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Hağğ – Die Reise des Lebens (teil 1 von 2): Der Tag von


Arafah und seine Vorbereitung


Die Hağğ oder Pilgerreise nach Mekka, eine der zentralen Pflichten des Islam,


deren Ursprünge auf den Propheten Abraham zurückzuführen sind, bringt


Muslime aller Rassen und Sprachen zusammen – eines der bewegendsten


spirituellen Erlebnisse meines Lebens.


Seit 14 Jahrhunderten haben unzählbare Millionen Muslime, Männer und


Frauen aus allen vier Himmelsrichtungen, die Pilgerreise nach Mekka gemacht,


dem Geburtsort des Islam. Indem sie dieser Verpflichtung nachkommen, erfüllen


sie eine der fünf "Säulen" des Islam, oder der zentralen Pflichten des Gläubigen.


Muslime führen die überlieferten Ursprünge der göttlich angeordneten


Pilgerreise auf den Propheten Abraham zurück. Gemäß dem Qur´an war es


Abraham, der zusammen mit Ismael die Kaaba erbaut hat, das "Haus Gottes", die


Richtung, in die die Muslime sich fünfmal am Tag in ihren Gebeten richten. Es


war Abraham, der auch die Rituale für die Hağğ aufgestellt hat, die auf Ereignisse


oder Handlungsweisen aus seinem Leben oder dem von Hağğar und ihrem Sohn


Ismael zurückzuführen sind.


In dem Kapitel "Die Pilgerreise" spricht der Qur´an von dem göttlichen


Befehl,Hağğ zu machen und prophezeiht ihre Beständigkeit:.


“Und als Wir für Abraham die Stätte des Hauses bestimmten,


(sprachen Wir): "Setze Mir nichts zur Seite und halte Mein


Haus rein für die (es) Umkreisenden, Betenden und Sich-


Niederwerfenden. Und rufe die Menschen zur Pilgerfahrt


auf. Sie werden zu Fuß und auf jedem mageren Kamel aus


allen fernen Gegenden zu dir kommen.” (Quran 22:26-27)


Unterdessen erhielt der Prophet Muhammad, Gottes Segen und Frieden sei auf


ihm, den göttlichen Ruf, denn die Praktiken der Götzendiener hatten die


ursprünglichen Zeremonien der Hağğ verschmutzt. Der Prophet führte, von Gott


dazu angeleitet, die Hağğ nach dem Vorbild Abrahams wieder ein, nachdem er


ihre Riten in ihrer ursprünglichen Reinheit wiederhergestellt hatte.


Muhammad selbst wies die Gläubigen in die Riten der Hağğ ein. Er tat dies


auf zweierlei Arten: mit seiner eigenen Art und Weise, wie er die Pilgerreise


vollzog oder indem er die Art und Weise seiner Gefährten empfahl. Dies fügte


den Riten eine gewisse Komplexität hinzu, erhöhte aber auch deren Flexibilität in


der Ausführung, was für die Pilger seit damals von Nutzen ist. Beispielsweise ist


es erlaubt, bei der Durchführung mancher Riten eine andere Reihenfolge zu


wählen, denn vom Propheten selbst wird überliefert, dass er solches empfohlen


hatte. Auch wenn die Riten der Hağğ durchdacht, zahlreich und


abwechslungsreich sind, wollen wir unten einige beleuchten.


Die Hağğ nach Mekka ist einmal im Leben die Pflicht eines jeden männlichen


oder weiblichen Erwachsenen, dessen Gesundheit und Mittel dies erlauben, oder,


mit den Worten des Qur´an: "für jene, die den Weg dahin machen können." Sie ist


keine Pflicht für Kinder, obwohl manche Kinder ihre Eltern auf dieser Reise


begleiten.


Bevor er sich auf den Weg macht, soll der Pilger alles Unrecht wiedergutmachen,


alle Schulden begleichen, genug Geld für sich unterwegs und auch für die


Versorgung seiner Familie zu Hause, solange er fort ist, einplanen, und sich selbst


auf gutes Benehmen während der gesamten Pilgerreise vorbereiten.


