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Zakâ und Spenden





Der Unterschied zwischen Zakâ und Spenden liegt darin, dass die Zakâ das vorgeschriebene Minimum ist, das jedes Mondjahr vom eigenen Vermögen oder am Erntetag im Fall des Ackerbaus entrichtet werden muss. Was das Spenden oder die Wohltätigkeiten betrifft, so haben sie keinen bestimmten Zeitpunkt, sondern müssen dann durchgeführt werden, wenn sich die Umma im Notfall, wie zum Beispiel in einem Krieg, einer Hungersnot, einer Seuche oder in Ähnlichem befindet, was der Fiskus nicht überwinden kann. Für die Durchführung dieser Pflicht gibt es kein bestimmtes Maß für das Zahlen. Die Abgabe muss demgemäß geschätzt werden, je nachdem, was der Notfall jeweils erfordert. Mâlik  möge Allah mit ihm zufrieden sein sagte: „Die Leute müssen ihre Kriegsgefangenen loskaufen, auch wenn das ihr ganzes Geld in Anspruch nimmt.“





As-Schâtibî sagte: „Wenn es in der Staatskasse kein Geld mehr gibt und die Erfordernisse der Soldaten nicht erfüllt werden können, dann muss der Imâm, wenn er gerecht ist, die Reichen zu einer Abgabe verpflichten, die er für die Soldaten als ausreichend ansieht, bis die Staatskasse Geld besitzt.“ 





Aber abgesehen davon, dass der Imâm die Steuer erheben kann, wollte der Islâm in jeder Gemeinschaft (Stadtviertel oder Dorf) eine Einheit bilden, in der die Leute im Glück und im Unglück füreinander bürgen und zusammenarbeiten, wobei den Nackten zum Anziehen und den Hungrigen zum Essen gegeben wird. Ibn Hazm war dieser Meinung, denn der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Die Muslime gleichen in ihrer Freundschaft und der Barmherzigkeit untereinander dem Körper; wenn ein Organ darin Schmerzen hat, leiden auch all die anderen Organe an Fieber und Schlaflosigkeit.“





Er (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) hat zudem als Aufforderung zu guter Behandlung des Nachbarn gesagt:





Wer an Allâh und den Jüngsten Tag glaubt, der gehe mit seinem Nachbarn großzügig um!“ 





Behandelst du deinen Nachbarn gut, wirst du ein guter Muslim sein.“ 





Gabriel weist mich immer noch an, den Nachbarn gut zu behandeln, sodass ich schon gedacht habe, dass er ihm Anspruch auf das Erbe gebe.“





Diese Anweisung ist nicht auf den muslimischen Nachbarn zu beschränken. Sie ist vielmehr allgemein und umfasst die ganze Menschheit.





Mudschâhid sagte: Ich war bei Abdullâh ibn Umar  möge Allah mit ihm zufrieden sein, als dessen Diener ein Schaf häutete. Er sagte zu ihm: „O Junge! Wenn du fertig bist, dann lass dir unseren jüdischen Nachbarn angelegen sein!“ Er sagte das mehrmals, so dass sein Diener ihm sagte: „Wie oft du das gesagt hast!“ Er erwiderte: „Der Gesandte Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) hat uns immer wieder angewiesen, den Nachbarn gut zu behandeln, sodass ich schon gedacht habe, dass er ihm Anspruch auf das Erbe gebe.“





Die muslimische Staatskasse ist die Zuflucht der Armen





Der Islâm hat die Muslime ebenso zur Sorge um den Waisen und die Ernährung des Armen verpflichtet, während derjenige, der das vernachlässigt, als Verleugner des Jüngsten Gerichts betrachtet wird: „Siehst du (nicht) denjenigen, der das Gericht für Lüge erklärt? Das ist derjenige, der die Waise zurückstößt und nicht zur Speisung des Armen anhält.“ (Sûra 107:1-3). Der Islâm betrachtet den Fiskus, eine der staatlichen Ressourcen neben der Zakâ, als die letzte Zuflucht der Armen und Bedürftigen, weil er das Besitztum aller und nicht nur des Königs oder einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht der Menschen ist 





Al-Buchârî und Muslim überlieferten vom Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken), dass er sagte: „Ich habe bei jedem Muslim den Vorzug vor seiner eigenen Seele. Wer also ein Vermögen hinterlässt, dann ist das für seine Erben. Hinterlässt er Schulden oder kleine arme Kinder, die kein Geld besitzen, dann kommen sie zu mir und ich komme für sie auf. 





Ahmad überlieferte in seinem Musnad (Hadîth-Sammlung von Ahmad) von Mâlik ibn Aus, der gesagt hat: Umar pflegte bei drei Dingen zu schwören:





1.   Bei Allâh hat niemand und auch ich nicht mehr Anspruch auf dieses Geld „Die Kriegsbeute und das Staatsgeld“ als jemand anderer.





2.   Bei Allâh gibt es keinen Muslim, der keinen Anteil an diesem Geld hat.





3.   Bei Allâh werde ich, wenn ich weiter lebe, dem Hirten auf dem Berg von Sanaa seinen Anteil geben, während er in seinem Ort Tiere hütet.





