele Erwachsene und Kinder, alle waren ziemlich


fröhlich. Sie gingen, als wir eintraten, um uns Privatsphäre zu geben. Wir gingen


zu einer kleinen Empfangshalle, wo zwei Sofas mit einem kleinen Tischchen im


japanischen Stil dazwischen standen. Eine alte Frau erschien mit ihrem weißem


Haar zu einem Knoten hochgebunden und einem langen schwarzen Kleid mit


einem weißen Spitzenkragen. Sie machte mir Zeichen das ich es mir bequem


machen sollte und fragte ob ich etwas trinken möchte. Nachdem ich mich gesetzt


hatte fing sie an zu reden, sie erzählte Dinge über meine Zukunft (an keines kann


ich mich erinnern). Sie sagte abschließend: „Du musst zuerst einige


Veränderungen in deinem Leben vornehmen.“ Ich hatte Angst bei diesen Worten,


denn ich war mir nicht sicher, ob ich dazu stark genug war. Ich wandte mich zu


dem Engel und sagte: „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.“ Dann nahm er mich


hoch und warf mich in die Luft, wo der Traum endet.


Gegen Ende des Schuljahres war ich bei der Abschlussparty für einen meiner


Freunde vom Schüleraustausch. Die Mutter eines Mädchens kam zu mir. Ich


kannte das Mädchen als Freundin, aber ich hatte noch nie zuvor ihre Mutter


gesehen. Sie sagte mir: „Wenn meine Tochter von dir spricht, bekomme ich so ein


Gefühl der Freude und des Glücks in meinem Herzen, und ich muss dir einfach


sagen, dass Gott einen Plan mit dir hat.“


Einige Zeit verging, und ich war fast bereit, von der Highschool zu


graduieren. Zu dieser Zeit traf ich einige Muslime und hatte richtig tiefen Kontakt


zu ihnen. Sie praktizierten ihren Glauben nicht, aber da war etwas in ihren


Interaktionen unter einander, das ich mochte. Es schien ein gegenseitiges Gefühl


zwischen ihnen zu geben, das stärker war, als ich es jemals zwischen anderen


Menschen gesehen hatte. Sie sprachen untereinander einen Großteil der Zeit


arabisch, und ich wünschte mir, zu verstehen, was sie sagen. Daher nahm ich mir


vor, einen Arabisch-Kurs zu suchen und sie zu überraschen.


Die einzige Klasse, die ich finden konnte und die in meinen Stundenplan


passte, wurde an der örtlichen Moschee abgehalten, also ging ich dorthin. Ich


lernte nie viel arabisch, aber die Schwestern in der Moschee brachten mir den


Islam bei. Jede große, tiefgründige Frage beantworteten sie mit sehr einfachen,


logischen und fundierten Antworten. Ich fühlte in mir, dass der Islam die Religion


ist, die ich akzeptieren konnte. Also sprach ich an meinem 19ten Geburtstag


offiziell meine Schahada aus. Nachdem ich sie ausgesprochen hatte, sprang ich


vor Freude und riss meine Arme in die Luft. „Ja!“ Jetzt bin ich Muslima,


gepriesen sei Gott.


Nachdem ich Muslima geworden bin, fühlte ich mich im Frieden mit meiner


spirituellen Grundlage. Meine Familie war zuerst ziemlich aufgebracht, aber sie


haben nie aufgehört mit mir zu sprechen oder mir ihre Liebe


entgegenzubringen. Einige von ihnen haben ein wenig vom Islam begriffen, und


sind zufrieden und akzeptieren meine Entscheidung. Aller Lobpreis gebührt


Allah.


Mit seinem das Leben durchdringende System hat der Islam die


Entscheidungen, die ich im Leben mache, beeinflusst. Der Islam ist nicht nur eine


„Sonntagsangelegenheit“. Ich bezweifele nicht, dass einige aufrichtige Christen


die Anstrengung unternehmen, ihre Religion im täglichen Leben zu praktizieren,


aber der Islam hat einen umfassenderen Satz an Richtlinien zum Befolgen. Alles,


das ich tue, tue ich in dem Bewusstsein, dass ich für meine Taten zur


Verantwortung gezogen werde und dass ich Allah immer wieder um Vergebung


bitten muss. Der Islam hat meinem Leben den Sinn gegeben, den ich gesucht


habe. Es ist eines der wenigen Dinge, über die ich leidenschaftlich bin. Vor dem


Islam hatte ich keine Vorstellung davon, was ich mit meinem Leben anfangen


sollte. Einer meiner großen Wünsche ist, dass ich einer anderen Person dabei


helfen kann, Muslim zu werden. Das kann immer noch geschehen.



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