Wenn die Pilger die Hağğreise unternehmen, folgen sie den Fußstapfen von


Millionen vor ihnen. Heutzutage erreichen hundert tausende Gläubige aus über 70


Ländern Mekka von der Straße, dem Meer oder aus der Luft, sie machen eine


Reise, die jetzt um einiges weniger anstrengend ist, als es häufig in der


Vergangenheit war.


Bis ins 19. Jahrhundert bedeutete die lange Reise nach Mekka noch, als Teil


einer Karavane zu reisen. Es gab drei Hauptkaravanen: die ägyptische, die in


Kairo gebildet wurde; die irakische, die aus Baghdad loszog und die syrische, die


nach 1453 in Istambul startete, Pilger auf dem Weg sammelte und über Damaskus


nach Mekka reiste.


Da die Hağğreise Monate dauerte, wenn alles gut verlief, trugen die Pilger die


Versorgung, die sie brauchten mit sich, um sich auf ihrer Reise zu versorgen. Die


Karavanen wurden sorgfältig mit Annehmlichkeiten und Sicherheiten ausgestattet,


wenn die Reisenden reich waren, aber den Armen ging oft die Versorgung aus,


und sie mussten ihre Reise unterbrechen, um zu arbeiten, wieder Geld zu sparen


und dann ihre Reise fortzusetzen. Daraus resultierten lange Reisen, die in


manchen Fällen zehn Jahre und mehr dauerten. Reisen in früheren Zeiten war ein


Abenteuer. Die Straßen waren häufig aufgrund der Räuberbanden unsicher. Das


Land, das die Pilger durchqueren mussten, war auch gefährlich, und sowohl


natürliche Gefahren als auch Krankheiten kosteten vielen schon auf dem Weg das


Leben. Daher war die erfolgreiche Rückkehr der Pilger zu ihren Familien ein


Anlass für freudige Feiern und Dankbarkeit für ihre sichere Ankunft.


Angelockt von der mystischen Ausstrahlung Mekkas und Medinas haben seit


dem 15. Jahrhundert viele Westler diese beiden heiligen Städte besucht, zu denen


die Pilger streben. Manche von ihnen gaben sich als Muslime aus; andere, die


wirklich konvertiert waren, kamen, um ihre Pflicht zu erfüllen. Aber sie alle


scheinen durch ihre Erfahrungen sehr bewegt zu sein, und viele berichteten ihre


Eindrücke von dieser Reise und den Ritualen der Hağğ in faszinierenden


Erzählungen. Es existieren viele Hağğ -Reiseberichte in den unterschiedlichsten


Sprachen, so wie die Pilger selbst auch.


Die Pilgerreise findet jedes Jahr zwischen dem 8. und 13. Tag des Dhul-


Hiğğah statt, dem 12. Monat des muslimischen Mondkalenders. Ihr erster Ritus


besteht in dem Anlegen des Ihram.


Der Ihram, den die Männer tragen, ist ein weißes,


saumloses Kleidungsstück, das aus zwei Teilen Stoff


oder Frottee besteht, eines davon bedeckt den Körper


von der Taille abwärts bis zu den Knien, und das


andere wird sich um die Schulter geschlungen. Diese


Art der Bekleidung verwendeten Abraham und


Muhammad. Frauen kleiden sich so, wie sie es


normalerweise tun. Die Köpfe der Männer dürfen


nicht bedeckt sein; sowohl Männer als auch Frauen


dürfen einen Sonnenschirm benutzen.


Der Ihram ist ein Symbol der Reinheit und der


Abwendung von schlechten und weltlichen


Angelegenheiten. Er weist auch auf die Gleichheit


aller Menschen in den Augen Gottes hin. Wenn der Pilger seine weiße Tracht


trägt, tritt er oder sie in den Status der Reinheit ein, der Streiten, Gewalt gegen


Mensch oder Tier und eheliche Beziehungen verbietet. Wenn er einmal


seine Hağğ-Bekleidung angelegt hat, kann sich der Pilger nicht mehr rasieren,


seine Nägel schneiden oder Schmuck tragen, und er wird seine ungenähte


Kleidung anbehalten, bis er die Pilgerschaft beendet hat.


