Der Mensch wird ohne jegliche Erfahrung geboren, dann wird er von seiner Umgebung beeinflusst, indem er deren Sitten und Traditionen übernimmt, und so werden die Sitten und Traditionen von einer Generation an die nächste weitergegeben. Die Sitten und Traditionen spiegeln sich in den Taten wider, die die Menschen praktizieren, an die sie sich gewöhnen und die ihren Tagesablauf ausmachen. Die Sitten sind das, woran sich die Menschen gewöhnt und was sie in mehreren und verschiedenen Angelegenheiten wiederholt haben. Traditionen heißt, dass eine Generation der vorangegangenen folgt und diese in unterschiedlichen Dingen nachahmt.
Entstehung und Entwicklung von Sitten und Traditionen
Entstehung, Entwicklung und Ausmaß des Umfangs der Sitten und Traditionen kann man nicht leicht erfassen, denn sie sind ein Teil der sozialen Aktivitäten der Menschen in jeder Gesellschaft und entstehen nicht über Nacht, sondern dauern Jahre lang, bis sie fest und stabil werden, und noch mehr Jahre, bis sie sich ändern und wandeln.
Die Entstehung von Sitten und Traditionen erfolgt meistens aus einem gesellschaftlichen Zweck, denn von ihnen profitieren alle oder einige Mitglieder der Gesellschaft. Sie werden zu einer sozialen Vorgehensweise, die die gesellschaftlichen Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Gesellschaft stärkt und zu einem Konsensus zwischen ihnen in bestimmten Verhaltensregeln führt.
Sitten und Traditionen sind wie eine Kette, deren Glieder von einer Generation zur anderen übergehen, wobei einige negative oder positive Änderungen in Form von Hinzufügung oder Auslassung zur Anpassung an die Umstände und Werte jeder Generation vorkommen können. Der gesellschaftliche Zweck der Sitten und Bräuche könnte wegen der Veränderung gesellschaftlicher Umstände verschwinden, sie leben trotzdem dank dem seelischen Druck weiter, den sie auf die Menschen ausüben, die sich an sie gewöhnt haben, weil sie ihnen ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit geben und ihren Zusammenhalt gegen jegliche neue Änderung garantieren.
Die Frau spielt wegen ihrer großen Rolle beim Erziehungsprozess eine bedeutende und einflussreiche Rolle bei der Entstehung und Vermittlung der Sitten und Bräuche von einer Generation zur anderen. Daher kommt ihr bei der Gestaltung der Sitten und Bräuche gemäß der richtigen islâmischen Lebensweise die größte Rolle zu. Allâh der Erhabene sagt: „Und dass dieser Mein Weg gerade ist. So folgt ihm! Und folgt nicht den Pfaden, denn sie trennen euch von Seinem Weg! Jenes befahl Er euch an;vielleicht seid ihr ja demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh.“(Surâ 6:153). Allâh, gepriesen sei Er, sagt ferner: „Und es ist weder für einen den Glauben verinnerlichenden Mann noch für eine den Glauben verinnerlichende Frau statthaft, wenn Allâh und Sein Gesandter eine Angelegenheit entschieden haben, dass für sie eine freie Wahl in ihrer Angelegenheit sei. Und wer gegen Allâh und Seinen Gesandten widerspenstig ist, weicht gewiss in einem offenkundigen Irrtum vom rechten Weg ab.“(Surâ 33:36).
Beziehung der islâmischen Lebensweise zu Sitten und Gebräuchen
In der vorislâmischen Zeit gab es Sitten die der Islâm umgehend verbot, da sie in hohem Maße unmenschlich waren. Zu diesen Sitten gehört, dass es bei den damaligen Menschen üblich war, ihre neugeborenen Töchter bei lebendigem Leibe begruben, da eine Tochter damals als Schande für die Familie galt.
