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Während des zweiten Mongolensturms löschte Timur-Lenk fast eine andere aufsteigende Macht aus: die Osmanen. Unter einem Führer namens Osman vereinten sich die türkischsprachigen Völker Anatoliens zum osmanischen Bündnis, das zur zweiten Hälfte des 14. Jahrhundert den Großteil des heutigen Griechenlands und der Türkei eroberte und Konstantinopel bedrohte.





 





Der osmanische Staat entstand an der Grenze zwischen dem islâmischen Reich und dem byzantinischen Kaiserreich. Türkische Stämme, welche von ihrem Heimatland in den Steppen Zentralasiens durch die Mongolen vertrieben wurden, hatten den Islâm angenommen und sich in Anatolien niedergelassen, an den Fronten der islâmischen Welt, wo sie das osmanische Bündnis gründeten. Sie wurden Ghazis genannt, Glaubenskämpfer, und ihr höchstes Ziel war es im Kampf für ihre angenommene Religion zu sterben.





 





Zu ihren militärischen Fähigkeiten schienen die Türken mit einem speziellen Talent für Organisation begnadet gewesen zu sein. Gegen Ende des osmanischen Reiches erstarrte dieses Talent zu einer alles erlahmenden Bürokratie. Zu Beginn jedoch, als die Verwaltung den Bedürfnissen des Volkes und des Staates entsprach, war das Osmanische Reich ein Musterbeispiel für verwaltungstechnische Funktionsfähigkeit. Zudem herrschten sehr viele politisch äußerst fähige Sultane, unter ihnen der gefürchtete Süleyman der Große, und errichteten die Grundlagen eines Imperiums, das während seiner Blütezeit mit dem der Römer vergleichbar war.





 





Der erste wichtige Schritt zur Reichsgründung wurde im Jahre 1326 unternommen, als der osmanische Führer Orhan die Stadt Bursa südlich der See von Marmara eroberte und zu seiner Hauptstadt machte.





 





Wahrscheinlich entstand während der Herrschaft Orhans die berühmte Institution der Janitscharen, auf Türkisch „Yeni Ceri“ (neue Truppen). Eine elitäre Militärtruppe von Soldatensklaven, welche aus den Untertanen der eroberten Gebiete zwangsrekrutiert wurden; sie wurden sorgfältig nach Körperbau und Intelligenz ausgesucht, dann ausgebildet und trainiert. Zudem lehrte man sie den Islâm. Aus ihnen ging eine der besten Militäreinheiten hervor, die es jemals gab. Später wurden die Janitscharen so mächtig, dass sie mit den Sultanen verfuhren, wie es ihnen beliebte. Die Mitgliedschaft in der Truppe war ein sicherer Weg zum Aufstieg.





 





Orhans Nachfolger Murad I, der eine Seeattacke gegen die ägäische Küste Europas startete, ließ sich auf den europäischen Ufern des Bosporus nieder und zerstörte die Balkankoalition. Der nächste osmanische Herrscher war Beyazit I, der Konstantinopel besetzte und die vom alarmierten Europa entsandten Truppen, um die Besetzung zu verhindern, völlig zerschlug.





 





Zu jener Zeit drangen Timur-Lenk und seine Mongolen nach Anatolien ein und hätten die Osmanen beinahe für immer zerstört. Die Osmanen erholten sich jedoch rasch und besetzten unter der Führung eines neuen Sultans, Murad II, Konstantinopel ein zweites Mal. Sie wurden abgewiesen, aber im Jahre 1444 waren sie bis nach Griechenland und Albanien vorgedrungen und ließen Konstantinopel isoliert, aber unbesiegt bestehen. Murad II folgte Mehmet (Muhammad) II, genannt der „Eroberer“, weil er am 29. Mai 1453 die Stadt einnahm, nachdem seine Artillerie Konstantinopels wuchtige Mauern durchbrach.





 





Nach dem Fall Konstantinopels und während des 16. Jahrhunderts entwickelte das osmanische System das zentralisierte Verwaltungsnetzwerk, durch welches die Sultane wirkungsvoll die Kontrolle über die außerordentliche Vielfalt an Völkern in ihrem riesigen Reich behielten.





 





Ein wichtiger Teil dieses Netzwerks war das „Millet“ System – im Wesentlichen eine Aufteilung des Reiches in kommunale Systeme, die auf religiöser Zugehörigkeit basierten. Jede „Millet“ war verhältnismäßig autonom, wurde von seinem eigenen religiösen Führer geführt und erhielt seine eigenen Gesetze und Bräuche. Die Verantwortung des religiösen Führers überschnitt sich jedoch nicht mit den Aufgaben des Sultans und seiner Stellvertretern, wie etwa die Zahlung von Steuern. Es gab jedoch auch Verbände, die mehrere Völker vereinten. Besonders wichtig waren die Handwerkergilden, die nicht nach Religion und Herkunft unterschieden.





 





Es gab auch eine territoriale Organisation des Reiches in den höheren Rängen, eine Einheit, die „Muqata´a“ genannt wurde, welche unter der Kontrolle eines Adligen oder Statthalters war, der einen Anteil der Staatseinnahmen, die aus diesem Gebiet kamen, behalten durfte. Der Betrag hing von der Wichtigkeit des einzelnen Adligen oder Statthalters ab. Er konnte über dieses Vermögen frei verfügen. Solche Rechte wurden auch manchen Statthaltern und Gouverneuren statt einem Sold, oder zusätzlich zu diesem, gegeben, wodurch eine regelmäßige Sammlung der Einnahmen gesichert wurde und eine Reduzierung der Protokollierung.