Ein Pilger, der sich bereits in Mekka aufhält, beginnt seine Hağğ in dem


Moment, wo er seinen Ihram anlegt. Manche Pilger, die von weiter herkommen,


sind bereits zuvor mit ihrem Ihram in Mekka angekommen und könnten ihn noch


immer tragen. Das Anlegen des Ihram wird von der anfänglichen Anrufung


derHağğ begleitet, der Talbiyah:.


“Hier bin ich, o Gott, zu Deinem Befehl. Hier bin ich, zu Deinem Befehl. Du


hast keinen Teilhaber; hier bin ich zu Deinem Befehl! Alles Lob und alle


Huld und alle Herrschaft sind Dein! Du hast keinen Teilhaber!”


Die donnernden, melodischen Rufe der Talbiyah hört man nicht nur in Mekka,


sondern auch in der Nähe der heiligen Stätten, die mit der Hağğ verbunden sind.


Am ersten Tag der Hağğ schwärmen die Pilger von Mekka aus nach Mina, ein


kleines unbewohntes Dorf östlich der Stadt. Während sich ihre Massen in Mina


verstreuen, verbringen die Pilger im allgemeinen ihre Zeit mit Meditation und


Gebeten, wie es der Prophet bei seiner Pilgerreise auch getan hat.


Während des zweiten Tages, dem 9.


Dhul- Hiğğah, verlassen die Pilger Mina


um zur Ebene von Arafah zu ziehen, wo


sie rasten. Dies ist der zentrale Ritus


der Hağğ. Wenn sie sich hier


versammeln, erinnert sie die


Versammlung der Pilger und das Stehen


an den Tag des Gerichts. Einige von


ihnen sammeln sich auf dem Berg der


Gnade, wo der Prophet seine


unvergessliche Abschiedsrede gehalten


hat, in der er weitreichende religiöse, wirtschaftliche, soziale und politische


Reformen verkündet hat. Dies sind emotional geladene Stunden, welche die


Pilger im Gottesdienst und mit Bittgebeten verbringen. Viele bitten Gott unter


Tränen um Vergebung. An dieser heiligen Stelle erreichen sie den Gipfel ihrer


religiösen Leben, denn sie fühlen die Anwesenheit und Nähe eines gnadenvollen


Gottes.


Die erste Engländerin, die Hağğ verrichtete, Lady Evelyn Cobbold, beschrieb


1934 die Gefühle der Pilger am Berg Arafah.


“Es würde einen Meisterstift brauchen, um die Szene zu beschreiben,


ergreifend in ihrer Intensität, dieses große Zusammentreffen der Menscheit,


von der ich eine kleine Einheit bilde, vollkommen verlassen in dieser


Umgebung, in der feurigen Hingabe von religiösem Enthusiasmus. Viele


der Pilger rannen Tränen aus den Augen, andere erhoben ihre Gesichter


zum sternenhellen Himmel, in den letzten Jahrhunderten schon so oft


Zeuge dieses Dramas geworden ist. Die strahlenden Augen, die


leidenschaftlichen Appelle, die bemitleidenswert ausgestreckten Hände im


Gebet bewegten mich auf eine Weise, wie nichts zuvor und sich fühlte


mich in einer starken Welle spiritueller Verzückung. Ich war eins mit dem


Rest der Pilger in einem unvergleichlichen Akt der vollständigen


Auslieferung unter den Erhabensten Willen, das ist Islam.”


Sie fährt fort, die Nähe, die die Pilger zum Propheten fühlen, während sie in


Arafat stehen, zu beschreiben:.


“...wie ich neben der Granitsäule stehe, fühle ich, dass ich mich auf


heiligem Boden befinde. Ich sehe vor meinem inneren Auge den


Propheten, wie er vor den weinenden Massen seine Letzte Predigt hält, vor


über dreizehn Jahrhunderten. Ich stelle mir die vielen Prediger vor, die zu


den unzählbaren Millionen, die sich auf dieser Ebene schon versammelt


haben, bereits gesprochen haben, denn dies ist der Höhepunkt der Großen


Pilgerreise.”