Der Qurân verabscheut diese widerwärtige Gewohnheit und schützt die Mädchen vor diesem Verbrechen. Allâh der Erhabene sagt: „Wenn jemandem von ihnen die frohe Botschaft von der Geburt eines Mädchens verkündet wird, gibt es auf seinem Gesicht lange einen finsteren Schatten und er ist voll unterdrückten Zorns. Er verbirgt sich vor den Leuten ob des Schlechten, was ihm verkündet wurde. Behält er es trotz der Schmach oder vergräbt er es in der Erde? Ist es denn nicht schlecht, was sie urteilen?!“ (Sûra 16:58-59).
Der Prophet sagte: „Wer ein Mädchen hat, das er weder lebendig vergräbt noch erniedrigt und dem er nicht seine Söhne vorzieht, den wird Allâh ins Paradies gehen lassen.“ Von Abû Dâwûd überliefert.
Mädchen haben vor dem Islâm auch darunter gelitten, dass sie ungeachtet ihrer Einwilligung und ihrer Meinung zwangsverheiratet wurden. Der Islâm ehrt sie jedoch, denn der Prophet sagte: „Eine deflorierte Frau darf nicht verheiratet werden, bis sie dies selbst zulässt. Und eine Jungfrau darf erst verheiratet werden, wenn sie zuvor nach ihrer Einwilligung gefragt wurde.“ Von Muslim überliefert. Vor dem Islâm wurde den Mädchen deren Erbrecht entzogen, der Islâm garantiert ihnen indes einen Anteil an den Hinterlassenschaften ihrer Eltern. Allâh der Erhabene sagt: „Den Männern steht ein Anteil von dem zu, was die Eltern und nächsten Verwandten hinterlassen, und den Frauen steht ein Anteil von dem zu, was die Eltern und nächsten Verwandten hinterlassen, sei es wenig davon oder viel – ein festgesetzter Anteil.“ (Sûra 4:7).
Schlechte Gewohnheiten
Es haben sich zur Zeit viele schlechte Gewohnheiten unter den Menschen im Allgemeinen und besonders unter den Frauen verbreitet, dazu gehört: Durch Tote und fromme Leute zu Allâh gelangen zu wollen, das Schreien und Wehklagen bei Todesfällen, die Hilfesuche bei Wahrsagern und Hellsehern und die Befolgung von deren Irreführungen sowie der Glaube an Amulette, Talismane und Zaubersprüche, da man glaubt, dass sie Glück bringen und Unheil abwenden.
Dazu gehört auch die so genannte Muschâhara oder Kabsa, dass man glaubt, wenn ein kahlrasierter Mann oder ein Mann, der etwas Fleisch, rote Datteln, Auberginen oder Ähnliches bei sich trägt, bei einer Wöchnerin eintritt, dies die Muttermilch verhindern oder Schwangerschaft verzögern würde. Es gibt auch schlechte Gewohnheiten, die weder Allâh noch Seinen Gesandten zufrieden stellen, wie zum Beispiel Perücken zu tragen, die Nägel lang wachsen zu lassen und sie zu färben, Mondänem in Kleidung zu folgen und Ähnliches.
Die Pflicht des Muslims
Bei den Gefahren und negativen Folgen dieser Gewohnheiten ist es die Pflicht eines jeden Muslims, jede Sitte oder Tradition aufzugeben, die einer der Grundlagen der Religion widerspricht. Er soll all seine Sitten und Traditionen an der richtigen islâmischen Lebensweise messen und danach streben, alles zu korrigieren, was mit dieser Lebensweise des Islâm nicht übereinstimmt. Wenn der Muslim einige seiner Sitten und Traditionen findet, die seiner Glaubensgrundlage und Religion widersprechen, soll er sie ohne Reue, ohne Scham und unverzüglich loswerden, er soll seine abscheulichen Sitten und schlechten Traditionen aufgeben und sich eilends in den sicheren Schatten des Islâm begeben, ohne Vorwürfe zu befürchten, er soll sich dabei die frommen Muslime zum Vorbild nehmen, die in allen Zeiten des Islâm dem Ruf des Rechten nachgekommen sind und alles Mögliche unternommen haben, um dies zu unterstützen.