In diesem Bericht über Umar liegt, wie As-Schaukânî meint, ein Beweis dafür, dass der Imâm wie alle anderen Menschen ist. Er hat im Vergleich zu den anderen keinen Vorteil; er darf weder bevorzugt werden noch soll er mehr Anteil bekommen. Der Bericht beweist ferner, dass jeder Mensch im islâmischen Gebiet, egal wie entfernt er lebt oder wie gering sein Ansehen ist, Anspruch auf das öffentliche Vermögen haben muss, und zwar je nachdem, wie groß sein Anteil und Bedarf sind. Diese Sorge beschränkt sich nicht auf die armen Muslime. Nein, die Dhimmîs (nicht-muslimische Schutzbefohlene in einem islâmischen Staat), die unter der islâmischen Herrschaft leben, haben, wie die Muslime, einen Anspruch auf Sorge und Unterstützung vom Fiskus.





Abu Yûsuf überlieferte in seinem Werk Al-Charâdsch den Wortlaut des Vertrags, den Châlid ibn Al-Walîd mit den Einwohnern von Hîra im Irak abgeschlossen hatte. Diese politische Urkunde beinhaltet einen deutlichen Text, in dem die Versicherung dieser Einwohner gegen Armut, Krankheit und Alter explizit erwähnt worden ist, wofür der muslimische Fiskus verantwortlich ist. Diese Versicherung gilt als die erste soziale Sicherstellung seiner Art in der Geschichte, die ein siegreicher Feldherr denjenigen bietet, die um den Frieden gegen das Beibehalten des eigenen Glaubens bitten.“





Der Text von Châlid ibn Al-Walîd, dem "Schwert Allahs", lautet ausdrücklich: „Ich habe ihnen sichergestellt: Wenn ein alter Mann nicht fähig ist zu arbeiten oder von einer schweren Krankheit befallen wird, oder wenn er reich gewesen war und so arm wurde, dass seine Mitbürger für ihn spenden, befreie ich ihn von der Dschizya (islâmische Schutzsteuer, die ein Nichtmuslim in einem islâmischen Staat entrichtet) und lasse ihn und seine Kinder so lange durch den muslimischen Fiskus versorgen, solange er im islâmischen Gebiet lebt. Reist er außerhalb des islâmischen Gebiets, sorgen die Muslime nicht für den Unterhalt seiner Kinder. 





Das ist es, was Châlid ibn Al-Walîd zur Kalifatszeit Abû Bakrs geschrieben hat und was ihm die mit ihm den Kampf führenden Gefährten bestätigt haben. Der erste Kalif Abû Bakr und die großen Gefährten mit ihm haben es ebenso gutgeheißen. Es wurde nicht berichtet, dass einer von ihnen das Verhalten Châlids missbilligt hat. Eine derartige Handlung, die von einem Prophetengefährten unternommen und unter den anderen verbreitet wurde, ohne dass jemand von ihnen es missbilligte, halten die Rechtsgelehrten für einen Konsens.  





Die Sorge für den Unterhalt der Nichtmuslime





Zur Zeit des zweiten Kalifen Umar ibn Al-Chattâb hat die Geschichte ein bedeutendes Ereignis erlebt, bei dem die Sorge für den Lebensunterhalt der Nichtmuslime anerkannt wurde, was später für die gerechten Kalifen als eine vorbildliche und rechtleitende Tradition galt 





Was die rechtgeleiteten Kalifen als Sunna (Tradition) hinterlassen haben, wie die gerechte Politik und die rechtleitenden Gesetze, gilt als Teil dieser Religion, an dem die Muslime so festhalten, wie sie an der Sunna ihres Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) festhalten, denn er ist derjenige, der sie angewiesen hat: „Wer nach mir lebt, wird wahrhaftig viele Meinungsunterschiede sehen. So folgt meiner Sunna und der Sunna der rechtgeleiteten Kalifen nach mir! Beißt euch daran mit euren Backenzähnen fest! 





Der rechtgeleitete Kalif Umar ibn Abdulazîz wies Adî ibn Art'a, seinen Statthalter von Basra, in einem Schreiben an, einige Aufgaben in seiner Amtszeit zu erledigen. Dieser las den Brief auf Grund dessen Wichtigkeit einem Publikum in Basra vor. Im Schreiben hieß es unter anderem: „Such bei dir nach denjenigen unter den Dhimmîs, der alt wurde, dessen Erwerbsfähigkeit nachließ und der kein Einkommen mehr hat! Dann bestimme für ihn vom Fiskus der Muslime so viel, dass er gut davon leben kann, denn man hat mir berichtet, dass der Emir der Muslime Umar einmal an einem alten Mann der Dhimmîs, der an den Türen der Menschen bettelte, vorbei kam. Er sagte ihm: »Wir sind gegen dich nicht gerecht, da wir von dir in deiner Jugendzeit die Steuer genommen haben und dich in deinem Alter vernachlässigen.« Dann bestimmte er für ihn von der Staatskasse soviel, wie er zum Leben benötigt.“