Vom Propheten wird berichtet, dass er Gott um die Vergebung der Sünden der


Pilger, die sich bei Arafah versammelt haben, gebeten habe – und dieser Wunsch


wurde ihm gewährt. Daher bereiten sich die hoffnungsvollen Pilger darauf vor,


diese Ebene freudig zu verlassen, sie fühlen sich neugeboren, frei von Sünden, und


beabsichtigen, ein neues Blatt aufzuschlagen.


(teil 2 von 2): Die Riten von Abraham


Gerade nach Sonnenuntergang ziehen die Massen der Pilger nach Muzdalifah,


eine offene Ebene auf halbem Wege zwischen Arafah und Mina. Dort


angekommen, beten sie zuerst, dann sammeln sie eine bestimmte Anzahl


kichererbsengroßer Steinchen, die sie in den kommenden Tagen brauchen werden.


Noch vor Tagesanbruch des dritten Tages bewegt sich die Masse der Pilger


von Muzdalifah nach Mina zurück. Dort werfen sie mit den Steinchen, die sie


zuvor gesammelt haben auf die weißen Säulen, eine Tradition des Propheten


Abrahams. Wenn die Pilger sieben Steinchen auf jede dieser Säulen werfen,


erinnern sie sich der Geschichte, als Satan versuchte, Abraham zu überreden,


Gottes Befehl seinen Sohn zu opfern, zu missachten.


Das Werfen der Steine ist ein Symbol für den Versuch des Menschen,


Schlechtes und Böses abzuwerfen, nicht nur einmal sondern siebenmal – die Zahl


sieben symbolisiert die Unendlichkeit.


Nach dem Werfen opfern die meisten Pilger eine Ziege, ein Schaf oder ein


anderes Tier. Sie geben das Fleisch den Armen, nachdem sie eine kleine Portion


für sich selbst behalten haben.


Dieser Ritus steht in Verbindung mit Abrahams Bereitschaft, im Einklang mit


Gottes Wunsch seinen Sohn zu opfern. Es symbolisiert die Bereitwilligkeit des


Muslim, das, was ihm teuer ist, zu teilen und es erinnert uns an den Geist des


Islam, in dem die Unterwerfung unter den Willen Gottes eine führende Rolle


spielt. Diese Tat erinnert den Pilger auch daran, weltliche Güter mit denen, die


nicht so glücklich sind, zu teilen und es ist auch eine Dankbarkeit Gott gegenüber.


Da die Pilger nun den Großteil der Hağğ beendet haben, ist es ihnen jetzt


erlaubt, ihren Ihram abzulegen und ihre normale Kleidung anzuziehen. An diesem


Tag teilen Muslime auf der ganzen Welt die Freude der Pilger und wie sie opfern


sie an diesem Tag und feiern ´Id al-Adha, das “Opferfest”. Männer scheren ihre


Haare und Frauen schneiden ein kleines Stück davon ab, um ihre teilweise


Entweihung zu symbolisieren. Dies alles sind Symbole der Demut. Alle Verbote,


außer das der ehelichen Beziehungen, sind nun aufgehoben.


Die Tage verbringen die Pilger noch


immer in Mina, aber sie besuchen


Mekka, um einen anderen essentiellen


Ritus der Hağğ zu vollziehen;


den Tawaf, das siebenmalige Umkreisen


der Kaaba, bei dem Bittgebete zu


sprechen sind. Ihre Umkreisung der


Kaaba, das Symbol für die Einheit


Gottes, deutet darauf hin, dass Gott im


Mittelpunkt einer jeden Aktivität des


Menschen stehen muss. Es symbolisiert


ebenfalls die Verbindung von Gott und


Mensch.