 





Das Osmanische Reich erreichte seinen Höhepunkt an Größe und Pracht unter dem Sultan Süleyman des Großen, der von 1520 bis 1566 herrschte und bei den Türken als Süleyman der Gesetzgeber bekannt war. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts fing das Reich an zu verfallen. Dieser Prozess kam zustande, als das Amt des Großwesirs immer mehr an Macht gewann und gleichgültige Sultane die Regierungsgeschäfte zu vernachlässigen begannen. Ein anderer Faktor war die erstarkende Macht der Janitscharen, so dass die Sultane sie nicht mehr kontrollieren konnten. Die Sultane wurden immer weiter geschwächt, bis sie in Isolation erzogen und ausgebildet wurden und somit politisch völlig unfähig waren.





 





Manche Sultane gewannen ihre Macht durch politische Manöver zurück, indem sie eine Fraktion gegen die andere hetzen, aber dadurch wurde die Verwaltung gelähmt.





 





Als Europa eine neue Route nach Indien fand – wodurch der traditionelle Warenumtausch durch die arabischen Regionen des Reiches eliminiert wurde – begannen die Einnahmen zu sinken, was Inflation, Korruption, wuchernde Bürokratie und Zerstückelung der Amtsgewalt auslöste.





 





Kurzfristige Reformen unter verschiedenen Sultanen und die immer noch ausgezeichnete, wenn auch geschwächte Militärmacht der Osmanen, halfen das Reich aufrecht zu erhalten. Noch im Jahre 1683 belagerten sie Wien. Trotzdem ging der Niedergang weiter. Wegen der zunehmenden störenden Rolle der Janitscharen verlor das Reich in einer Reihe von Kriegen im 18. Jahrhundert langsam seine Territorien. Wegen der Lähmung des Staatsapparats wurden lokale Gouverneure immer unabhängiger und rebellierten letztendlich. Selbst die Reformbewegungen wurden gebremst und mit der Invasion Ägyptens im Jahre 1798 durch Frankreich wurde es offensichtlich, dass das einst mächtige Imperium schwach geworden war.





 





Im Jahre 1824 zerschlug Mahmut II endlich die Macht der Janitscharen, brachte deutsche Berater, um die Armee neu zu strukturieren und startete ein Modernisierungsprogramm. Er brachte auch die halbautonomen Herrscher verschiedener Provinzen unter seine Kontrolle, bis auf den trotzigen aber fähigen Muhammad Ali in Ägypten. Als Mahmud starb, setzten seine Söhne seine Bemühungen mit einer Reihe von "Tanzimat" genannten Reformen fort. Manche von diesen waren nichts weiter als Versuche, die europäischen Mächte zu beschwichtigen, welche damals großen Einfluss auf die Politik des Reiches hatten. Andere Reformen hingegen waren, wie etwa in der Bildung und der Justiz, notwendig. Die Folgen hielten jedoch nicht lange an und das Reich verlor weiterhin Gebiete durch Rebellion oder fremde Intervention.





 





Am Anfang des 20. Jahrhunderts war das Osmanische Reich deutlich im Rückgang und wurde als der „Kranke Mann Europas“ bezeichnet. Es gab jedoch einige positive Errungenschaften in dieser Zeit, wie die Hidschâz Eisenbahnstrecke. Der Bau der Eisenbahnstrecke wurde im Jahre 1900 von Sultan Abdulhamid unternommen, er war ein panislâmisches Projekt. Mit seiner Fertigstellung im Jahre 1908 erlaube es tausenden von Muslimen die Pilgerfahrt mit relativem Komfort und Sicherheit. Es verhalf auch der osmanischen Regierung zu einer effektiveren Kontrolle über ihre Territorien im westlichen Arabien.





 





Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erzwang auch eine Gruppe namens Jungtürken die Restaurierung der Verfassung (welche von Abdulhamid suspendiert wurde), die Absetzung des Sultans und einen weiteren Versuch, den osmanischen Staat zu modernisieren. Die türkische Niederlage im Ersten Weltkrieg (in welchem das Osmanische Reich auf der Seite der Deutschen und der Zentralmächte war) brachte die Jungtürken jedoch in Verruf und ebnete den Weg für den Erfolg einer neuen, nationalistischen Bewegung unter der Führung eines Armeeoffiziers namens Mustafa Kamal, der später als Atatürk oder „Vater der Türken“ bekannt wurde. Die nationalistische Regierung unter Atatürk schaffte das Sultanat ab. Der neue Staat wollte aus der Türkei einen säkularen verwestlichten Staat machen. Eine Republik wurde ausgerufen und letztendlich (1924) wurde auch das Kalifat abgeschafft. Dann begann eine massive Verfolgung muslimischer Gelehrter, alles Islâmische und Arabische wurde bekämpft und abgeschafft, so auch die Schrift. Die Zerstörung des islâmischen Kalifats durch Atatürk war das Ende der islâmischen Herrschaft und ebnete der Kolonialisierung islâmischer Länder endgültig den Weg.



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