Verfälschung der Geschichte
Einige Geschichtsschreiber haben das herrliche Bild der Großen und der Oberhäupter dieser Umma verfälscht. Sie haben die Kalifen der Muslime so dargestellt, als ob diese keine Beschäftigung außer Essen und Trinken gehabt hätten, sodass sie von Mu’âwiya ibn Abû Sufyân, dem Gefährten des Gesandten Allâhs Möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken behaupten, dass er so gierig gegessen habe, dass man so etwas nicht von den Tieren glauben kann, geschweige denn von einem ehrwürdigen Gefährten, der vom Gesandten gelernt hat, dass man nicht viel essen und trinken soll. Vom Kalifen Harûn Ar-Raschîd, der mehrere Eroberungen geführt hat und ein Kämpfer sowie ein in Ehrfurcht gegenüber Allâh demütiger und frommer anbetend Dienender Allâhs war, entwerfen sie das Bild eines Frauenhelden, der auch Wein trinkt und desgleichen mehr!
Wer die Lebensgeschichten dieser Leute verfolgt, wird feststellen, dass alle Verleumdungen gegen sie in Wirklichkeit nur lügnerische Geschichten sind, die an erster Stelle die Verzerrung des Islâm-Bildes am Beispiel von Kalifen zum Zwecke haben, indem man die Vorstellung erweckt, dass deren Sitten und Traditionen dem natürlichen menschlichen Geschmack widersprochen hätten, um die Umma in ihren Vorbildern und großen Männern zu verleumden und sie dadurch jeglicher Erwähnung in der Menschheitsgeschichte zu berauben.
Die verbrecherischen und grollerfüllten Geschichtsschreiber haben sich nicht damit begnügt, das Bild der großen Männer zu verstümmeln, sondern haben auch das Bild der gläubigen Frauen verfälscht, die in der vor-islâmischen Zeit ihre Schleier hinter ihren Köpfen herabfallen ließen, sodass die obere Teil ihrer Brust, ihr Hals und ihre Halsketten zu sehen waren. Als jedoch der Islâm kam, die Welt mit seinem Licht erfüllte und Allâh der Erhabene die Frauen erziehend ansprach „... und sie ihre Tücher über ihre Brust schlagen.“ (Sûra 24:31), haben die Männer ihren Frauen Allâhs Worte, die zu ihrer Rechtleitung herabgesandt wurden, vorgelesen. Die Frauen haben dann ausnahmslos ihre wollenen Gewänder über ihre Köpfe geschlagen, aus Glauben an Allâhs herabgesandte klare Verse.
Diese Geschichtsschreiber haben dies den Leuten als Rückschritt angekreidet und damit bewirkt, dass die Frauen halbnackt ihre Häuser verlassen, damit die frevelhaften Füchse ihren Durst durch den verbotenen Blick und die daraus resultierenden Folgen stillen können.
Die überkommenen Sitten und Traditionen gehören zu den größten Gefahren für die Religion Allâhs, da sie etwas Gewöhnliches sind, zu denen die Seele neigt, worüber sich die Menschen einig sind und die nicht leicht aufzugeben sind. Daher wird die Rolle des Muslims darin größer, allem zu begegnen, was der islâmischen Scharî‘a widerspricht. Er soll sogar eine effektive Rolle in der Änderung und selbstverständlich im Schutze seiner Gesellschaft spielen, egal ob es sich nur um Frauen handelt oder um die ganze Gesellschaft, damit ihre Sitten und Traditionen der Scharî‘a Allâhs entsprechen. Dadurch werden die Kinder zu einer starken Generation, die die Fackel des Islâm tragen und der ganzen Menschheit den Weg erleuchten können.