Thomas Abercrombie, zum Islam konvertiert und Schriftsteller und


Photograph für das National Geographic Magazine, pilgerte in den 1970ern und


beschrieb die Verbundenheit und Harmonie, welche die Pilger bei dem Umkreisen


der Kaaba verspüren:


“Siebenmal umkreisten wir den Schrein und wiederholten die rituellen


Gebete auf arabisch: ´Herr Gott, von einem solchen fernen Land bin ich


gekommen zu Dir... Gewähre mir Schatten unter Deinem


Thron.´ Gefangen in der wirbelnden Szene, erhöht durch die Poesie der


Gebete, umkreisten wir Gottes Haus im Einklang mit den Atomen, in


Harmonie mit den Planeten.”


Während sie ihre Umkreisung vollziehen, können die Pilger den Schwarzen


Stein küssen oder berühren. Dieser ovale Stein, im späten siebten Jahrhundert erst


in den Silberrahmen eingelassen, besitzt in den Herzen der Muslime einen


besonderen Platz, denn, gemäß mancher Hadith, ist es der einzige Überrest der


Originalstruktur, die Abraham und Ismael erbaut haben. Aber vielleich ist der


einzige, wichtige Grund, den Stein zu küssen, dass es der Prophet genauso tat.


Der Stein wird aber auf keinerlei Art und Weise angebetet, denn er ist kein


Objekt der Anbetung und ist es auch nie gewesen. Der zweite Khalif, Umar ibn


al-Khattab machte dies ganz deutlich, als er den Stein selbst in Anlehnung an den


Propheten küsste, gab er bekannt:


“Ich weiß, dass du nur ein Stein bist, unfähig zu nutzen oder


zu schaden. Hätte ich nicht den Gesandten Gottes dich nicht


küssen gesehen, würde ich dich nicht küssen.”


Nachdem sie den Tawaf beendet haben, beten die Pilger möglichst am Platz


von Abraham, das ist die Stelle, an der Abraham gestanden hat, als er die Kaabah


gebaut hat. Dann trinken sie Wasser von Zamzam.


Ein anderer und manchmal abschließender Ritus ist sa´i oder


“Anstrengung”. Dies ist eine Wiederbelebung einer erinnerungswürdigen Episode


aus dem Leben Hagars, die mit ihrem Sohn Ismeal in das “unkultivierbare Tal”


von Mekka, wie der Quran es nennt, gebracht worden war, um dort zu leben.


Der Sa´i erinnert uns an Hagars verzweifelten Suche nach Wasser, um Ismaels


Durst zu stillen. Sie rannte siebenmal zwischen den Hügeln as-Safa und al-


Marwahhin und her, bis sie die heilige Wasserquelle fand, die Zamzam genannt


wird. Dieses Wasser, das auf wundersame Weise unterhalb von Ismaels kleinen


Füßen entsprang, ist dieselbe Quelle aus der noch heute die Pilger trinken.


Wenn diese Riten erfüllt sind, ist der Weihezustand der Pilger vollständig


aufgehoben: sie können alle normalen Aktivitäten wieder aufnehmen. Jetzt kehren


sie nach Mina zurück, wo sie bis zum 12. oder 13. Dhul-Hiğğah bleiben. Dort


werfen sie ihre übrigen Steinchen auf jede der Säulen, auf die Art und Weise wie


es der Prophet getan hat. Dann verlassen sie ihre Freunde, die sie während


derHağğ gefunden haben. Bevor sie Mekka ganz verlassen, machen die Pilger


noche einen letzten Tawaf um die Kaaba, um sich von der heiligen Stadt zu


verabschieden.


Normalerweise verbinden die Pilger Hağğ, die größere Pilgerfahrt, mit


derUmrah, der kleineren Pilgerfahrt, der durch den Qur´an ihre Grenzen bestimmt


sind und die der Prophet ebenfalls durchführte. Anders als die Hağğ, findet


dieUmrah nur in Mekka selbst statt und kann jederzeit im ganzen Jahr verrichtet


werden. Der Ihram, Talbiyah und die Einschränkungen die durch den


Weihezustand bedingt sind, gelten bei der Umrah gleichermaßen, die auch drei


Rituale der Hağğteilt: den Tawaf, Sa´i und das Scheren bzw. Schneiden der


Haare. Der rituelle Brauch der Umrah, den Pilger wie Besucher einhalten, steht


für die besondere Verehrung der


einzigartigen Heiligkeit Mekkas.