Das sind einige Beispiele für die Menschlichkeit und Gerechtigkeit des Islam, die alle Menschen umfasst. Der Islâm schreibt denjenigen die Zakâ und das Spenden vor, die dazu in der Lage sind, weil er nicht akzeptiert, dass einige Leute unermesslichen Reichtum haben, während andere arm und bedürftig sind. Allâh sagt: „... Und gebt ihnen (etwas) vom Besitz Allâhs, das Er euch gegeben hat ...“ (Sûra 24:33). Und der Erhabene sagt ferner: „Und gib dem Verwandten sein Recht, ebenso dem Armen und dem Sohn des Weges...“ (Sûra 17:26). Reich zu sein, verbietet der Islâm allerdings nicht, ebenso nicht, dass der Muslim einen großen Reichtum besitzt. Er setzt aber voraus, dass man sich zum Folgen des Gesetzes Allâhs verpflichtet, in dem der Muslim das eigene Vermögen weder hortet noch es vom Prozess der Zirkulation und Produktion fernhält. Auch darf man weder verschwenderisch wie die Leichtsinnigen, die Brüder der Satane, sein noch ein luxuriöses Leben führen, was Neid- und Hassgefühle unter den Menschen, vor allem den Armen, hervorruft. Man soll vielmehr den Überschuss seines Vermögens um Allâhs willen spenden, sei es in Form direkten Spendens für gute Zwecke oder in Form von Investitionen, die das Gute für die Gesellschaft zur Folge haben und für die Leute neue Möglichkeiten zum Lebensunterhalt eröffnen 





Der Islâm verbietet das Monopol der Reichtümer





Der Staat ist darüber hinaus aufgefordert einzugreifen, um die Monopolisierung der Reichtümer der Gesellschaft durch eine bestimmte Gruppe zu verhindern, damit das Geld nicht ausschließlich unter den Reichen zirkuliert. Ausgehend davon müssen einige wirtschaftliche Maßnahmen getroffen werden, um einen Ausgleich und eine gerechte Verteilung des Reichtums zu verwirklichen. 





Lasst uns jetzt diesen Artikel mit dem folgenden wunderbaren Bild beenden, das die Gerechtigkeit des Islâm für die Gesellschaft der ersten Muslime zeichnet und das der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) im Hadîth, den Abû Mûsa Al-Asch'arî von ihm überlieferte, prophezeite: „Eines Tages wird man mit der Sadaqa [gemeint ist die Zakâ] aus Gold herumlaufen, aber niemanden finden, der sie nehmen will.“ Abû Ubaid berichtet uns in seinem Werk Al-Amwâl, „dass Mu'âdh ibn Dschabal, nachdem ihn der Gesandte Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) in den Jemen geschickt hatte, dort immer noch Statthalter war, bis der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) und dann Abû Bakr gestorben waren. Dann kam er zu Umar, der ihn wieder als Statthalter zurückschickte. Mu'âdh schickte ihm später ein Drittel der Sadaqa der Menschen, was Umar ablehnte, indem er sagte: »Ich habe dich nicht als Einnehmer von Sadaqa oder als Dschizya-Erheber geschickt, sondern um die Abgaben von den Reichen zu nehmen und den Armen zu geben.« Mu'âdh entgegnete: »Ich habe es dir nur deshalb gesandt, weil ich keinen [Armen] gefunden habe, der es  nimmt.« Im folgenden Jahr schickte er ihm die Hälfte der Sadaqa, was zur gleichen Diskussion führte. Im dritten Jahr schickte er ihm die ganze Sadaqa, worauf Umar wie vorher reagierte. Mu'âdh sagte: »Ich habe niemanden gefunden, der von mir etwas nimmt.«“ 





Wie wunderbar und gerecht ist der Islâm!





Der Emir der Muslime lehnte es ab, dass die Abgaben der Provinzen zur Hauptstadt geschickt werden, und erinnerte seinen Statthalter im Jemen daran, dass er ihn nicht als Steuererheber angestellt hat, sondern mit der Aufgabe, die Sadaqa von den Reichen der Provinz zu sammeln und den Bedürftigen dort zu geben.





Der Islâm ist dagegen, dass die Orte im Verlust, in Krankheiten, in Unterernährung und in mangelhaften öffentlichen Einrichtungen gelassen werden. Im Gegenteil haben sie mehr Anspruch auf ihr Vermögen als die Städte. Aber die Muslime aller Provinzen bilden eine Einheit; wenn die Einwohner einer bestimmten Stadt reich werden und von ihrer Zakâ das übrig bleibt, was sie nicht brauchen, dann müssen damit Einwohner anderer Städte unterstützt werden. Oder die zentrale Regierung kann es für das Wohl der Gesellschaft oder der Religion ausgeben. 





Wir müssen in unserem Finanzsystem dieses wunderbare Bild immer vor Augen haben, das in wenigen Jahren zum Reichtum, wirtschaftlicher Autonomie und Stabilität unter der islâmischen Fahne geführt hat, damit wir für unsere wirtschaftlichen Probleme die islâmische Lösung suchen.



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