Bevor oder nachdem sie in Mekka


waren, nutzen die Pilger


bei Hağğoder Umrah gegebenenfalls


auch die Gelegenheit, die Moschee des


Propheten in Medinah zu besuchen, die


zweitheiligste Stadt im Islam. Hier liegt


der Prophet in einem einfachen Grab


begraben. Der Besuch in Medinah ist keine Pflicht, denn es stellt keinen Teil


der Hağğ oderUmrah dar, aber die Stadt – die Muhammad willkommen hieß, als


er aus Mekka auswanderte – ist reich an bewegenden Erinnerungen und


historischen Plätzen, welche die Erinnerung an ihn als Propheten und Staatsführer


wachrufen.


In dieser Stadt, die die Muslime seit Jahrhunderten lieben, kann man noch


immer die Auswirkungen des Leben des Propheten spüren. Muhammad Asad, ein


österreichischer Jude, der 1926 zum Islam konvertiert ist, und fünf Pilgerreisen


zwischen 1927 und 1932 unternahm, beschreibtt die Anziehungskraft dieser Stadt:


“Selbst nach dreizehn Jahrhunderten ist die spirituelle Gegenwart [des


Propheten] hier lebendig wie damals. Nur durch ihn wurde aus der


verstreuten Gruppe von Dörfern, die einst Yathrib genannt wurde, eine


Stadt, und sie wurde den Muslimen bis zum heutigen Tage so lieb, wie


keine andere Stadt irgendwo sonst auf der Welt je geliebt wurde. Sie hat


noch nicht einmal einen eigenen Namen: seit über dreizehn hundert Jahren


wird sie Madinat an-Nabi, “die Stadt des Propheten” genannt. Über


dreizehnhundert Jahre ist hier so viel Liebe zusammengeflossen, dass alle


Formen und Bewegungen eine gewisse Familienähnlichkeit aufweisen und


jegliche abweichenden Erscheinungen finden einen tonalen Übergang in


eine allgegenwärtige Harmonie.”


Wenn die Pilger unterschiedlicher Rassen und Sprachen nach Hause


zurückkehren, tragen sie die hingebungsvollen Erinnerungen an Abraham, Ismael,


Hagar und Muhammad mit sich. Sie werden sich immer an das Zusammentreffen


mit Menschen aus aller Welt erinnern, wo arme und reiche, schwarze und weiße,


junge und alte sich auf einer gleichen Ebene getroffen haben.


Sie kehren mit einem Gefühl der Ehrfurcht und Gelassenheit zurück: Ehrfurcht


aufgrund ihrer Erfahrungen bei Arafat, als sie sich Gott am nächsten gefühlt


haben, wo sie auf der Seite standen, an welcher der Prophet auf seiner ersten und


einzigen Pilgerreise seine Abschiedspredigt gehalten hatte; und Gelassenheit, weil


sie auf dieser Ebene ihre Sünden abgeworfen haben und nun von deren schwerer


Last befreit sind. Sie kehren ebenfalls mit einem größeren Verständnis für die


Bedürfnisse ihrer Brüder im Islam zurück. Dies ist entstanden aus dem Geist für


andere zu sorgen und dem Verständnis für ihr eigenes reiches Erbe, das ihre


Leben lang andauern wird.


Die Pilger kommen strahlend mit Hoffnung und Freude zurück, denn sie haben


Gottes uraltes Gebot an die Menschheit erfüllt. Vor allem kommen sie mit einem


Gebet auf den Lippen zurück: “Bitte, Gott”, beten sie, “akzeptiere


unsere Hağğ von uns”, und möge das, was der Prophet sagte, für ihre eigene Reise


auch zutreffen:


“Es gibt keine Belohnung für die fromme Pilgerreise als das Paradies.” (Al-


Tirmidhi)



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